Ehrenamtliche Schülerpaten gesucht

München · Stark fürs Leben

Joachim Gehrig vom Stadtjugendamt sucht derzeit auch Studenten, die Haupt- und Förderschülern ehrenamtlich Nachhilfe geben. Foto: js

Joachim Gehrig vom Stadtjugendamt sucht derzeit auch Studenten, die Haupt- und Förderschülern ehrenamtlich Nachhilfe geben. Foto: js

München · „An der Fleischtheke darf ich schon selbstständig Kunden bedienen“, sagt Emin-Tolga Inan stolz. Der 16-Jährige aus Giesing hat vor vier Wochen eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Tengelmann begonnen. Dass er nun eine Lehrstelle hat, verdankt er auch seinem Schülerpaten Birger Panzer aus Trudering.

Bei einem Informationsabend im Sozialreferat haben Vertreter des Jugendamts und der Caritas Bürgern, die an ehrenamtlicher Tätigkeit interessiert sind, das Patenschaftsprojekt kürzlich vorgestellt. Zugegeben: Groß war der Zulauf bei der Veranstaltung nicht. Gerade einmal drei Gäste kamen, um sich den Ablauf einer Schülerpatenschaft erklären zu lassen. „Das ist aber ein kleiner Haufen hier“, klagte Gerlinde Wouters, Leiterin des Projektbüros für bürgerschaftliches Engagement. Jedoch werden Ehrenamtliche bei der Stadt inzwischen dringend gebraucht. „Viele Betreuungsangebote könnten wir ohne die freiwilligen Mitarbeiter gar nicht mehr machen“, sagte Barbara Wehr, die beim Jugendamt für die Jugendhilfe zuständig ist.

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Warum es sich nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für die ehrenamtlichen Helfer lohnt, an einer Schülerpatenschaft teilzunehmen, schilderte Panzer. „Ich habe dadurch gelernt, wieder mit der Jugend zu kommunizieren“, erklärte er. Zwei Jahre lang hat er zwei Jugendliche türkischer Abstammung darauf vorbereitet, sich erfolgreich auf einen Ausbildungsplatz zu bewerben: „Hauptschüler haben oft keine Chance, das Klassenziel zu erreichen und ihren Abschluss zu machen.“ Die schulischen Defizite seien enorm: „Viele können nicht einmal die Fläche einer vier Meter hohen, fünf Meter breiten Wand berechnen.“ Derartige Fähigkeiten würden jedoch auch in handwerklichen Berufen benötigt. Zudem fehle es häufig an Umgangsformen: „Das haben sie zuhause nicht gelernt.“

Aufgabe eines Schülerpaten ist es, die mangelnden Kompetenzen soweit wie möglich zu vermitteln. Doch wie sieht dies in der Praxis aus? „Wir haben uns einmal in der Woche getroffen“, berichtete Panzer. Anfangs hätten die Jugendlichen kaum etwas von sich erzählt. „Im zweiten Jahr sind sie dann aber aus sich herausgegangen“, so der Ehrenamtliche. Stattgefunden haben die Treffen zunächst in der Kantine der Schule. „Dort war es den Jugendlichen aber zu laut“, erzählt Panzer. Ein Klassenzimmer habe die Schule jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Daher hätten seine Schützlinge irgendwann von sich aus vorgeschlagen, sich in der Stadtbibliothek zu verabreden: „Das war praktisch, weil wir dort auch Bücher zur Hand hatten, um zu lernen.“ Wo sich der Pate mit dem Schüler trifft, können die beiden selbst entscheiden, erklärte Yvonne Möller von der Caritas. Auch die Dauer und die Gestaltung der gemeinsam verbrachten Zeit sei frei: „Man kann miteinander einen Spaziergang machen oder auch ein Eis essen gehen.“ Wichtig sei, dass dem Ehrenamtlichen die Tätigkeit auch Spaß mache.

Allerdings ziehen die Schüler aus der Betreuung durch den Paten meistens auch einen großen Nutzen. Emin-Tolga hat seinen qualifizierten Hauptschulabschluss mit der Note 2,5 geschafft. Dies sei „ganz enorm“, lobte Wehr: „Gerade für Kinder mit Migrationshintergrund ist ein guter Schulabschluss keine Selbstverständlichkeit.“ Der zweite Jugendliche, den Panzer unterstützt hat, brach die Schule jedoch vorzeitig ab – einen Ausbildungsplatz hat aber auch er gefunden.

Wer eine Schülerpatenschaft übernehmen möchte, kann sich telefonisch unter Tel. 92 00 46 30 oder per E-Mail unter yvonne.moeller@caritasmuenchen.de bei der Caritas melden. Gesucht werden derzeit außerdem Studenten, die Haupt- und Förderschülern ehrenamtlich Nachhilfe erteilen möchten. Interessenten können sich unter Tel. 23 34 99 14 an das Jugendamt wenden.

Von Julia Stark

Artikel vom 30.09.2010
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