Soforthilfe bei psychischen Krisen

München · Bedarf nimmt zu

München · Immer mehr Menschen in München und Oberbayern benötigen schnelle Hilfe, weil sie sich in einer psychischen Krise befinden. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Betroffenen, die telefonisch oder persönlich den Krisendienst Psychiatrie München in Anspruch genommen haben, um fast ein Drittel gestiegen. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch in anderen bayerischen Bezirken.

Das ergab ein Fachtag zur psychiatrischen Krisenversorgung beim Bezirk Oberbayern in München. Demnach verzeichnete der Dienst im Jahr 2009 gut 9.500 Telefonkontakte. Im Jahr zuvor waren es noch rund 7.000. Rund 800 Mal waren die Mitarbeiter 2009 zu Einsätzen und persönlichen Beratungen bei Betroffenen vor Ort (2008: rund 620 Mal). Grund für die deutliche Steigerung der Einsätze sei neben dem höheren Bekanntheitsgrad des Krisendienstes vor allem die Zunahme psychischer Probleme in der Gesellschaft insgesamt, berichtete Simone Eiche vom Leitungsteam des Krisendienstes. So bekomme der Notfalldienst unter anderem die immer stärkere psychische Belastung Beschäftigter am Arbeitsplatz zu spüren: „Wir registrieren zunehmend Anrufe von Menschen, die zuvor noch nie etwas mit einem Psychiater oder der Psychiatrie zu tun hatten.“ Am meisten litten die Hilfesuchenden unter Depressionen und Angststörungen. In anderen bayerischen Bezirken gebe es ähnliche Entwicklungen, hieß es am Fachtag. Auch auf dem Land steige der Bedarf: „Wir verzeichnen ähnliche Steigerungsraten wie in München“, sagte Heiner Dehner, Geschäftsführer des Krisendienstes Mittelfranken.

Beim Krisendienst Psychiatrie München trägt der Bezirk gut 80 Prozent der Kosten, den Rest die Stadt München. Neben der flächendeckenden Versorgung auf dem Land hielten Experten und Angehörige von Betroffenen auf dem Fachtag vor allem eine 24-Stunden-Bereitschaft des Krisendienstes für wünschenswert. „Psychische Krisen richten sich nicht nach Öffnungszeiten“, betonte Michael Welschehold, ärztlicher Leiter des Münchner Krisendienstes. Nachholbedarf gebe es darüber hinaus bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen. So hätten immer mehr junge Menschen psychische Probleme. Es gebe aber deutlich weniger Hilfsangebote als bei Erwachsenen, auf die der Krisendienst verweisen könne – etwa psychiatrische Praxen für Kinder und Jugendliche.

Den Krisendienst Psychiatrie München gibt es seit 2007.

Die Mitarbeiter stehen Menschen in psychischen Krisen an sieben Tagen die Woche von 9 bis 21 Uhr zur Verfügung. Sie beraten die Betroffenen am Telefon und vermitteln sie gegebenenfalls an andere Hilfsstellen weiter. Bei akuten Krisen, in denen die telefonische Beratung nicht ausreicht, hilft der Krisendienst vor Ort. Dafür stehen im Stadtgebiet München mobile Einsatzteams bereit, an denen auch vier Sozialpsychiatrische Dienste beteiligt sind. Die Teams können Betroffene in der Regel innerhalb von 60 Minuten aufsuchen und qualifizierte Soforthilfe leisten. Finanziert wird der Krisendienst größtenteils vom Bezirk Oberbayern. Die Stadt München übernimmt einen Sachkostenanteil. Neben München gibt es in Bayern Krisendienste in Nürnberg/Mittelfranken, Bayreuth, Regensburg und Würzburg. Der Krisendienst Psychiatrie München ist telefonisch erreichbar unter 089/72 95 96 0.

Artikel vom 21.07.2010
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