Warum der Winterdienst so viel kostet

München · Die Schnee-Logistiker

In drei Schichten sind die Fahrer des Winterdienstes in München unterwegs, um für freie Straßen zu sorgen. Foto: Baureferat

In drei Schichten sind die Fahrer des Winterdienstes in München unterwegs, um für freie Straßen zu sorgen. Foto: Baureferat

München · Der Winter hat diese Saison schon über 4.757.000 Euro gekostet. 700.000 Euro davon noch vor dem ersten Schnee, denn für den Ernstfall sind die Angestellten der Stadt von 1. November bis April bereit. Auch ohne den Einsatz eines einzigen Gramms Salz oder Splitt kostet das durchschnittlich etwa 30.000 Euro am Tag.

Auf fast 24 Millionen Euro beliefen sich die Kosten im vergangenen Winter, um Münchens Straßen und Gehwege weitestgehend eis- und schneefrei zu halten. „Die Summe ist so hoch, da im Winter zusätzlich zu den Kräften des normalen Kehrdienstes, der auch das Schneeräumen übernimmt, Personal angestellt werden muss, um der Arbeit Herr zu werden“, erklärt Fuhrparkleiter Manfred Grünig von der Straßenreinigung in der Gmunder Straße, die den Winterdienst übernimmt.

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Etwa 500 Menschen kommen so zusammen, die sich darum kümmern, dass die Münchner Straßen und Plätze weiterhin benutzbar bleiben. 75 von ihnen arbeiten in drei Schichten bei der Straßenreinigung in der Gmunder Straße. Sie versorgen die Innenstadt, etwa das Gebiet innerhalb des Mittleren Rings. Der Arbeitstag in Obersendling beginnt mit der Frühschicht um vier Uhr morgens. „Wenn das Wetter es erfordert, fangen wir aber manchmal schon um drei oder zwei Uhr an“, berichtet Grünig. Ab dann sind zehn Lastwagen in zehn festen Zonen im Einsatz. Wenn es nötig ist, werden fünf davon abgezogen und entsorgen den zu großen Haufen zusammengeräumten Schnee in der Fußgängerzone, die anderen fünf LKW müssen dann jeweils zwei Zonen bedienen. Der Schnee wird in einem speziellen Lager in der Ständlerstraße gesammelt, erzählt Grünig. Dort türmen sich die Schneemassen im Laufe des Winters schon mal mehrere Stockwerke hoch auf. Natürlich geraten die Kräfte der Stadt bei ihrer Arbeit oft an die Grenzen des Möglichen. Dann springen Privatfirmen ein, die im Vorfeld verpflichtet wurden. „Das Wichtigste ist, dass Rettungswege und die großen Haupt- und Industriestraßen frei sind.“, erklärt Grünig. Welche Strecken das sind, bestimmt ein Komitee der Stadt zusammen mit Vertretern von Feuerwehr Rettungsdiensten und MVG.

Damit die Straßen für den Berufsverkehr, der etwa gegen sechs Uhr einsetzt frei sind und es den ganzen Tag bleiben, müssen sich die Fahrer des Winterdienstes an einen engen Zeitplan halten. Dabei wechseln sie sich in der Früh-, Spät- und der sogenannten Funktionsschicht, die bei besonders schwierigen Bedingungen zur Unterstützung eingesetzt wird, ab. Einer von ihnen ist Michael Humennyj. Er sorgt seit 17 Jahren dafür, dass Münchens Innenstadt im Winter frei bleibt von Schnee und Eis. Bis zu 20 Tonnen Salz täglich bringt er im Winter aus. Je nach Witterung kann er die Menge zwischen fünf und 40 Gramm pro Quadratmeter wählen. Wo er wie viel streut, entscheidet er größtenteils selbst. „Bei Gefahrenstellen oder etwa vor Krankenhäusern gebe ich immer ein bisschen mehr dazu“, erklärt er. Erfahrung sei dabei ein unheimlich wichtiger Faktor. Angesichts dessen, was bei vereisten Straßen und Gehwegen alles passieren kann, hält Humennyj auch die hohen Kosten von durchschnittlich etwa 20 Millionen Euro im Jahr für den Winterdienst für gerechtfertigt. Allerdings gebe es durchaus Sparpotenzial. Durch den erhöhten und gezielten Einsatz von Salz etwa könne man sich nach seiner Meinung den teureren Splitt ganz sparen.

Humennyj arbeitet immer in der Frühschicht und will diese Arbeit mit niemandem mehr tauschen. Auch seine Familie habe sich nach einiger Zeit mit den ungewöhnlichen Arbeitszeiten arrangiert, erzählt der Fahrer vom Winterdienst. Das interessante an den morgendlichen Touren sei, dass es immer wieder einiges Kurioses zu entdecken gebe. Von angetrunkenen Disko-Heimkehrern über Schlägereien auf offener Straße bis hin zum Liebespaar, das die Heimkehr nicht mehr erwarten konnte, hat er schon alles gesehen: „Besonders am Wochenende, wenn die Leute bis morgens auf Achse sind, ist es spannend. Das ist München live.“ Von Quirin Schartner

Winterdienst in Zahlen (Durchschnitt):

Gesamtlänge der Fahrbahnen: 2.300 km

Davon mit Salz gestreut: 770 km

Mit Splitt gestreut: 570 km

Ungestreute Strecken: 960 km

Geräumte Radwege: 910 km

Geräumte Gehwege: 710 km

Fußgängerüberwege: 9.400

Bus- und Bahnhaltestellen: 2.030

Streugutverbrauch: 29.440 t

Davon Salz: 11.420 t

Splitt und Sand: 20 t

Artikel vom 09.12.2010
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