Die Emmaus-Kapelle muss erhalten bleiben! Darin sind sich der Bezirksausschuss Allach-Untermenzing (BA 23) und die Bürger des Stadtviertels einig. Ihre Meinung über den geplanten Abriss der Kapelle im Zuge des Neubaus des Hans-Sieber-Hauses in der Manzostraße machten deshalb sowohl die Lokalpolitiker als auch die zirka 100 anwesenden Bürger in der Sondersitzung des BA 23 deutlich. „Wir haben sehr viele Einwände gegen die derzeitige Planung“, betonte Heike Kainz (CSU), die Vorsitzende des Gremiums.
„Wir sind mit unserem Haus hier im Viertel sehr stark verankert“, sagte Siegfried Benker, Geschäftsführer der Münchenstift gGmbH, der zusammen mit Sozialreferentin Brigitte Meier und dem zuständigen Architekten Herman Wille ebenfalls an der Sitzung teilnahm. Ein Neubau sei deshalb nötig, weil die Sanierungskosten für das bestehende Gebäude aus den 60er Jahren zu teuer werden. „Die Bauunterhaltungskosten steigen deutlich. Das rechnet sich wirtschaftlich nicht mehr. Unter anderem sind die Heizungs- und Wasserleitungen sehr veraltet“, erläuterte Benker. Deshalb mache ein Neubau deutlich mehr Sinn. „Das neue Haus wird zudem den modernen Pflegeanforderungen entsprechen. Es wird uns dadurch möglich sein, eine moderne und qualitativ hochwertige Pflege zu ermöglichen.“ Die Pflegelandschaft habe sich geändert und auf diese Änderungen wolle man mit dem Neubau eingehen.
Eine vollständige Sanierung des jetzigen Gebäudes sei allein aufgrund der Schadstoffbelastung nicht zu verantworten, erklärte Wille. „Das Haus hat ja schon 40 Jahre auf dem Buckel und ist mit Asbest verseucht“, so der Architekt. Auch die Architektur des Hauses entspreche nicht mehr den neuesten Anforderungen. „Im Neubau wird es keine langen Schlauchflure mehr geben. Die geplanten Vier-Finger-Wohngruppen mit zwölf bis 13 Personen machen eine individuelle Pflege möglich.“ Es werde auch im Neubau eine Vollpflegestation, eine beschützte Wohngruppe sowie Wohnen mit Service geben. Zudem werde es auch wieder eine Cafeteria geben.
Das bisherige Gebäude soll weitestgehend bis zur Fertigstellung des Neubaus erhalten bleiben, damit die Bewohner zusammen mit dem Pflegepersonal geschlossen in den Neubau umziehen können. Der Neubau des Hans-Sieber-Hauses wird deshalb bei laufendem Betrieb stattfinden. Das neue Gebäude soll im Norden des jetzigen Grundstücks entstehen. „Wir müssen uns in der Baugrenze bewegen und haben nur wenig Freiheit“, so Benker. Deshalb müsse auch die Emmaus-Kapelle weichen. Dafür soll es im neuen Haus aber einen 40 bis 50 Quadratmeter großen Andachtsraum geben. „Auch in unseren anderen Häusern werden die Andachtsräume von allen Konfessionen sehr gut angenommen.“ Für größere Gottesdienste könne dann auch mal das Foyer genutzt werden.
Der Baumbestand und der überregionale Grünzug im Norden des Geländes bleiben unangetastet, gleiches gilt für den Spielplatz. Im Zuge des Neubaus müsse allerdings das Alten- und Service-Zentrum (ASZ), das im Hans-Sieber-Haus seinen Sitz hat, entfallen. „Das ASZ soll seinen endgültigen Platz dann im Zuge des Neubaus am Oertelplatz bekommen“, erklärte Meier. Den Plänen des BA 23, der das ASZ unbedingt in Untermenzing halten will und ein zweites ASZ am Oertelplatz fordert, erteilte Meier eine klare Absage. „Es wird keine zwei Alten- und Service-Zentren in Allach-Untermenzing geben“, so die Sozialreferentin.
Im Süden des Grundstücks, also ungefähr dort, wo das jetzige Hans-Sieber-Haus samt ASZ und Cafeteria ist, werden alle bestehenden Gebäude abgerissen. Hier sollen nach Angaben von Sozialreferentin Meier Wohnungen entstehen. „Das ist alles bereits durch einen Bebauungsplan festgelegt. Denkbar sind in diesem Zusammenhang auch unterschiedliche Formen des Seniorenwohnens. Ich könnte mir auch vorstellen, dass geförderter Wohnungsbau im Rahmen des München Modells gut passen würde. Genaue Planungen hierzu gibt es aber noch nicht.“
Man habe, so Meier weiter, rund um das Hans-Sieber-Haus Grundstücksalternativen geprüft. „Leider hat sich hier nichts ergeben. Die jetzige Lösung ist auch für uns nicht die Beste. Aber es gibt keine Alternativen.“ Das Gelände, auf dem das Hans-Sieber-Haus und auch der geplante Neubau stehen, gehört einer Münchner Stiftung. „Wir müssen genau darauf achten, dass der Stiftungszweck, also die Altenhilfe, auch erfüllt wird“, so Meier weiter.
Mit den Plänen, vor allem mit dem geplanten Abriss des Hauses und der Kapelle, anfreunden konnten sich jedoch weder die BA-Mitglieder noch die Bürger. Und auch die Pfarreien des Stadtviertels wollen einen Abriss der Emmaus-Kapelle nicht hinnehmen. „Ich kann nicht verstehen, wieso man ein Haus abreißen muss, nur weil die Heizung kaputt ist“, sagte Falk Lamkewitz (Grüne). „Die Unterhaltungskosten eines Heimes mit 200 Plätzen in Relation zu einer viel kleineren Einrichtung in Relation zu setzen, ist doch wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen.“
Im Zuge des Neubaus plant die Münchenstift eine Reduzierung der Pflegeplätze. „Aber 170 Pflegeplätze sind immer noch viel“, konstatierte Sozialreferentin Meier. Auch der Theatersaal, der im Hans-Sieber-Haus momentan gut angenommen wird, fällt weg. „Brauchen alte Menschen so etwas nicht mehr?“, fragte sich eine Bürgerin. „Es kann nicht sein, dass uns in Untermenzing alles weggenommen wird. Deshalb wollen wir das ASZ und die Kapelle erhalten.“ Und Alfred Giglberger, Pfarrvikar von St. Raphael und Maria Trost, betonte: „Eine Kapelle sollte man nie nur mit Gewinn und Verlust betrachten. Eine Kapelle hat doch einen ganz anderen Sinnzuschnitt. Das bitte ich zu berücksichtigen.“
Hier sei ein Schema-F-Bau geplant, der den Bedürfnissen vor Ort nicht gerecht wird, sagte Heike Kainz. „Ich vermisse eine architektonische Lösung, die die Zukunftsperspektiven der Pflege berücksichtigt und die Kapelle erhält.“ Und Henning Clewing erklärte: „Ich sehe keine Schwierigkeiten die Kapelle zu erhalten. Man könnte den Neubau doch einfach mit ein oder zwei Stockwerken aufstocken. Das wäre immer noch niedriger als das jetzige Hans-Sieber-Haus.“
Auf große Zustimmung des BA 23 stieß der Vorschlag eines Bürgers nach einer Versetzung der Kapelle. Ob dies machbar sei, wollte von Seiten der Stadt und auch von Münchenstift niemand bestätigen. Man werde alle Anregungen aufnehmen und prüfen, betonte Meier. So richtig glauben wollte das im Rahmen der BA-Sondersitzung jedoch kaum einer. „Es erscheint nicht glaubwürdig, dass alle Möglichkeiten geprüft wurden“, erklärte Clewing. „Im Grunde ist es doch eher so, dass Sie uns ihr Schema aufdrücken wollen.“
Die Bauarbeiten sollen frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2015 beginnen. „Demnach wäre mit einer Fertigstellung nicht vor 2017 zu rechnen“, sagte Wille. Die Kosten für Abriss und Neubau liegen bei rund 24 Millionen Euro. Der BA 23 wird sich in seiner nächsten Sitzung am 14. Mai um 19 Uhr im Vereinsheim (Eversbuschstr. 161) noch einmal mit dem Thema befassen und dann eine Stellungnahme abgeben.