100 Jahre Katholische Jugendfürsorge

München · „Von der Welt lernen“

Erzbischof Reinhard Marx (links) stand Rede und Antwort bei der Talkshow zum Jubiläumsfest. Foto: VA

Erzbischof Reinhard Marx (links) stand Rede und Antwort bei der Talkshow zum Jubiläumsfest. Foto: VA

München · „Die Kirche muss bereit sein, sich auf einen Dialog mit der Welt einzulassen und auch von ihr zu lernen“. Dies hat Erzbischof Dr. Reinhard Marx am 25. Juni beim 100-jährigen Jubiläum der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) der Erzdiözese München-Freising e.V. gesagt. Er forderte alle Glieder der Kirche dazu auf, nicht nur zu lehren, sondern auch zu lernen.

Im Hinblick auf die pädagogische Arbeit nannte er als Beispiele neue Erkenntnisse der Psychologie oder der Jugendfürsorge; wichtig sei es auch, neue Problemstellungen zu erkennen. Diese Bereitschaft zum Austausch falle der Kirche aufgrund ihrer langen Tradition nicht immer leicht. Bei einer „Talkshow“ während des Festaktes im Münchner Kardinal-Wendel-Haus in Schwabing von einer Jugendlichen direkt auf die Missbrauchsfälle in der Kirche angesprochen, sagte Marx, dass ihn das Thema in den vergangenen Monaten sehr berührt habe, da es in einem derartigen Widerspruch stehe. Es sei gut, dass nun über die Gefährdungen in allen Bereichen gesprochen werde. „Unsere Einrichtungen sind schon vorbildlich, und wir müssen noch mehr machen. Wir wollen das Negative nicht ausblenden, aber dafür umso mehr zeigen, wie stark und gut wir dennoch sind“.

Zur KJF gehören mehr als 60 stationäre, teilstationäre und ambulante Einrichtungen mit pädagogischen und medizinischen Diensten. Dort, so der Erzbischof von München und Freising, sei zu spüren, dass entsprechend Jesu Botschaft Kinder und Jugendliche, die am Rand stehen, in die Mitte geholt werden. „Es geht darum, nicht nur zu betreuen, sondern auch zu beteiligen. Die Pädagogik Jesu meint, die Möglichkeiten und Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zu entdecken, sie darin zu fördern und ihnen zu vermitteln, dass jeder Mensch etwas Kostbares ist, mit dem Gott etwas vorhat. Dann wird uns die Arbeit nicht ausgehen“.

Vier Jugendliche aus verschiedenen Einrichtungen der KJF spielten bei den Jubiläumsfeierlichkeiten eine wichtige Rolle. Mit beeindruckender Offenheit berichtete zum Beispiel Florian über sein Abgleiten in die Drogenszene und Straffälligkeit schon mit zwölf Jahren. In der Gefährdetenhilfe der KJF sei er den Hilfsangeboten zunächst sehr distanziert gegenüber gestanden. Bis man sich darauf einlassen könne, dauere es. So sei er froh gewesen, über einen langen Zeitraum bei seiner Betreuerin bleiben zu können. Folgerichtig fragte der Motorradmechaniker-Azubi Erzbischof Marx, ob nicht noch mehr finanzielle Mittel für solche Maßnahmen möglich seien. Auch für seine eigene Zukunft hat Florian ehrgeizige Pläne: „Nach meiner Lehre möchte ich ein Jahr „work and travel“ machen, dann eventuell den Meister und vielleicht sogar eine eigene Werkstatt eröffnen“.

Artikel vom 01.07.2010
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