Eigentlich war es beschlossene Sache, dass das lang diskutierte 365-Euro-Jahresticket für Jugendliche und Auszubildende dieses Jahr im August nun endlich Realität wird. Sieben Jahre lang hatte der Arbeitskreis Jugend- und Ausbildungsticket des Kreisjugendring München-Stadt (KJR) daran gearbeitet und mit den politisch Verantwortlichen um Finanzierung, Geltungsbereich und Nutzerkreis gerungen.
Nun ist wieder alles in der Schwebe: Das Ticket für das gesamte MVV-Gebiet muss nämlich von allen Verbundlandkreisen genehmigt werden – und der Kreistag des Landkreises Starnberg hat auf seiner letzten Sitzung die Entscheidung „aufgrund der nicht absehbaren Auswirkungen der derzeitigen Corona-Pandemie” erst einmal zurückgestellt.
„Die Bürgermeister der Gemeinden hegen größte Bedenken, welche Auswirkungen die Krise auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden haben wird. Die Einführung des 365 Euro Tickets ist für die Gemeinden und den Landkreis mit einem großen finanziellen Aufwand und einer langjährigen Bindung und Verpflichtung verbunden. Um Gemeinden und den Landkreis in der aktuellen Lage vor einem Entschluss mit großen finanziellen Auswirkungen für die Zukunft zu schützen, wurde die Entscheidung vertagt”, teilt die Pressesprecherin des Landratsamts Starnberg, Barbara Beck, auf Anfrage mit und fügt hinzu: „Bis zur endgültigen Entscheidung werden Gespräche mit dem MVV und den anderen Verbundlandkreisen aufgenommen. Die anderen Landkreise haben ihre Entscheidungen vor der Corona-Krise getroffen und könnten die Sachlage nun auch anders bewerten. Das soll abgefragt werden. Eine Entscheidung im Mai würde einen Start des Tickets zum derzeit geplanten Termin nicht entgegenstehen.”
Der Kreisjugendring München-Stadt und der Kreisjugendring Starnberg sind alarmiert. In einer Presseerklärung weisen sie darauf hin, dass „zwei Drittel der Mehrkosten, die durch das 365 Euro Ticket entstehen, durch den Freistaat Bayern getragen” werden. Zwar habe man „Verständnis für den finanziellen Druck, unter dem die Kommunen durch die Corona-Krise stehen. Doch gerade in schwierigen Situationen sollte man versuchen abzusichern, dass Investitionen, die langfristig wirken, erhalten bleiben. Ein 365-Euro-Ticket ist nicht nur sozialpolitisch sinnvoll, sondern auch ein wichtiger Meilenstein, um dem Klimawandel durch eine verstärkte Nutzung des ÖPNV entgegenzuwirken”, heißt es weiter.
„Ich kann nicht nachvollziehen, warum Starnberg jetzt ausgerechnet beim 365-Euro-Ticket sparen will. Gerade Schüler und Auszubildende müssen nach der Krise günstig mobil sein können. Schon jetzt muss diese Gruppe überproportional viel Geld für ihre Mobilität ausgeben“, erklärt Vorstandsmitglied Pia Berndt vom KJR München-Stadt.
Und Claus Piesch, der Vorsitzende des KJR Starnberg schreibt in einer Stellungnahme: „Wenn nicht alle mitmachen, ist diese gemeinsame Förderung der Mobilität, der wirtschaftlichen Ersparnis junger Leute und Familien sowie die Verbesserung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Jahre 'erledigt'. Damit träfe es im gesamten Verbundgebiet gerade die gering verdienenden Auszubildenden sowie Schülerinnen und Schüler und mit diesen allen die Familien.” Piesch regt an, „dass in einer Übergangsphase der Freistaat - auf Antrag des Landkreises - die gesamten Kosten tragen könnte”.
Der Arbeitskreis Jugend- und Ausbildungsticket des KJR appelliert jedenfalls eindringlich an den Starnberger Kreistag, aber auch an alle anderen Verbundlandkreise, an der gemeinsamen Lösung und ihrem „Ja“ zum 365-Euro-Ticket festzuhalten. Die Verbesserung brauche man jetzt.