Verletzung des Postgeheimnisses: Schnell ist es passiert

München · Vorsicht, falsche Post!

In Deutschland wird tagtäglich das Postgeheimnis verletzt. Unabsichtlich zwar, aber dabei handelt es sich dennoch um eine Straftat, die grundsätzlich mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren belegt werden kann. Diese „Straftaten“ werden in deutschen Wohnräumen und in Büros begangen – und das ist schnell passiert. Seinen Anfang nimmt der Vorgang bei der Post. Immer wieder kommt es vor, dass bei der Zustellung Briefe im falschen Briefkasten oder im falschen Postfach landen.

Erwin Nier, Sprecher der Deutschen Post, meint dazu eher lakonisch: „Dieser Fehler passiert manchmal. Er sollte nicht vorkommen, aber ausschließen lässt er sich nicht.“ Der Fehler unterläuft am Ende des Transportweges einer Postsendung, also dem Zusteller. Das Fatale daran ist, dass es dahinter keine Fehlerkontrolle durch die Post geben kann.

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In diesem Zusammenhang spricht Nier von „menschlichem Versagen, das eine Rolle spielen kann“. Fehlerhafte Zustellung ist der Post durchaus anzulasten, eine Verantwortung bei der möglichen unabsichtlichen Verletzung des Postgeheimnisses lehnt die Post jedoch ab. „Jeder Empfänger ist verpflichtet, sich zu vergewissern, dass die Postsendungen, die er öffnet, auch wirklich an ihn adressiert sind“, erklärt Nier. Damit übernimmt der Kunde die letzte Fehlerkontrolle. Doch die Sache hat gleich zwei Haken.

Fall eins: Ein Brief wird falsch zugestellt, der Empfänger öffnet die Post im guten Glauben und stellt erst dann fest, dass die Sendung gar nicht an ihn gerichtet ist. In der Regel leitet er die Post an den richtigen Empfänger weiter oder gibt ihn der Post als Irrläufer zurück. In beiden Fällen muss der tatsächliche Empfänger entscheiden, ob er Klage wegen Verletzung des Briefgeheimnisses erhebt – und zwar gegen die Person, die die Post geöffnet hat. Dabei ist es unerheblich, ob die Post einen Zustellungsfehler gemacht hat. Aber wer schaut schon immer genau darauf, ob eingehende Post wirklich richtig zugestellt wurde? Besonders in Geschäftsbetrieben, wo nicht ein oder zwei, sondern Hunderte Briefe am Tag ankommen. Wer aber keine Scherereien haben möchte, muss sich diese Zeit nehmen.

Fall zwei: In der falsch zugestellten Post ist ein Schreiben mit einer Fristsetzung. Durch die verlängerte Zustelldauer kann es passieren, dass der Empfänger diese Frist versäumt und einen wirtschaftlichen Schaden erleidet, der bei richtiger Zustellung hätte vermieden werden können. Die erste und logische Reaktion: Der Geschädigte wendet sich zum Schadensausgleich an die Post. Die aber wird abwinken. Wenn ein Einschreiben verloren geht, muss die Post den Schaden ersetzen. Bei falscher und in der Folge verspäteter Zustellung aber nicht. „Wer den normalen Postverkehr nutzt, kann im Schadensfall keine überhöhten Regressforderungen stellen“, sagt Nier. Stattdessen empfiehlt er andere Formen des Versands, wie eben das Einschreiben, und verweist auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Deutschen Post, die jeder Kunde mit Aufgabe eines Briefes stillschweigend akzeptiere.

Bei den AGB für den „nationalen Briefversand“ handelt es sich um ein Dokument über zwei DIN A4-Seiten, eng bedruckt. Darin heißt es unter Abschnitt 6, Absatz 2, Haftung: „Die Deutsche Post haftet im Übrigen für Verlust, Beschädigung und die nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Verpflichtungen nur, wenn für bedingungsgerechte Sendungen die in Abschnitt 1 Abs.1 Satz 2 Nr.3 genannten Zusatzleistungen vereinbart wurden. Der Haftungsumfang ist auf den unmittelbaren vertragstypischen Schaden bis zu den Höchstbeträgen gemäß Absatz 3 begrenzt. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt).

Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben ebenso unberührt wie andere gesetzliche Haftungsbegrenzungen oder Haftungsausschlüsse. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2.“ Noch mal zur Erinnerung, weil es jetzt auch schon wieder etwas her ist: Wer einen frankierten Brief bei der Deutschen Post aufgibt, akzeptiert diese und weitere Regelungen, die allesamt in einem aufwendigen und damit rechtssicheren Formaldeutsch geschrieben sind.

Unterm Strich heißt das: Man muss damit leben, dass bei der Deutschen Post eine Sendung mal länger unterwegs ist oder womöglich deshalb verloren geht, weil der falsche Empfänger sich nicht um die Nachsendung kümmert. Deshalb sollte auch niemand sauer sein, wenn er mal keine Antwort bekommt. Vielleicht weiß der Empfänger gar nicht, dass er hätte Post bekommen sollen. Und auf die Post muss man auch nicht sauer sein. Die macht (fast) alles richtig. So steht's ja auch in ihren AGB. cr

Wenn Sie sich trotzdem über die Post ärgern, schildern Sie uns Ihr Problem. Schreiben Sie an Münchner Samstagsblatt, Stichwort: Post, Moosacher Straße 56 – 58, 80809 München. Oder per E-Mail an redaktion@wochenanzeiger.de, Betreff: Post.

Artikel vom 19.11.2009
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