Schülerinnen des Edith-Stein nahmen Haidhausen unter die Barrierelupe

Haidhausen · Auf Herz und Rampen geprüft

So kommt man also als Rollstuhlfahrer in und aus der Tram: Eine Hubrampe macht es möglich. Foto: VA

So kommt man also als Rollstuhlfahrer in und aus der Tram: Eine Hubrampe macht es möglich. Foto: VA

Haidhausen · »Ich fände es besser, wenn es mehr Rampen für behinderte Leute gäbe«, schrieben viele Mädchen des Edith-Stein-Gymnasiums nach ihrem Stadtteilcheck auf den Feedback-Fragebogen. Denn bei allen Geschäften und Banken, die die 14 Fünft- und Siebtklässlerinnen im Rahmen ihres Projekttags testeten, stellten sie fest, dass es für Rollstuhlfahrer ohne fremde Hilfe nicht möglich ist, hinein zu kommen.

Das war für die Schülerinnen ein ernüchterndes Ergebnis, vor allem, da sie immer dieselbe Antwort bekamen: »Ein Rampe wäre zu teuer und mobile Rampen sind zu schwer. Das können wir nicht machen.« Aber immerhin berichteten viele Geschäftsinhaber, dass sie Rollstuhlfahrer gerne auch vor dem Laden bedienen. Beim Projekt »Auf Herz und Rampen prüfen« des Kreisjugendring München-Stadt, das zum ersten Mal in Haidhausen stattfand, können die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen erleben, wie es ist, sich mit einem Rollstuhl im Straßenverkehr fortzubewegen und blind oder sehbeeinträchtigt den Alltag zu meistern. Begleitet werden sie dabei von einem Team von Menschen mit und ohne Behinderung, die mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Alle Stellen in Haidhausen, die noch nicht barrierefrei sind, wurden von den Teilnehmerinnen notiert, um sie an den zuständigen Bezirksausschuss (BA) weiterzuleiten. Die Mädchen hatten auch schon während des Stadtteilchecks die Gelegenheit dazu, da Tilla Meyer, die Behindertenbeauftragte des BA Au-Haidhausen, den Stadtteilcheck mit großem Interesse und Engagement begleitete. Entdeckt haben die Mädchen u.a. die Ampelanlage an der Kreuzung Kirchenstraße – Wolfgangstraße – Seeriederstraße, die kein taktil-akustisches Signal für Blinde hat. So mussten sich die zu der Zeit blinden Teilnehmerinnen auf ihre sehenden Begleiterinnen verlassen. Allerdings waren die Jugendlichen kaum zwei Schritte auf der Kirchenstraße gegangen, um die Wolfgangstraße zu überqueren, schaltete die Ampel schon wieder auf Rot. Nicht nur für Menschen mit Behinderung eine viel zu kurze Grünphase. Da war die Ampelschaltung an der Preysingstraße auf Höhe der Wörthstraße schon sehr viel besser an die Bedürfnisse der Fußgänger angepasst, allerdings auch wieder ohne taktil-akustisches Signal für Blinde.

Die Mädchen fragten auch viele Passanten und Passantinnen sowie Geschäftsinhaber nach ihrer Meinung und ließen sich von einem sehr freundlichen Straßenbahnfahrer erklären, wie Rollstuhlfahrer eine Tram benutzen können. Dieser opferte sogar seine Pause, um den Mädchen die Hubrampe an der vorderen Eingangstür zu demonstrieren. Besonders wichtig war für die Teilnehmerinnen, wie Menschen auf der Straße reagierten. Neben vielen neugierigen, manchmal auch unangenehmen Blicken trafen sie auf viele hilfsbereite Personen. »Ein Mann hat uns im Rollstuhl gesehen und hat sich in die Ecke gestellt, so dass wir gut durchkonnten«, erzählte ein Mädchen in der Pause. Für die Mädchen war es ein Vormittag voll Spannung und neuer Erfahrungen. Besonders gefallen hat ihnen, dass auch Menschen mit Behinderung als Betreuerinnen dabei waren und ganz offen über ihr Leben gesprochen haben. Getestet wird in allen Stadtbezirken der Landeshauptstadt München.

Das Projekt wird von der Stadt finanziert, so dass die teilnehmenden Schulen oder Einrichtungen kostenlos einen Stadtteilcheck durchführen können. Bei Interesse an einem Stadtteilcheck kann man sich unter herzundrampen@kjr-m.de an die Verantwortlichen wenden.

Artikel vom 27.07.2010
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...