Heiße Diskussionen bei der Gründung der Ringallianz

Oberhaching · Explosive Stimmung

Von erbosten Demonstranten bedrängt, verteidigte der SPD-Landtagsabgeordnete Peter-Paul Gantzer seine Gründe für den Ring.	Foto: Pietsch

Von erbosten Demonstranten bedrängt, verteidigte der SPD-Landtagsabgeordnete Peter-Paul Gantzer seine Gründe für den Ring. Foto: Pietsch

Oberhaching · Totgesagte leben ja bekanntlich länger. Eben noch feierten die Gegner des Südrings das scheinbare Ende der Ausbaupläne – Ministerpräsident Horst Seehofer hatte angekündigt den Südring nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufnehmen zu lassen – da formierte sich fast unbemerkt eine breite Front zur Unterstützung eben dieser Ringpläne.

Eine neue »Ringallianz« bestehend aus der »Nordallianz« (Vertreter der Nordgemeinden), der »VIA99« (Verkehrs- und ­Bürgerinitiative Ringschluss A99 Südwest), Vertretern mehrerer Ostgemeinden und sogar der weiter südlich gelegenen Kommunen Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau, Garmisch-Partenkirchen und Miesbach hat sich vorgenommen die endgültige Beerdigung der Südringpläne zu verhindern und nur eine Vertagung der Entscheidung zu erreichen.

Ausgerechnet die Kugler Alm, eine beliebte Ausflugsgaststätte im Herzland der Ringgegner, wählte die neue Ringallianz als Veranstaltungsort für ihren ersten Presseauftritt. Eine Provokation, die die Südringgegner nicht auf sich sitzen lassen wollten. Ohne zu Zögern nahmen sie den Fehdehandschuh auf und riefen zum Gegenangriff. Rund 100 erboste Ringgegner empfingen die Vertreter der Ringallianz mit Trillerpfeifen und Buhrufen, Plakaten und roten Karten vor der Kugler Alm.

Während sich die meisten Teilnehmer der Pressekonferenz jedoch noch halbwegs unbehelligt durch die Menge schlängeln konnten, wurde der Landtagsabgeordnete der SPD Peter-Paul Gantzer zur Zielscheibe. Umzingelt von wütenden Ringgegnern, verteidigte er seine Argumente für den Südring. »Sie müssen Menschenschutz gegen Naturschutz abwägen«, forderte er von den Demonstranten. Und schließlich hätten die Nordgemeinden mit Mülldeponie, Kläranlage und Flughafen schon so viel Negatives von den anderen, da könne nun ruhig der Süden auch einmal etwas für München und das Umland tun, forderte er. Doch »bloß weil es euch im Norden nicht gefällt, müsst ihr doch jetzt nicht den Süden kaputt machen«, hielt der Oberhachinger SPD-Gemeinderat Norbert Jennen dagegen. Weitere Argumente gingen im allgemeinen Tumult unter. Später, bei der Pressekonferenz der Ringallianz, äußerte sich Gantzer verärgert über das Verhalten der Demonstranten: »Zwei Mal hat mich jemand angegriffen«. Als »minderbemittelter Untermensch« sei er sogar beschimpft worden, dies verlasse nach seiner Ansicht die demokratische Demonstrationskultur und sei ihm sonst höchstens aus der Nazizeit bekannt.

Im Gegensatz zur extrem emotionalen Atmosphäre vor der Kugler Alm, waren die Redebeiträge der Ringbefürworter in der von ­Sicherheitskräften abgeschirmten Gaststätte betont sachlich gehalten. Bei der Diskussion um den Südring dürfe es nicht nur um den Schutz der Natur im südlichen und westlichen Landkreis gehen. Denn die positiven Effekte des Südrings wären weit über die Landkreisgrenzen hinaus spürbar, so der Tenor der Veranstaltungsteilnehmer.

Und schließlich sei man ja auch von der problematischen Variante mit der Brücke über die Isar abgekommen und wolle den Südring mit zwei langen Tunneln unter den schützenswerten Bereichen durchführen, beschwichtigte der Bürgermeister von Ismanig Michael Sedlmair. »Wir nehmen die persönliche Betroffenheit der Bürger ernst«, versicherte er, doch fordern angesichts des 8-spurigen Ausbaus der A99 auch die Nordgemeinden »ein Stück Gerechtigkeit«. Immerhin gehe es ja auch um Arbeitsplätze, um die Versorgung und nicht zuletzt auch um den Schutz der Menschen, so CSU-Mitglied und Vorsitzender des Wirtschaftsbeirates Bayern Hans Hammer. So ließen sich nach seinen Informationen allein 7 Millionen im Stau verbrachte Stunden durch den Südring einsparen. Auch bei einem Unfall auf der Ostumfahrung sei der Südring für den Verkehrsfluss unverzichtbar. Gestützt würden diese Aussagen durch die Untersuchungen des Münchner Verkehrsplaners Harald Kurzak, nach denen die prognostizierte Verringerung des Verkehrs um 10 Prozent zu einer Halbierung der Staus auf den anderen Strecken führen würden, zitierte CSU-Stadtrat Josef Schmid. Die Politik müsse einsehen, dass der Verkehr noch mehr werden wird, forderte Schmid. Ein Ausbau der Nahverkehrsangebote sei nicht ausreichend, um die steigende Verkehrsbelastung zu tragen.

Aus nahe liegenden Gründen halten auch die Gemeinden im Norden und Osten der Stadt an den Südring-Plänen fest. Denn »was wäre, wenn der Südring nicht weiter geplant würde«, fragte zum Beispiel der Aschheimer Bürgermeister Helmut Englmann. Die Konsequenz wäre ein weiterer Ausbau der nördlichen Autobahn, erinnerte er und mahnte: »Ist denn das Land dort nichts wert?« Gründe genug für die Forderung der Ringallianz, die Planungen für den Südring nicht zu beenden. Die Zeit bis zur nächsten Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans, die erst 2014 oder 2015 nach der nächsten Bundestagswahl stattfinden wird, wolle man nutzen um bis dahin die Menschen von den Plänen zu überzeugen, rief Hammer die Teilnehmer der Pressekonferenz auf.

aba

Artikel vom 13.07.2010
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