Da schau her! Albrecht Ackerland berichtet exklusiv im Münchner SamstagsBlatt

München · Albrecht Ackerland über Offenheit

München · Kennen Sie diese wunderbaren Hinterhofflohmärkte? Die reinsten Feste! Nicht, weil der Ramsch, der angeboten wird, so besonders wäre, oder weil sich bessere Schnäppchen als auf jedem normalen Flohmarkt machen ließen. Die Orte sind's. Wann sonst hat man die Gelegenheit, in so derart viele Hinterhöfe zu kommen? Hinterhöfe sind die Seele einer Stadt.

Sie sehen düster aus oder grün, sprühen vor Leben oder fristen ein Dasein als Parkplatz. Sie lassen erahnen, wie die jeweiligen Vermieter und Hausbewohner ihr Leben leben, was sie von ihrem Leben halten, was sie vom Leben wollen. Es gibt grauenhafte Betonwüsterln oder wunderbar zugewachsene, detailverliebt geschmückte Alternativhöfe – von Mietshäusern, deren Bewohner irgendwann die Initiative ergriffen haben. Und die Frau Hubscheider, die schon seit 1946 dort wohnt, blüht plötzlich auch auf unter all den jungen Familien, die aus einem in den sechziger Jahren lieblos zugepflasterten Hof ein Idyll geschaffen haben. Auf einmal setzt die Frau Hubscheider sich in den Hof und liebt ihr neues Hausleben. So etwas lässt sich ansatzweise erleben, wenn man sich auf Hinterhofflohmärkten herum treibt. In zwei Wochen übrigens ist der letzte der Saison: in Giesing.

Ich werde wieder strawanzen, ein bisserl hier schauen, dort ein bisserl neidisch sein, mich freuen, dass es manche so schön haben, obwohl man vorne an der Straße noch nicht mal einen Hof vermutet, drinnen dann aber Tomatenpflanzen Früchte tragen und Wein rankt, und einer ein Salettl gebaut hat aus gesammelten Ästen. Und vielleicht sitzt wieder irgendwo eine Frau Hubscheider rum, die ganz selig ist, wegen all des Trubels.

Der Tag des offenen Denkmals ist eine schöne Sache. Fantastisch, wohin man an diesen Tagen so überall hinkommt. Aber um auf eine Entdeckungstour zu gehen, lege ich ihnen wärmstens einen Hinterhofflohmarkt ans Herz. Oder, noch besser: Reden Sie mit Ihrem Vermieter und Ihren Mitmietern – und schaffen Sie sich ihr eigenes Denkmal.

Artikel vom 09.09.2010
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