Unterführung an Münchner Freiheit mit Graffiti verschönert

Schwabing · Treppab Gegensätze

Anil Akal (19, li.) und sein Cousin Emre (28) sind stolz auf ihr Graffiti-Werk in der Unterführung an der Münchner Freiheit. 	Foto: ko

Anil Akal (19, li.) und sein Cousin Emre (28) sind stolz auf ihr Graffiti-Werk in der Unterführung an der Münchner Freiheit. Foto: ko

Schwabing · Schon auf dem Weg treppab in die Fußgängerunterführung an der Münchner Freiheit, Ecke Ungererstraße, riecht es beißend nach Farbe. Unten sind zirka zehn Jugendliche am Werk, sie besprühen die Wände mit Graffitis – und zwar völlig legal.

Die Sprayer haben mit Alexander Golombek, Diplom-Sozialpädagoge im Schwabinger Jugendtreff am Biederstein, ein Konzept entworfen, um die vorher hässlich beschmierten Wände zu verschönern. Laute Hip-Hop-Musik schallt aus einem Ghettoblaster, das Atmen fällt bei den intensiven Farbdämpfen im Untergrund schwer. Fußball-Schlachtenbummler in Schwarz, Rot und Gold begutachten auf dem Weg zum Public-Viewing-Treff die Kunstwerke. Die Sprayer verschwenden wohl keinen Gedanken an Fußball, eine Stunde vor Anpfiff der Partie Deutschland-England.

Anil Akal (19) ist stattdessen glücklich, dass er sich jetzt in der Unterführung mit seinen Farbdosen verwirklichen kann. »Das ist eine schöne gerade Wand zum Sprayen«, sagt er mit einem prüfenden Blick auf sein Kunstwerk. Er hat schon an einigen Konzeptbildern, legale Graffitis mit Motto, mitgewirkt, aber noch nie auf einer so großen Fläche. Anil ist stolz auf die Gemeinschaftsarbeit: »Wir haben alle die gleichen Farben und ziehen unser Ding durch.« »Gegensätze« ist das Thema der Wandmalerei.

Die eine Seite der Unterführung ist mit Motiven in Rot, die andere in Blau besprüht. Mit der Unterführung direkt an der Erlöserkirche könne man so auch »Himmel und Hölle« interpretieren, meint Alexander Golombek. Er hatte die Idee zur Graffiti-Aktion bereits im vergangenen Jahr. Das Vorhaben sollte auch schon im September umgesetzt werden. Verzögert hat es sich damals durch schlechtes Wetter und verschiedene Ansichten der Sprayer zu den vorliegenden Konzepten. Golombek und die Jugendlichen wollen der düsteren Unterführung mit den Graffitis einen fröhlicheren Anstrich verleihen. Als Aufwertung fürs Stadtviertel und damit sich Passanten im Untergrund nicht fürchten.

Bis vor kurzem hatten die Jugendlichen auch im Jugendtreff an der Gohrenstraße eine Wand, auf der sie legal sprühen konnten. Vor zwei Monaten haben sich Nachbarn beschwert und sogar mit einem Anwalt gedroht: Störend fanden sie laut Golombek wohl vor allem das laute Klickgeräusch, wenn die Farbdosen geschüttelt wurden. Der Sozialpädagoge findet das schade und er ist immer auf der Suche nach neuen Wänden. »Es ist schlimm, wenn legale Flächen wegfallen, dann wird wieder mehr illegal gesprayt.« Wenn die Farbe an der Unterführung getrocknet ist, ist mit einer Verschönerung noch nicht Schluss. Auch Jugendliche um Pfarrer Friedemann Steck von der Erlöserkirche beteiligen sich, allerdings anders, als ursprünglich geplant. Denn zunächst sollten die Wände gemeinsam mit den Biederstein-Kids besprüht werden.

Doch die Kommunikation zwischen den beiden Gruppen Jugendlicher sei nicht einfach gewesen und sie hätten sich nicht auf ein Thema einigen können, sagt Steck. Somit bleibt die Verschönerung zwar ein gemeinsames Projekt, die zu verzierenden Abschnitte an der Unterführung werden aber aufgeteilt. Die acht beteiligten 16- und 17-Jährigen der Erlöserkirche werden die Treppenaufgänge mit ausgeschnittenen und lackierten Figuren aus Spanholzplatten verzieren. Ihr Thema ist Auf- und Abstieg auf der Karriereleiter sowie im Leben. Wann die Figuren an der Unterführung angebracht werden, ist noch nicht sicher. Aber Pfarrer Steck hofft, dass dies noch vor den Sommerferien geschieht.

Kirsten Ossoinig

Artikel vom 29.06.2010
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