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Die 1990er-Jahre in München

Partymachen statt Knödel essen - Erst Kunstpark Ost, seit 2003 Kultfabrik

Bei vielen Anwohnern umstritten wegen des Lärms, für viele Münchner bis heute ein beliebtes Feier-Areal, auch wenn der Hauch von Anarchie aus den Anfangsjahren lang vorbei ist: Der Kunstpark Ost, seit 2003 Kultfabrik, setzte im Münchner Nachtleben jahrelang neue Zeichen.

Im September 1996 mit legendären Clubs wie »Babylon« oder »Ultraschall« eröffnet, hatte Europas damals größtes Kultur- und Veranstaltungszentrum auf dem Gelände der ehemaligen Pfanni (Kartoffel-)Werke zum ersten Mal seine Tore geöffnet. Über 41 Diskotheken, Clubs, Restaurants, Kneipen, Kinos und Konzerthallen, dazu Künstlerateliers und Kleinunternehmen auf 60.000 Quadratmeter mit Industriecharme machten den Kunstpark vom ersten Tag an zum »Mekka« für Jung und Alt.

1996 verlagerte der seit 1993 zur Unilever-Gruppe zählende Lebensmittelhersteller Pfanni die Produktion aus seinem Münchner Stammwerk nach Mecklenburg-Vorpommern. Das leer stehende Fabrikgelände wurde an den Münchner Unternehmer Wolfgang Nöth verpachtet, der dort ein »Vergnügungsgebiet« einrichtete.

Nöth hatte bereits Erfahrungen mit einem ähnlichen Projekt auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens München Riem gesammelt, welches jedoch schließlich der neuen Messestadt Riem weichen musste.

Die Messestadt entsteht - Das neue Viertel füllt sich mit Leben

Bereits im Februar 1998 eröffnet die Neue Messe München auf dem ehemaligen Flughafengelände, im Winter 1998 ziehen die ersten Messestadtbewohner in die umliegenden Wohneinheiten ein. Bis zur Fertigstellung des letzten der vier Bauabschnitte, der 2012 fertiggestellt werden soll, werden es 16.000 Menschen sein, die hier leben.

Am 10. März wird das große Einkaufszentrum »Riem Arcaden« eröffnet, in- klusive Hotel, Büro- und Wohneinheiten. Am 28. April 2005 öffnet die Bundesgartenschau ihre Pforten, am 4. Mai wird das neue ökumenische Kirchenzentrum am Platz der Menschenrechte mit der evangelischen Sophienkirche und der katholischen Kirche St. Florian eingeweiht. Die Messestadt Riem ist konzipiert als Siedlung der kurzen Wege, ausgestattet mit gemischten Nutzungsstrukturen, umfangreichen wohnungs- und arbeitsplatznahen Infrastrukturen sowie attraktiven Freizeit- und Einkaufsangeboten, so dass häufige Fahrten mit dem Pkw entbehrlich sind – dachten sich die Planer und sparten bei Parkplätzen. Die öffentliche Nahverkehrsversorgung durch eine neue U- Bahn-Linie mit zwei Bahnhöfen sowie sechs Buslinien sollte dies unterstützen. Doch fehlende Stellplätze für Besucher oder einen Zweitwagen in der Familie sind heute ein ebenso großes Thema wie eine mangelnde Infrastruktur. Dafür wurde ein ganzheitliches, ökologisches Planungsziel umgesetzt mit großen Grünflächen und modernen Energiekonzepten.

Eines der Relikte des ehemaligen Flughafens ist der 35 Meter hohe Tower, der unter Denkmalschutz steht. Nach 13 Jahren Suche hat die Stadt nun Kaufinteressenten gefunden. Was letztendlich mit dem Turm und dem umgebenden 13.000 Quadratmeter großen Grundstück geschieht, soll ein Architektenwettbewerb entscheiden, nachdem ein Käufer ausgewählt wurde.

Neue Staatskanzlei - Amtssitz des Ministerpräsidenten

Am 6. Mai 1993 wird die neue Staatskanzlei am Hofgarten eingeweiht. Vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg stand an der Stelle der heutigen Staatskanzlei seit 1905 das Bayerische Armeemuseum und vor dessen Errichtung die Hofgartenkaserne. Die Staatskanzlei war seit Kriegsende in der ehemaligen Preußischen Gesandtschaft in der Prinzregentenstraße untergebracht. Ministerpräsident Franz-Josef Strauß trieb die Pläne zu einem repräsentativen Neubau voran. Einen Architektenwettbewerb zum Neubau der Staatskanzlei gewann 1982 das Architektenteam Diethard J. Siegert und Reto Gansser. Ab Herbst 1984 gab es jahrelange heftige Auseinandersetzungen mit der Landeshauptstadt München wegen der architektonisch sensiblen Lage am Hofgarten und an der Residenz. Besonders die geplante Beseitigung des ab 1560 angelegten Arkadengangs am Nordrand des Hofgartens zugunsten des Neubaus war umstritten und rief die Bürgerinitiative »Rettet den Hofgarten« ins Leben.

Schließlich kam es zu einem Kompromiss mit deutlich kleinerem Bauvolumen. Der 1982 sanierte Kuppelbau des alten Armeemuseums wurde als Zentralbau der Staatskanzlei beibehalten, die Arkaden bezog man in den Neubau der Staatskanzlei ein. 1989 wurde mit der Erstellung der Tiefgarage begonnen, 1993 war die neue Staatskanzlei bezugsfertig. Am neunten Tag als bayerischer Ministerpräsident konnte Edmund Stoiber am 6. Mai 1993 seinen neuen Amtssitz beziehen. An der Ostseite der Staatskanzlei fließt der Köglmühlbach oberirdisch vorbei.

Abzug der US-Streitkräfte - Spuren der Amerikaner bleiben

Lange hatten die US-Streitkräfte das Leben in Giesing durch die dort stationierten Besatzungskräfte entscheidend mitgeprägt. 1992 stand nach der Wiedervereinigung Deutschlands der Abzug der US- Streitkräfte an – Spuren haben sie dennoch bis heute hinterlassen. Nicht zuletzt auch durch eine vitale Stadtteilpartnerschaft Obergiesings mit dem Colerain Township, einem Stadtteil von Münchens Partnerstadt Cincinnati.

Zeitung im Netz – Die Wochenanzeiger gehen online

Die Entwicklung der Zeitung machte Ende des 20. Jahrhunderts große Fortschritte. Auch die Münchner Wochenanzeiger hielten Schritt, gingen nicht selten den anderen namhaften Printmedien in München sogar voraus. Den Schritt vom Anzeigenblatt zur Zeitung, der in den 80er- Jahren begonnen wurde, setzten die Münchner Wochenanzeiger in den 90er- Jahren konsequent fort. Die redaktionellen Anteile nahmen zu und wurden professioneller. Die Beiträge sollten ein lebendiges Abbild des Lebens in den Stadtteilen sein.

Auch die technische Entwicklung ging voran. So wurden Zeitungsseiten jetzt am Bildschirm produziert. Die Druckereien rüsteten auf. Waren farbige Fotos und Anzeigen bis dahin eher selten, weil die Produktion sehr aufwendig war und nicht von allen Rotationsmaschinen gedruckt werden konnte, so hielt die Farbe vermehrt Einzug in den Produktionsablauf. Bis dahin kannte man in der Regel eine Schmuckfarbe, gelegentlich auch zwei.

Vorwärts ging es auch an anderer Stelle im Verlag. Computer gehörten schon eine ganze Weile zur Arbeit dazu. Die Übermittlung von Nachrichten war da jedoch nicht inbegriffen. Das Internet eroberte die Medienbranche. Manch ein Visionär sagte dem gedruckten Wort schon sein baldiges Ende voraus. Die meisten aber blieben realistisch. Print und online existieren gut nebeneinander.

Schon in den 90er Jahren ließen wir die Internetadresse www.wochenanzeiger.de reservieren – zu dieser Zeit war das alles andere als selbstverständlich, wussten doch viele trotz aller Faszination noch nicht, welche Inhalte eine attraktive Internetseite braucht. Zahlreiche Möglichkeiten, die heute gang und gäbe sind, waren zu dieser Zeit noch völlig unbekannt. Doch dass das Internet in der Medienlandschaft eine wichtige Rolle spielen würde, war uns früh klar. Wir wollten dabeisein.

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Blick auf die Baustelle des Richard-Strauss-Tunnels Richtung Norden, 2004. Seit einem Jahr rollt der Verkehr hier unterirdisch. Foto: Volk Verlag, München


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Modell der geplanten Messestadt auf dem ehemaligen Flughafengelände, die in mehreren Abschnitten gebaut wurde. Foto: AK Stadtteilgeschichte


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Moderne und Tradition treffen bei der Staatskanzlei zusammen. Foto: Brauner/Bayerische Staatskanzlei


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Der Olympiaturm wird 25 Jahre alt. Aus diesem Anlass wurde die längste Weißwurstkette der Welt (fast 200 Meter) vom Olympiaturm herabgelassen. OB Georg Kronawitter schnitt die Kette durch. Fotos: Helmut Weltmaier


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Headquarter« der US-Streitkräfte in der McGraw-Kaserne (Säulenbau links) und der Stadtteile trennende McGrawGraben davor. Foto: Freunde Giesings.


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Der alte Riemer Flughafen in einer Zeit, als Fliegen noch etwas ganz Besonderes war. Foto: privat





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