Kontroverse Diskussion über geplante Anlage im Landkreis

Landkreis Ebersberg · Wirbel um Wind

Torsten Blaschke (li.) von B.A.U.M. Consult und Norbert Neugebauer, Chef des Landratsbüros im Landkreis Ebersberg, stellten sich den Fragen.	Foto: cs

Torsten Blaschke (li.) von B.A.U.M. Consult und Norbert Neugebauer, Chef des Landratsbüros im Landkreis Ebersberg, stellten sich den Fragen. Foto: cs

Landkreis Ebersberg · Wo immer über Windkraftanlagen diskutiert wird, bläst den Verfechtern dieser regenerativen Stromerzeugung ein Sturm der Entrüstung entgegen. Für die Gegner stellen die Rotoren die pure Landschaftsverschandelung dar. Noch schwerwiegender sind die Bedenken, was die Auswirkungen dieser neuartigen Kraftwerke auf Mensch und Natur betrifft.

Welche Emotionen die relativ junge Windenergienutzung auslösen kann, hat der Poinger Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) wohl unterschätzt, als er zu einer Informationsveranstaltung zur Nutzung der Windenergie im Landkreis Ebersberg einlud. Rund 50 glühende Befürworter und fanatische Gegner saßen sich dazu im Bauzentrum Poing gegenüber. Am Ende der zweistündigen Diskussion war klar: Das Thema wird nicht nur im Landkreis Ebersberg noch lange für Wirbel sorgen.

Dabei wollte Hingerl mit seiner Initiative den Skeptikern eigentlich den Wind aus den Segeln nehmen. Der Abend sei nur als ein erster Dialog gedacht, sagte er. »Wir wollen einen Schritt vorausdenken und mit einer guten und kontroversen Diskussion beginnen.« Jederzeit könnte ein Privatinvestor auftauchen, der eine solche Anlage in einer Gemeinde plant. Und wenn alle Vorschriften eingehalten werden, dann könne ihm die Genehmigung von den Behörden nicht versagt werden. »Wir müssen gewärtig sein, dass solche Windräder in unserer Umgebung entstehen«, erklärte Hingerl. Da sollten Gemeinde und Bürger lieber von sich aus aktiv werden und von der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz profitieren. Hingerl: »Ich brauche Ihre Akzeptanz für eine derartige Einrichtung.«

Dass die nicht ohne Weiteres zu bekommen ist, wurde bald klar. So lieferte sich beispielsweise Günter Beermann, Landesvorsitzender des Bundesverbandes Windenergie (BWE), einen lebhaften Wortwechsel mit einem Zuhörer, der die Gefahren des Infraschalls drastisch an die Wand malte. Dieser tieffrequente Schall kann von Menschen zwar nicht wahrgenommen werden, soll jedoch – so der Diskussionsteilnehmer – unter anderem Übelkeit und Erbrechen auslösen: »Das ist ein Brummen und Summen, sprechen Sie mit Leuten, die in der Nähe einer solchen Anlage wohnen!« Dafür gebe es keine Beweise, entgegnete ihm Beermann. Das hätten auch Gerichte bereits so beurteilt.

Nachgewiesen sind dagegen die unangenehmen Auswirkungen von Schlagschatten, den die drehenden Rotorblätter verursachen. Einzige Lösung: Die Windräder müssen weit genug entfernt von Siedlungen errichtet oder morgens und abends bei tief stehender Sonne abgeschaltet werden, was natürlich den Ertrag mindert. »Jede Form von Energieerzeugung ist belastend«, resümierte Norbert Neugebauer vom Arbeitskreis »Bürgerakzeptanz der Windenergie« im Landkreis Ebersberg und Chef des Landratsbüros. »Wenn wir wegkommen wollen vom Öl, dann brauchen wir mehr Strom«, sagte er. Und der solle doch besser auf regenerativem Wege als in Atomanlagen erzeugt werden. Ein Zuhörer pflichtete ihm bei: »Was muten wir unseren Nachkommen alles mit dem Atommüll zu?

Dagegen sind das doch nur sehr, sehr kleine Nachteile.« Auch die immer wieder diskutierte Ästhetik der Windräder kam an diesem Abend zur Sprache. »Die Landschaft wird nicht schöner«, stellte der Poinger CSU-Gemeinderat Wolfgang Lang fest. Er befürchtet die Verschandelung des Ortsrandes. »Es muss nicht alles schön sein«, meinte auch Hingerl. Strommasten beispielsweise stellten ebenfalls keine Zierde der Umgebung dar, »und die nimmt man heute doch gar nicht mehr wahr«. Wo soll nun die erste Windkraftanlage im Landkreis Ebersberg stehen? Entschieden ist noch gar nichts, so Neugebauer. Ein Gutachten, das der Umweltausschuss des Kreistages in Auftrag gegeben hatte, nennt 19 Standorte.

Bestens geeignet ist zum Beispiel ein Areal an der Gemeindegrenze zwischen Vaterstetten und Grub, das dem Freistaat Bayern gehört. Zwei weitere Standorte sind der Sauberg und der Taubenberg bei Kirchseeon. Diese beiden befinden sich allerdings auf Höhenrücken, während ein Standort in der Schotterebene, wie bei Grub, laut Gutachten besser geeignet sei, weil der Wind hier zuverlässiger sei, erläuterte Neugebauer. Es werde für die drei genannten Standorte ein weiteres Gutachten erstellt, um gesicherte Werte zu erhalten. Dieses soll am 29. September im Umweltausschuss vorgestellt werden.

Der Standort bei Grub genießt derzeit Priorität, Taubenberg und Sauberg seien jedoch noch nicht aufgegeben, sondern zurückgestellt. Da jedoch in der Schotterebene weitgehend gleichmäßige Bedingungen herrschen, käme dort auch jeder andere Standort infrage. Die Diskussion ist noch lange nicht beendet. C. Schmohl

Artikel vom 03.08.2010
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