Staatsarchivexperten bei Hilfseinsatz für das eingestürzte Kölner Stadtarchiv

Lehel · »Das Archivarherz blutet«

Katharina Lässig (rechts) ist gerade vom Einsatz in Köln zurückgekehrt, Johannes Stoiber und Sabine Müller waren bereits im April vor Ort.	Foto: au

Katharina Lässig (rechts) ist gerade vom Einsatz in Köln zurückgekehrt, Johannes Stoiber und Sabine Müller waren bereits im April vor Ort. Foto: au

Lehel · »Anstrengend, staubig und sehr lehrreich«, so beschreibt Sabine Müller, Auszubildende zur Archivinspektorin, ihre Zeit als freiwillige Helferin in Köln. Gemeinsam mit fünf anderen Auszubildenden und drei Facharchivaren der bayerischen Staatsarchive in der Schönfeldstraße war sie im April in Köln, um dort die Hilfseinsätze für das im März eingestürzte Stadtarchiv zu unterstützen.

Ihre Kollegin, die gelernte Restauratorin Katharina Lässig, ist gerade zurückgekehrt vom Einsatz am Rhein mit einer achtköpfigen Gruppe.

14 freiwillige Helfer hat das bayerische Staatsarchiv bisher schon nach Köln geschickt. »Jeden Morgen um sechs Uhr wurden wir mit einem Bus zu einer Fabrikhalle am Stadtrand von Köln gefahren«, erzählt Müller. »Dort haben wird große Kisten mit geborgenen Archivalien bekommen und von Staub und Dreck befreit und sortiert.« So mussten die nassen Archivalien von den trockenen getrennt werden, damit sie anschließend in eine spezielle Trockenkammer gebracht werden konnten.

Bereits schimmeliges Material hingegen kam zum Einfrieren. »Eigentlich keine allzu schwere Arbeit«, sagt sie. »Anstrengend war nur, dass wir immerzu stehen mussten. Und die Schutzanzüge und Atemmasken, die wir trugen, haben beim Arbeiten gestört.« Wirklich schlimm seien aber die Gedanken gewesen, die den Auszubildenden beim Anblick der zerstörten Dokumente kamen. Müller: »Wenn man diese ganzen alten Urkunden sieht, die jetzt kaputt sind, dann blutet schon das Archivarherz.« Trotz solch deprimierenden Eindrücken, habe die Arbeit aber auch Spaß gemacht, erzählt der Azubi Johannes Stoiber, der ebenfalls in Köln war. »Die Stimmung unter den Helfern war sehr kollegial. Da konnte man sich auch mal richtig gut austauschen und ein bisschen fachsimpeln«. Denn der Beruf des Archivars sei eher selten, Gleichgesinnte seien daher schwer zu finden. »So konnten wir aus dem Einsatz viel Lehrreiches mitnehmen«, erzählt er.

Das sei auch mit ein Grund für den Hilfseinsatz gewesen, so Christa Schmeißer, Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns. Denn obwohl natürlich die Solidarität mit den Kölner Kollegen im Vordergrund stehe, gebe es einen weiteren wichtigen Aspekt bei der Hilfe. »Die Helfer gewinnen vor Ort wichtige Erkenntnisse über die Folgen einer solchen Katastrophe und den Ablauf der Rettungseinsätze«, so Schmeißer. Diese Erfahrung könne dann auch in die Notfallplanung der bayerischen Archive einfließen.

Die seien aber nicht solchen Risiken wie in Köln ausgesetzt, etwa wegen des anderen Bodens und derzeit keinerlei unterirdischen Großbaustellen in der Nähe der Sammlungen, so das Kulturreferat jetzt am 27. Mai auf eine Anfrage der CSU-Stadträte Hans Podiuk, Richard Quaas und Josef Schmid. Unter dem Eindruck der Ereignisse in Köln prüfe München die Sicherheitslage in den Münchner Museen und Archiven. Dabei spielten Fragen der vorbeugenden Sicherheit, eventuellen Risiken und der Versicherung im Schadensfall eine Rolle. Die helfe aber nicht bei zerstörten Objekten: Gerade in stadtgeschichtlichen Museen und Sammlungen gehe es um den historischen Kontext der Objekte, nicht deren Kunstwert. Sara Austen

Artikel vom 09.06.2009
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