Vor 25 Jahren wurde das Kulturzentrum Gasteig eröffnet

Haidhausen · Ungeliebter Jubilar

Von Anfang an nicht unumstritten: der Kulturtempel auf dem Isarhochufer am »gachen« Steig.	Foto: Gasteig München GmbH

Von Anfang an nicht unumstritten: der Kulturtempel auf dem Isarhochufer am »gachen« Steig. Foto: Gasteig München GmbH

Haidhausen · Der Gasteig hat was zu feiern: Am 10. November 1985 wurde das Kulturzentrum eröffnet. Anlässlich des Jubiläums finden in den kommenden Wochen zahlreiche Veranstaltungen statt – vom klassischen Konzert über Lesungen und Ausstellungen bis hin zu Modenschauen und Videokunst.

Vor 25 Jahren allerdings haben die Bewohner des Viertels versucht, den Bau zu verhindern, erinnert sich Adelheid Dietz-Will (SPD), Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) Au-Haidhausen. Und bei vielen Musikern ist vor allem die Philharmonie wegen ihrer schlechten Akustik berühmt-berüchtigt. Ein großes Konzert leitet am Sonntag, 14. November, die Jubiläumssaison ein. Ab 10 Uhr spielen die Münchner Philharmoniker Werke von Johannes Brahms und Johann Sebastian Bach, vor Ort ist auch Oberbürgermeister Christian Ude.

Für das Orchester hat der Gasteig übrigens eine besondere Bedeutung – nachdem sich die Philharmoniker in den Jahren 1955 bis 1985 mit Provisorien zufrieden geben mussten, haben sie mit dem Kulturzentrum wieder ein eigenes Stammhaus erhalten. Unter dem Motto »Young Gasteig – 25 werden 25« treten außerdem junge Künstler verschiedener Richtungen auf, die 1985 geboren wurden. Den Anfang macht die Rockband JB’s First mit einem Konzert am Samstag, 4. Dezember, ab 20 Uhr, in der Blackbox.

Wie sich der Gasteig in den vergangenen 25 Jahren entwickelt hat, zeigt ab Montag, 15. November, eine Installation der Künstlerin Nele Ströbel. In Koffern, die auf dem Gelände verteilt sind, präsentiert sie Werke in Bild und Ton, die sich mit der Geschichte des Hauses beschäftigen. Der Name des Ortes stammt von der mundartlichen Bezeichnung »gacher Steig«, was so viel bedeutet wie steiler Hang. Bis Mitte der 1980er-Jahre befanden sich auf der Fläche ein großes, städtisches Altenheim, eine Gärtnerei und eine Abfüllanlage des Getränkeherstellers Coca Cola.

Auf dem Gelände ein Kulturzentrum zu errichten, wurde im Stadtrat jedoch bereits seit den 1960er-Jahren diskutiert. Als alternative Standorte waren Grundstücke am Hofgarten und in Neuperlach im Gespräch. Anfang der 1970er-Jahre entschied die Stadt, das Gebäude am Isarhochufer in Haidhausen zu platzieren. Bedingt durch die wirtschaftliche Rezession fand der erste Spatenstich jedoch erst sechs Jahre später statt. Der ursprüngliche Entwurf der Architekten Raue, Rollenhagen und Lindemann, der auf der Fläche ein großes Hotel vorgesehen hatte, wurde aus Kostengründen deutlich verkleinert. Weitere Probleme tauchten nach Baubeginn auf: Eine Schallmessung ergab, dass die unter dem Gebäude verlaufende S-Bahn Störgeräusche im Konzertsaal verursachen könnte. Folge: teure architektonische Umplanungen, die sogar die Fertigstellung des Hauses infrage stellten. Gelöst werden konnten die finanziellen Probleme schließlich durch eine Übertragung des Projekts an eine private Leasing-Gesellschaft.

Inzwischen hat sich der Gasteig längst etabliert – jedoch blickt er auf keine leichte Geburt zurück. »Auf der Bürgerversammlung haben sich die Anwohner damals gegen den Bau ausgesprochen«, erzählt Dietz-Will. Die Gründe dafür seien unter anderem der Abriss des Altenheims sowie die Schließung der Stadtteilbibliotheken gewesen, die mit der Schaffung der zentralen Bücherei im Gasteig einhergegangen sei: »Der Widerstand bei den Haidhausern war groß.« Auch sie selbst habe zu den Gegnern gehört: »Bis Anfang der 90er-Jahre habe ich mich geweigert, dort hinzugehen.« Dann jedoch habe ihr der damalige Kulturreferent Siegfried Hummel eine Karte für ein Chorkonzert in der Philharmonie geschenkt. Seither besuche sie musikalische Veranstaltungen im Gasteig regelmäßig.

Von der Akustik vor allem in der Philharmonie sind Experten jedoch wenig begeistert. Solokonzerte seien im Konzertsaal der Philharmonie nicht möglich, rügte die graue Eminenz der Musikkritiker, Joachim Kaiser, unlängst wieder in einem Fernsehinterview. Der Raum sei zu groß, der Klang vieler Instrumente werde verfälscht. Kaiser zufolge weigern sich zahlreiche Musiker sogar, im Gasteig aufzutreten. Sein Appell: Der Saal müsse dringend nachgebessert werden. Für eine Stadt wie München sei es beschämend, nicht einen einzigen, akustisch perfekten Konzertsaal zu haben. Julia Stark

Artikel vom 09.11.2010
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