Veröffentlicht am 06.11.2019 15:18

Nachhaltigkeit ist, wenn ...


Von red
Susanne Breit-Keßler, frühere Regionalbischöfin und seit Dezember im Ruhestand. (Foto: ELKB Rost)
Susanne Breit-Keßler, frühere Regionalbischöfin und seit Dezember im Ruhestand. (Foto: ELKB Rost)
Susanne Breit-Keßler, frühere Regionalbischöfin und seit Dezember im Ruhestand. (Foto: ELKB Rost)
Susanne Breit-Keßler, frühere Regionalbischöfin und seit Dezember im Ruhestand. (Foto: ELKB Rost)
Susanne Breit-Keßler, frühere Regionalbischöfin und seit Dezember im Ruhestand. (Foto: ELKB Rost)

Es ist der zentrale Satz der Weihnachtsgeschichte: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ Dem Schöpfer der Welt die Ehre zu geben und untereinander Frieden zu halten ist schön. Aber es ist schwierig! Denn man hat alles Mögliche im Kopf, dient unterschiedlichsten Herren und Damen - und will den eigenen Kopf durchsetzen. Gerne mal auf Biegen und Brechen. Dumm nur, dass das andere auch möchten. Es muss also schief gehen - und das tut es auch. Überall.

Die Weihnachtsbotschaft hat dennoch bleibenden Wert. Man kann sich ihr schrittweise annähern - so, dass Frieden möglich wird. Amos Oz, der jüdische Autor, meinte: Es gibt in dem tragischen Fall, in dem jeder Recht hat, nur die Wahl zwischen zwei Modellen – Shakespeare oder Tschechow. Bei Shakespeare liegen alle am Ende tot am Boden und irgendwo über der Bühne schwebt so etwas wie Gerechtigkeit. Bei Tschechow wird ein Kompromiss gefunden, alle sind enttäuscht, unglücklich, verbittert und melancholisch – aber am Leben.Der Kompromiss, so Amos Oz, schmerzt wie die Hölle.

Offen sagen, was weh tut

Aber er ermöglicht Leben und Co-Existenz für beide. In dem Bemühen, Frieden zu schließen, Kompromisse zu finden, ohne dass eine Seite einfach zu kapitulieren hätte, muss Wahrheit sein. Das bedeutet, sich und anderen emotionale Ehrlichkeit zu gestatten, offen zu sagen, was weh tut, was man sich anders wünscht. Zugleich gehört zur privaten und politischen Friedensarbeit, den Verstand einzusetzen, sachlich zu bleiben. Die Balance zwischen Gefühl und Verstand ist nötig.

„Sanctity of life“ ist das Stichwort. Heiligkeit und Unantastbarkeit des Lebens. Das bedeutet, nicht nur selbst recht haben zu wollen, sondern auch die Vorstellungen des Anderen anzuerkennen, zumindest, sich mit seinen oder ihren Werten auseinanderzusetzen. Das kann man, wenn man einen Horizont hat, der über Vorfindliches hinausgeht. Menschen, wenn sie guten Willens sind, haben durchaus die Kraft, Ambivalenzen anzupacken. Die Auseinandersetzung mit dem, was man selbst und was andere für richtig halten, lebenslang zu führen, das macht unvergleichliche Freiheit und Würde aus. Und es wäre ein ziemlich nachhaltiges Weihnachtsfest.

Susanne Breit-Keßler,

Nachhaltigkeitsbotschafterin des Bundesentwicklungsministers und ehemalige Regionalbischöfin

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