Anwohner lehnen Betreuungseinrichtung für 70 Kinder ab

Harlaching/Giesing · Kinderkrippe ist überdimensioniert

Planungen hier rund 70 Krippenplätze für Kleinkinder zu schaffen, treffen vor Ort auf Widerstand. Foto: hh

Planungen hier rund 70 Krippenplätze für Kleinkinder zu schaffen, treffen vor Ort auf Widerstand. Foto: hh

Harlaching/Giesing · Rund 70 Kleinkinder sollen künftig in einer neu geplanten Kinderkrippe an der Bozzaristraße 2 (Ecke Naupliastraße) in Harlaching betreut werden. Angesichts des noch immer nicht flächendeckenden Versorgungsgrades in dieser ­Altersstufe begrüßte zwar der örtliche Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching grundsätzlich das Engagement einer privaten Initiative – hatte aber aufgrund der Lage große Vorbehalte gegen eine Einrichtung dieser Dimension.

Damit waren die Lokalpolitiker während der letzten Sitzung des BA auch nicht alleine. Zahlreiche ­Bürger waren erschienen, um ihre Bedenken gegen die Größenordnung der Ein­richtung in einer engen Wohnstraße inmitten der Harlachinger Gartenstadt kund zu tun. Dieser Charakter müsse weiter erhalten bleiben. Dieser werde aber durch eine Krippe dieser Größe mit zu erwartendem hohen Verkehrsaufkommen gefährdet, so der Tenor der Beschwerden. Weiterer Kritikpunkt im Stadtteilgremium: für den bis an die Straßenkante geplanten Neubau auf dem fast 850 Quadratmeter großen Areal müsste auch der seit über vier Jahrzehnten bestehende Nauplia-Kiosk weichen – eine echte Institution im Quartier. Aufgrund der Vorbehalte hatte Projektplaner Tino Rumm im BA einen schweren Stand. Er versteht die geplante Tagesstätte als Familienangelegenheit: seine Schwester soll die Krippe betreiben, die eigenen Eltern als Geldgeber agieren. Wo heute ein für das Gartenstadt-Ensemble noch so typisches, wenn auch im baulichen Zustand marodes »Kaffeemühlenhaus« die Harlachinger Szenerie mit prägt, soll ein modernes Gebäudeensemble entstehen. Beträchtlichen Ausmaßes – schließlich müssten vor Ort sechs Kinderkrippengruppen und zwei Wohnungen untergebracht werden. »Das alles ist einfach zu groß dimensioniert«, argumentierten die Bürger in der Sitzung. »Da wird die gesamte Baulinie verschoben, wenn bis an den Gehweg der Bozzaristraße heran gebaut werden darf«, argumentierte Bürgersprecher Wolfgang Bergler. Man habe überhaupt nichts gegen eine notwendige Kindergrippe – »aber bitte nicht in dieser Größe.«

Die Anwohner befürchten neben den baulichen Eingriffen dabei besonders eine große verkehrliche Problematik. »In dieser engen Anliegerstraße wird das Anbringen und Abholen so vieler Kinder sicher zum Problem«, rechnete Bergler hoch. Zumal für die Krippe selbst nur zwei Parkplätze vorgesehen seien. Härtere und harschere Worte als Bergler fand im Stadtteilgremium der örtliche CSU-Fraktionssprecher Clemens Baumgärtner: »Die ganze Gemengelage vor Ort droht zu explodieren, wenn diese Pläne umgesetzt werden!« Schon allein mit Blick auf den Neubau des großen Edeka-Kaufmarktes gegenüber werde sich die ohnehin angespannte Park- und Verkehrssituation weiter verschärfen. Es gelte aber vor Ort, die gewachsenen Strukturen zu sichern. Schon deshalb lehne er ein derart groß dimensioniertes Projekt ab, argumentierte Baumgärtner. Der Christsoziale mochte auch nicht verhehlen, dass ihm die Dimensionen aus anderem Blickwinkel Sorge bereiteten. Bisher sei Harlaching bei privaten Kita-Initiativen vor allem von kleinen Einheiten geprägt. »70 Kinder auf diesem relativ engen Raum – das sieht vor allem nach einem lukrativen Geschäft aus«, bemerkte er. Eine Komplettabsage freilich hagelte es an das Projekt nicht. Der BA will nach einstimmigem Votum das umfangreiche Thema in den zuständigen Unterausschüssen erneut behandeln. Zudem wird der BA von den verantwortlichen städtischen Stellen weitere Plan-Unterlagen und Stellungnahmen einfordern.

Harald Hettich

Artikel vom 27.10.2010
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