Erster Deutsch-Italienischer Kindergarten Münchens eröffnet

Perlach · Abfahrt für »Il trenino« war überfällig

(V.l.): Ines Schicht, ihr Mann Thomas, BA-Vorstand Kurt Damaschke, Ex-Stadträtin Fiorenza Colonnella, Rino Antonio Tessari (Schulabteilung im Italienischen Konsulat) und die Eltern der ersten Kindergartenkinder.  Foto: aha

(V.l.): Ines Schicht, ihr Mann Thomas, BA-Vorstand Kurt Damaschke, Ex-Stadträtin Fiorenza Colonnella, Rino Antonio Tessari (Schulabteilung im Italienischen Konsulat) und die Eltern der ersten Kindergartenkinder. Foto: aha

Perlach · Der erste vom Schulreferat anerkannte deutsch-italienische Kindergarten mit italienischen Muttersprachlern als Erzieher nimmt diese Woche seine Arbeit auf. Er heißt »Il trenino« (das Züglein) und hat seinen Sitz in der Lorenzstraße 1 in Perlach.

Hier wurden in nur zwei Monaten die Räume der alten Post umgebaut, Küche, Bäder, Büro und Gruppenraum neu gemacht, Böden und Fensterfront ausgetauscht. Initiiert durch Ines Schicht, die 2008 mit ihrem Mann Thomas beschloss, einen deutsch-italienischen Kindergarten zu gründen, »weil wir unserer Tochter Hannah den Zugang zu einem zweisprachigen Kindergarten erleichtern wollten. Die zahlreichen deutsch-englischen Angebote stehen nämlich nur Kindern mit mindestens einem ausländischen Elternteil offen, wie wir selbst erfahren mussten.«

Über die Krippengruppe der kleinen Hannah kam Italienisch ins Spiel, zumal hier der Bedarf groß ist, wie Frida Reiner vom Schul- und Kultusreferat bestätigt: »In München gibt es zwar zweisprachige Kindergärten für Englisch, Französisch, Griechisch, Portugiesisch, Polnisch, Russisch und sogar Japanisch, für Italienisch aber nicht«.

Lediglich die italienisch-deutsche Eltern-Kind-Initiative Girotondo e.V. in der Balanstraße 94 bietet eine Möglichkeit. Dabei sind Italiener die viertgrößte Bevölkerungsgrupe nach Deutschen, Türken und Griechen in München und wohnen zum größten Teil im Münchner Osten.

»Ich bin begeistert, das dient der Integration von italienischen Familien in Deutschland, speziell von zweisprachigen«, freut sich Claudio Cumani, der Vorsitzende des COMITES (Komitee der Italiener im Ausland - Konsularbezirk München), welches die Bedürfnisse der Italiener im Ausland vertritt.

Zur Eröffnung sandte er eine Grußbotschaft und versprach: »Nächste Woche werde ich zusammen mit dem italienischen Generalkonsul, Adriano Chiodi Cianfarani, den Kindergarten besuchen!« Auch Pater Amando von der italienischen Katholischen Mission unterstreicht nach der Segnung der Räume: »Das war im Grunde längst überfällig«, ermöglicht dieses Angebot doch, dass sich die zwei Kulturen mehr begegnen und sich die Italiener in der neuen Heimat Deutschland leichter integrieren. Auf ihrer Homepage schreibt die Katholische Mission von der »Isolation« und »Zerstreuung« ihrer Landsleute in München und dass »die Kinder sehr oft besser Deutsch als Italienisch sprechen«. Bestätigend sagt Pater Amando, »wir haben viele Anfragen nach solch einer zweisprachigen Möglichkeit gehabt, besonders von Familien, die nur vorübergehend in München wohnen.« Daher wiegt, dass im »Il trenino« Muttersprachler die Kinder betreuen.

Das sind die Sozialpädagogin Ines Schicht selbst, eine italienische Erzieherin und eine italienische Kinderpflegerin, eine deutsche Kinderpflegerin sowie eine deutsche Ergänzungskraft mit sehr guten Italienisch-Kenntnissen. Jetzt ist alles bereit. Wer an der alten Perlacher Post vorbei kommt, sieht völlig neue Außenanlagen mit Rollrasen sowie Holzhäuser und Skulpturen des Holzkünstlers Örni Poschmann. Die inzwischen 18 Kinder, davon eines mit Behinderung, können im 250 qm großen Garten oder in den zwei Räumen (170 qm) spielen. Bis Jahresende sollen noch vier Kinder dazu kommen. Das Essen liefert der Grüne Markt. Die Betreuungskosten liegen höher als bei städtischen Kindergärten, aber die Eltern – überwiegend Mitarbeiter des Europäischen Patentamts, der Europäischen Schule, aber auch aus der Nachbarschaft – akzeptieren das, weil ihnen die Zweisprachigkeit wichtig ist. Bereits angelaufen ist die Erweiterung um eine Kinderkrippe, die Schicht in der leerstehenden, angrenzenden städtischen Sozialwohnung unterbringen will – wenn sie die Räume bekommt.

Im Kindergartenalltag wird dann durchgängig Deutsch und Italienisch gleichzeitig gesprochen, so dass, wie Rino Antonio Tessari von der Schulabteilung im Italienischen Konsulat betont, die Kinder hier akzentfrei Deutsch und Italienisch von Mutterspracherlern lernen können: »Ein wahnsinniger Startvorteil, sollten sie zurück nach Italien zur Schule müssen.« Entsprechend bunt und südländisch fröhlich war das Stimmengewirr am Eröffnungsnachmittag: Mit Händen und Füßen, ziehen und zeigen näherten sich die Kinder aneinander an, diskutierten Eltern und Politiker über Erziehung, Integration oder Landes- und Kulturspezifika. Weitere Infos unter www.iltrenino.de und www.wochenanzeiger.de

Angela Boschert

Artikel vom 15.09.2010
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