Ergebnis der Diskussion »buntkicken – Integrationsmaschine Straßenfußball«

Haidhausen · Wortgefechte und Erkenntnisse

»buntkicktgut« setzt sich seit 1997 für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund ein.	Foto: VA

»buntkicktgut« setzt sich seit 1997 für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund ein. Foto: VA

Haidhausen · Emotional geladen und sprachlich bewusst sensibel – die Diskussion »buntkicken – Integrationsmaschine Straßenfußball« fand in einer angenehm gespannten Atmosphäre statt. Während das buntkicktgut-Turnier »GASTspiel« am vergangenen Samstag im Hof des Gasteigs von der Integrationskraft des Straßenfußballs zeugte und die Harras Bulls einen für sie nicht ungewohnten Sieg heim trugen, hatten sich tags zuvor die Diskussionsteilnehmer in der Black Box um genau dieses integrative Potenzial gestritten.

Prof. Dieter H. Jütting vom Institut für Sportwissenschaften der Uni Münster versorgte die Teilnehmer in einem Impulsreferat mit kontroversen Thesen. Deutschland sei bunter als man in der Öffentlichkeit wahrnehme. Für die zahlreichen ausländischen Jugendlichen in Deutschland sei der Straßenfußball ein attraktiveres Angebot als der hochschwellige Vereinssport. Beim Fußball könne man lernen, dass es unterschiedliche Körperwahrnehmungen gibt. Zu erfahren, dass für den einen Spieler übliches Fußballgeschehen was für den anderen bereits ein Foul ist, sei Hilfe beim interkulturellen Verständnis. Kicken helfe dabei, seine Emotionen zu beherrschen, soziales Verhalten und kognitive Fähigkeiten zu erlernen. Über den Fußball werde man auch mit wichtigen, sportfremden Informationen versorgt. Fußball werde letztlich nur in einer einzigen Sprache gespielt, denn das Regelwerk beherrsche die Kommunikation auf dem Platz.

Ali Yalpi, Vorstand vom »Bund Türkischer Sportvereine«, Kreis München bemängelte, dass das Wort »Integration« negativ besetzt sei. Die Obrigkeit diktiere den Migranten, was integrativ ist. Für Gül Keskinler, Integrationsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bunds hingegen bedeutet Integration Teilhabe an der Gesellschaft. Sie lenkte das Augenmerk auf das Thema »monoethnische Vereine« und deren spezielle Problematik. Der Vizepräsident des Bayerischen Fußball-Verbands Reinhold Baier bot sowohl monoethnischen als auch interkulturellen Vereinen in den Bereichen Aufklärung, Organisation und Strukturentwicklung Hilfe an. Für Cumali Naz, den Vorsitzenden des Ausländerbeirats München beginnt Integration mit der Sprache. Ob monoethnische oder interkulturelle Vereine, es seien Münchner Vereine. Er plädierte dafür, ausländische Vereine Ernst zu nehmen, sonst käme es zu Parallelgesellschaften. Von buntkicktgut als ersten Preisträger des Integrationspreises »Münchner Lichtblicke« halte er sehr viel. Es sei ein Gewaltpräventionsprojekt.

Rüdiger Heid, Mitbegründer und Projektleiter von buntkicktgut, stellte die Erfolge seiner interkulturellen Straßenfußball-Liga München dar. Nach zwölf Jahren Integrationsarbeit fehle bei buntkicktgut der Konflikt, der jedoch wichtig sei, um faires Sozialverhalten einzuüben. Die Jugendlichen seien wesentlich leichter zu erziehen als deren Eltern. Ali, 19-jähriger buntkicktgut-Teilnehmer erzählte, dass er neben buntkicktgut auch Mitglied eines organisierten Fußballvereins sei. Während im Verein das Training betont werde, komme er beim Straßenfußball auch zum Spielen. buntkicktgut sei außerdem eine Anlaufstelle für Probleme jeder Art. Gül Keskinler erwiderte, dass organisierter Fußball und Straßenfußball nicht in Konkurrenz zueinander stehen.

Das persönliche Resümee aus der Diskussion »buntkicken« sieht Gerd Dembowski darin, dass Straßenfußball die Individualität aufgreife und widerspiegle. Er gab sinngemäß ein Zitat von Kofi Annan wider, demnach Integration vom mathematischen Integral käme. Komme zu einem Ganzen etwas Neues hinzu, verändere sich das Ganze. Prof. Jütting rief am Ende des Abends dazu auf, das Thema »Integration« nicht zu dramatisieren. Menschen organisieren sich nach Ähnlichkeit und Herkunft. Das gelte für Bayern und Franken ebenso wie für Türken und Bosnier.

Artikel vom 17.06.2009
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