Nie mehr allein: Neue Lebensfreude für Witwen und Witwer

Harlaching · Gemeinsam statt einsam

Der Engel 2008 der Harlachinger Rundschau ist Brigitte Doll, die einen Witwenstammtisch gründete. Vorgeschlagen hat sie Manfred Kornprobst.  Foto: hw

Der Engel 2008 der Harlachinger Rundschau ist Brigitte Doll, die einen Witwenstammtisch gründete. Vorgeschlagen hat sie Manfred Kornprobst. Foto: hw

Harlaching · In diesem Jahr heißt der Weihnachtsengel der Harlachinger Rundschau Brigitte Doll. Unter den zahlreichen Einsendungen haben wir uns für die Harlachingerin entschieden, weil sie mit ihrem Engagement vielen Frauen und ein paar Männern neuen Lebensmut in einer schwierigen Lebenssituation gegeben hat.

»Die Idee einen Witwen- und Witwerstammtisch zu gründen, kam mir vor rund vier Jahren, als ich nachts nicht schlafen konnte«, erinnerte sich Brigitte Doll, die vor sieben Jahren ihren Mann verlor. Nach der ersten Phase der Trauer und des Rückzugs empfahl ihr ihr Arzt, sich wieder mehr dem Leben zuzuwenden und sie suchte Anschluss an einen Freizeittreff, in dem sie aber nie richtig heimisch wurde. »Menschen, die ihren Partner verloren haben, sind anders, ernster, manchen Dingen gegenüber aber auch entspannter, denn über Kleinigkeiten mag man sich einfach nicht mehr aufregen«, erklärt Brigitte Doll.

So entstand eines Nachts die Idee einen ganz speziellen Stammtisch zu gründen, einen Treffpunkt, wo Gleichgesinnte miteinander etwas unternehmen können. »Ich wollte keine Trauergruppe aufmachen, sondern bewusst eine Gruppe, in der man miteinander fröhliche Stunden erleben kann, ein Stück weit zurück ins Leben findet«, erinnert sich die 53-Jährige. Denn mit dem Tod des Partners bleibt meistens nicht nur die Seite im Ehebett leer, sondern ändert sich nicht selten auch der Bekanntenkreis, selbst wenn man sich jahrelang vorher kannte. Zum einen haben viele Menschen Berührungsängste mit den Themen Tod und Trauer, zum anderen fürchten manche Frauen, dass man ihnen den Partner wegnehmen könnte, erklärt die engagierte Frau.

Zum ersten Stammtisch, den sie mit viel Herzklopfen organisiert hatte, kamen sechs Frauen, mittlerweile zählt der Verein 26 Mitglieder, drei davon sind Männer. Das Alter der Teilnehmer liegt zwischen 50 und 65 Jahren. Auch wenn sich in den letzten Jahren ein Pärchen unter den Teilnehmern fand, das sogar geheiratet hat, ist der Stammtisch keine Partnerbörse und will sich auch nicht so verstanden wissen, betont die unternehmungslustige Harlachingerin.

Das Besondere an dem Stammtisch ist der geschützte Rahmen, in dem die Mitglieder miteinander über den Verlust ihres Partners reden können, ohne sich erklären zu müssen, wo sie traurig sein dürfen und sich niemand seiner Tränen schämen muss. »Man trifft auf Verständnis, weil alle dasselbe durchgemacht haben«, erläutert Manfred Kornprobst, der im Namen seiner Vereinsmitglieder Brigitte Doll vorgeschlagen hat. Er gehört zu den wenigen Witwern, die ihren Weg zum Stammtisch gefunden haben. »Männer sind einfach schüchterner als man oft glaubt«, erklärt der Witwer schmunzelnd. Mit den Treffen, die alle 14 Tage stattfinden, ist für viele der Teilnehmer wieder die Lebensfreude zurück ins Leben gekehrt, denn sie haben auch untereinander Freundschaft geschlossen, fahren teilweise gemeinsam in den Urlaub, besuchen Konzerte und Ausstellungen oder trinken einfach mal gemeinsam eine Tasse Kaffee, weiß Brigitte Doll zu berichten. Mit viel Liebe bereitet die Stammtisch-Begründerin die Ausflüge und Fahrten vor, so waren sie beispielsweise bereits auf der Blumeninsel Mainau, in Augsburg oder im Theater. Unternehmungen, die allein einfach keinen Spaß machen.

Dank des Witwen- und Witwerstammtisches muss das auch keiner mehr sein. Wer ebenfalls als Witwer oder Witwe Anschluss sucht, kann zum nächsten Stammtisch am Donnerstag, 15. Januar, in der Gaststätte Bavaria in der Bayerstraße 81 kommen. Wer mehr über das Miteinander der Gruppe erfahren möchte, erreicht Brigitte Doll unter Telefon 64 07 72. Allein sein war gestern, ist das Motto der Gruppe, die gerne noch Mitglieder im Alter zwischen 50 und 65 Jahren aufnimmt.

Heike Woschée

Artikel vom 23.12.2008
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