Biografische Fotos im Stadtmuseum

München · „Die Verzauberten“

Seit 50 Jahren ein Paar: Hans Stempel und Martin Ripkens. Auch Medienmogul Leo Kirch akzeptierte die Filmautoren im Doppelpack. Foto: Susie Knoll

Seit 50 Jahren ein Paar: Hans Stempel und Martin Ripkens. Auch Medienmogul Leo Kirch akzeptierte die Filmautoren im Doppelpack. Foto: Susie Knoll

München · Seit 2. bis 18. Juli ist im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, die Ausstellung „Die Verzauberten – Gesichter und Geschichten alter schwuler Männer“ mit Fotos von Susie Knoll zu besichtigen. Die Ausstellung ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr zugänglich.

Veranstalter sind die Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Landeshauptstadt München, und Schwules Kommunikations- und Kulturzentrum Sub e.V. Die Ausstellung richtet ihren Fokus auf einen scheinbar nur kleinen Bereich des gesellschaftlichen Lebens in München und rückt damit doch eine Stadtgeschichte eigener Art in den Mittelpunkt. Sie umfasst zehn Fotografien, die die Gesichter von elf alten schwulen Männern zeigen. Zu jedem Porträt gesellt sich eine von den Abgebildeten selbst verfasste Biografie.

Zudem werden in zirka zehn Texttafeln geschichtliche Hintergründe über schwules Leben in München dargestellt. Das Forum Homosexualität München e.V. hat hierfür seine Darstellung der schwulen Geschichte Münchens zur Verfügung gestellt. Der aufmerksame Leser findet in fast jeder Biografie der zwischen 1916 und 1946 geborenen Männer Hinweise darauf, mit welchen Schwierigkeiten ein homosexueller Mann im 20. Jahrhundert oftmals zu kämpfen hatte. Sie zeigen aber auch, mit welcher Energie und Lebenslust sich die Männer ihr Leben miteinander gestaltet haben.

„Verzauberte“ nannte man früher jene Männer, deren Existenz ansonsten lieber totgeschwiegen wurde. Dies ist mit der freundlichste Begriff, der in der deutschen Sprache für Schwule je gebraucht wurde. Gleichzeitig diente er aber auch dazu, jenes nicht als das benennen zu müssen, was anscheinend so unvorstellbar war: dass ein Mann einen Mann lieben könnte.

Leider folgte in der Lebensrealität homosexueller Männer im letzten Jahrhundert -- wie auch in vielen Jahrhunderten davor -- auf das magische Dasein ganz schnell die Entzauberung: Verfolgung, Internierung im KZ, strafrechtliche Verfolgung in der Nachkriegszeit mit einem Nazi-Paragrafen 175 StGB, der bis 1969 unverändert weiter Gültigkeit hatte und erst 1994 endgültig abgeschafft wurde, Stigmatisierung und Ausgrenzung. Die sogenannte Aids-Krise, die Anfang der 1980er-Jahre ausbrach, führte zu massiven lesben- und schwulenfeindlichen Entwicklungen in Deutschland und gerade auch in München. Die Ausstellung erzählt aber auch eine lange Geschichte der Toleranzentwicklung in München, ihrer Fortschritte wie Rückschläge und ist damit auch eine Geschichte des ganzen Gemeinwesens.

Artikel vom 01.07.2010
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