KulturGeschichtsPfad-Führer für Giesing-Fasangarten

Giesing · Kultur erleben

Zurecht stolz auf den neuen Stadtteilführer zum »KulturGeschichtsPfad« Horst Walter, die Autorin Karin Pohl und Stadtrat Florian Roth.  	Foto: HH

Zurecht stolz auf den neuen Stadtteilführer zum »KulturGeschichtsPfad« Horst Walter, die Autorin Karin Pohl und Stadtrat Florian Roth. Foto: HH

Giesing · »Knorrig, widerständig und eigensinnig, aber aus München nicht wegzudenken. Was wäre München ohne Giesing?« Am vergangenen Donnerstagabend fand bei der feierlichen Eröffnung des neuen KulturGeschichtsPfades für den Stadtteil Obergiesing-Fasangarten im Kulturzentrum am Giesinger Bahnhof Stadtrat Florian Roth (Grüne) viele schöne Worte für das ganz besondere Viertel.

»Agfa-Park« in Giesing

Denn die KulturGeschichtsPfade vermitteln entlang ausgewählter Stationen eines Viertels ein genaues Bild von dessen historischer Entwicklung. Charakteristische Stätten, bedeutsame Persönlichkeiten und die Lebenswirklichkeiten der dort ansässigen Bevölkerung werden durch dieses Projekt erlebbar und durch eigene Hinweistafeln entlang der Orte und Stationen erkennbar.

Rund 80 Seiten fasst das handliche Nachschlagewerk im DinA-6-Format, das ab sofort in der Außenstelle der Volkshochschule, im Kulturreferat der Stadt (Burgstraße 4), in der Stadtbibliothek an der Schlierseestraße 47 oder im Kulturzentrum am Giesinger Bahnhof kostenlos ausliegt. Ein intensiver Blick in das von der Historikerin Dr. Karin Pohl liebevoll und detailgenau konzipierte Werk lohnt sich schon angesichts der über zwölfhundertjährigen Geschichte Giesings.

Blick zurück

»Was wäre München ohne Giesing?« Diese Frage sei »richtig gestellt«, meinte denn auch Horst Walter. Der SPD-Mann verkörpert selbst, besonders in seiner Doppelfunktion als langjähriger Vorsitzender des örtlichen Bezirksausschusses und Vorsitzender des Vereins der Freunde Giesings, ein stückweit Geschichte dieses bedeutenden Arbeiterstadtteils mit seinen vielen geschichts­trächtigen Fixpunkten. »Wir in Obergiesing-Fasangarten haben immer mit einem weinenden Auge in andere Stadtteile geblickt, die schon einen eigenen KulturGeschichtsPfad hatten«, bemerkte Walter.

Jetzt sei man auch hier »froh«, endlich vom Kulturreferat der Stadt ein solches Werk geschenkt bekommen zu haben. Bereits die Einführung auf den ersten zehn Seiten deutet die wechselvolle Geschichte Giesings an. Von der erstmaligen urkundlichen Erwähnung im ausgehenden 8. Jahrhundert führt die Zeitreise über den Bau der damaligen Dorfkirche Heilig Kreuz um das Jahr 1200 bis in die Giesinger Neuzeit mit der Eingemeindung in die Stadt München im Jahr 1854 oder die Unterteilung in die Stadtbezirke Obergiesing und Untergiesing-Harlaching, die im schließlich im Jahr 1936 erfolgte.

Auch entlang großer Siedlungsprojekte und deren Entstehung wie etwa der Feldmüllersiedlung ab 1840 ist die Identitätsbildung Obergiesings deutlich herauszulesen. Nicht vergessen werden ebenso die politisch dunklen Zeiten beim KulturGeschichtsPfad.

Von Straßenschlachten rund um den Tegernseer Platz und zur Verteidigung der Räterepublik von 1919 kündet das ansprechende Heft ebenso wie von frühen Tendenzen und von der Ausprägung des nationalsozialistischen Terrorregimes gerade auch auf Giesings Höhen. Deutlich vor Augen geführt bekommt der Leser die Geschichte entlang der Spaziergänge durch den Stadtteil. Teil eins führt über den Giesinger Berg durch das »alte Obergiesing« an die für das Leben vor Ort so bedeutenden Schauplätze wie etwa die Lutherkirche, die Icho-Schule oder die Tela-Post zum Kloster der Armen Schulschwestern und weiter über die Heilig-Kreuz-Kirche und Feldmüllersiedlung bis zum Ostfriedhof, zum Städtischen Altenheim St. Martin oder zum Giesinger Bahnhof.

Routenteil zwei führt »von der Walchenseesiedlung zum Fasangarten«. Die Bedeutung des ehemaligen Agfa-Gelände wird ebenfalls thematisiert. Auch beim zweiten »Stadtteilspaziergang« stößt man immer wieder auf Spuren aus der Zeit des Nationalsozialismus: so etwa die Justizvollzugsanstalt Stadelheim, in der viele Regimegegner und Widerstandskämpfer einsaßen und hingerichtet wurden. Am nahen Friedhof etwa liegen die sterblichen Überreste der Geschwister Scholl und anderer Mitstreiter der »Weiße Rose«. Sinnbildlich aber auch die alte Reichszeugmeisterei, nach dem Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern als McGraw-Kaserne umfunktioniert und bekannt geworden. Siedlungsentwicklungen wie entlang der Reichskleinsiedlung am Perlacher Forst, aber auch der Zeitenwandel entlang historischer Straßenzüge und Plätze sind in diesem bemerkenswerten Kulturbeitrag der Stadt sehr lehrreich und gleichermaßen unterhaltsam umgesetzt. Autorin und Historikerin Karin Pohl erhielt viel Lob auch vom Stadtteilkenner Horst Walter. »Sie hat einer Historikerin entsprechend sehr tief geschürft und einen sehr spannenden Stadtteilführer geschaffen«, so Walters Fazit. Harald Hettich

Artikel vom 23.03.2010
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