Boulespielen im Hofgarten: Eine entspannende französische Tradition

Altstadt-Lehel · Als Erstes fliegt die Sau

Nah dran an der »Sau«: Täglich treffen sich derzeit die Mitglieder der Münchner Kugelwurfunion im Hofgarten – auf ein Spiel und einen Ratsch.Foto: seb

Nah dran an der »Sau«: Täglich treffen sich derzeit die Mitglieder der Münchner Kugelwurfunion im Hofgarten – auf ein Spiel und einen Ratsch.Foto: seb

Altstadt-Lehel · »Erst neulich hat einer geschossen und die Sau falsch getroffen. Daraufhin hat sie eine wahnsinnige Wucht bekommen – und ist einem anderen an die Schläfe geknallt.« Was Guido Krzikowski erzählt, ist keine Szene aus einem Schlachthof-Krimi: Er spricht von einem Versicherungsfall des einzigen Boule-Vereins Münchens, der 1. Münchner Kugelwurfunion »Pétanque Munichoise«.

Fast täglich treffen sich deren Mitglieder derzeit zum entspannten Kugelsport im Münchner Hofgarten; Unfälle wie oben beschrieben sind zum Glück selten.

Die »Sau«, auch Cochonet genannt, ist ein Holzball. Dieser wird aus einer Entfernung von sechs bis zehn Metern mit 700 Gramm schweren Metallkugeln beschubst oder beworfen. Einer der Gründe, warum die Kugelwurfunion gegründet wurde, sind übrigens die potenziellen Gefahren des öffentlichen Boule-Spiels, wie Vereins-Sprecher Krzikowski sagt: die Mitglieder sind nun im Falle einer »fliegenden Sau« versichert. Jährlicher Höhepunkt des Boule-Sports in München ist übrigens das sogenannte Hofgartenturnier: Am 12. und 13. Juli werden Spieler aus ganz Europa auf den Spielplätzen des Renaissance-Gartens einige »Sauen« bewerfen. Das Hofgartenturnier gehört zu den größten Pétanque-Veranstaltungen weltweit.

Finanzielle Unterstützung von Seiten der Stadt München gibt es hierfür keine, »auch unterbindet sie an den zwei Turniertagen jegliche Werbung innerhalb der Hofgartenmauern«, so Krzikowski. Vor 23 Jahren wurde die Münchner Kugelwurfunion ins Vereinsregister aufgenommen. Mitglieder sind junge wie alte Menschen, sie alle feiern den Sommer hindurch Siege und Niederlagen im Hofgarten – mal auf Deutsch, mal auf Französisch.

Etwa vierzig Spieler waren am vergangenen Sonntagnachmittag im Renaissance-Garten in der Nähe des Odeonsplatzes, dem öffentlichen Vereinstreffpunkt. »Normalerweise ist viel mehr los«, sagt Vereinsmitglied Peter Vögele. Pétanque ist die gängigste Spielvariante des Boule-Sports, der 65-Jährige aber nimmt das alles nicht so ernst: Er verspricht sich vom Spiel vor allem Entspannung und frische Luft. »Dazu aber muss ich nicht an Turnieren teilnehmen. Ich pflege hier meine sozialen Kontakte und spiele zum Spaß und nicht, um zu gewinnen«, sagt Vögele. Der ehemalige Gymnasiallehrer ist vor etwa 20 Jahren nach Frankreich gefahren, um in der Geburtsstätte des Pétanque von den Großen zu lernen. »Ich habe aber schnell festgestellt, dass dort der Faktor Spaß wenig Relevanz hat. Dort spielt man um Geld oder Wein.«

Krzikowski hingegen hat einen eisernen Blick und eine ruhige Hand, wenn der entscheidende »Schuss« bevorsteht. Doch auch er sieht Boule als Ausgleich zum Alltag. Nebenbei kümmert er sich auch um die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins: »Ich wünsche mir ein noch größeres Altersspektrum im Hofgarten, will also sowohl Jugendliche als auch ältere Menschen für den Kugelsport begeistern. Zudem suche ich Sponsoren, die in der Wintersaison eine Boule-Halle mitfinanzieren.« In einer Halle könnten die eisigen Wintermonate überbrückt werden – allerdings, dessen ist sich der Boule-Spieler bewusst, wird sie nicht das französische Flair eines sonnigen Sonntagnachmittags im Hofgarten ersetzen können. Sebastian Bolenius

Artikel vom 10.06.2008
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