Die Planung zur zweiten S-Bahnstammstrecke erhitzt weiterhin die Gemüter

Haidhausen · Ein Zug nach nirgendwo?

Haidhausen · »Es fährt ein Zug nach nirgendwo« – das denken sich wahrscheinlich derzeit viele Haidhauser. Denn beim Thema 2. S-Bahnstammstrecke sind immer noch viele Fragen offen. Auch der Bezirksausschuss Au-Haidhausen (BA 5) fühlt sich nicht ausreichend über die Planungen informiert und lud deshalb Albert Scheller von der DB-ProjektBau GmbH, die für die Realisierung der zweiten Strecke zuständig ist, am Mittwoch, 9. April, zu einer Sondersitzung ins Baureferat ein.

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»Die alten Pläne sind für die Mülltonne, es muss neu koordiniert und geplant werden. Vor allem aber müssen die Informationen für alle transparenter werden«, forderte die BA-Vorsitzende Adelheid Dietz-Will (SPD) eindringlich. Zwischen ihr und Scheller war es schon in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen gekommen, denn die Vorsitzende wünscht sich einen regeren Informationsaustausch, so wie es auch mit den Kollegen des U-Bahnbaus funktioniert habe.

Scheller erläuterte zwar ausführlich den aktuellen Planungsstand, konnte aber zu den wenigsten Fragen der anwesenden Bürger Stellung beziehen. So soll es nun statt eines Tunnels unter der Kirchenstraße eine Röhre unter der Wörthstraße und dem Orleansplatz geben. Zwei neue Brennpunkte also – und Anwohner und Ladenbetreiber sind ganz und gar nicht »positiv gestimmt gegenüber dem neuen Projekt«, so der Eindruck von Scheller.

Dass er mit seinem Eindruck recht hat, beweist der Verein »Bürgerinitiative S-Bahn-Tunnel Haidhausen«. Um Präsenz zu zeigen war der Raum auch bis auf den letzten Platz besetzt und Scheller wurde mit Fragen nur so bombardiert. Vor allem die geänderte Streckenführung ließ viele Fragen offen: Warum gab es überhaupt eine Routenänderung und wie lange müssen die Anwohner mit einer offenen Baugrube vor ihren Häusern leben, waren die häufigsten Befürchtungen. Scheller versuchte die Haidhauser zu besänftigen nicht aber ohne darauf hinzuweisen, dass es »sicherlich für den ein oder anderen durch die zweite Stammstrecke schlechter, für viele doch aber hoffentlich besser werden würde.«

Die nun vorgesehene »bergmännische Bauweise« biete Vorteile für den Bau, da sich der Bagger in großen Tiefen durch den Untergrund bohren kann. So müsse der Schutt nur an einer Stelle an die Oberfläche transportiert werden. Dass es dadurch aber zu weniger Erschütterungen und Lärmbelästigungen kommen soll, glauben die Bürger nicht. Anwohnerin und Ladenbesitzerin Eva Haslberger brachte es auf den Punkt: »Wie soll man die rund sechs Jahre Bauzeit überleben?« Scheller blieb eine klare Antwort schuldig: »Ich bin kein Prophet und die Planungen ändern sich immer wieder. Deshalb kann ich nicht konkreter werden.«

Erst im Juni werde es einen neuen Planungsstand und neue Informationen geben. Wann man mit den Bauarbeiten beginnen kann, wieviele Lkw pro Tag durch die Haidhauser Straßen rumpeln werden und ob die beiden geplanten Bauphasen gleichzeitig realisiert werden können, steht also noch in den Sternen. »Wir können nur die Gesamtkosten auf etwa 1,6 Milliarden Euro beziffern«, sagt Scheller. Er könne sich aber vorstellen, dass die erste Bauphase, die sich vom Ostbahnhof bis zum Marienhof erstrecken wird, zwischen den Jahren 2010 und 2016 realisiert werden könnte. Die zweite Baustufe vom Marienhof bis nach Laim würde sich dann von 2016 bis ins Jahr 2025 ziehen. »Das ist aber alles noch unsicher. Wenn genügend Geld vom Bund da ist, könnten beide Phasen gleichzeitig entstehen. Andernfalls müssten die Baustufen nacheinander realisiert werden«, meint er.

Das alles stimmte die anwesenden Bürger gar nicht zufrieden und auch Dietz-Will zeigte sich gegenüber Schellers Ausführungen skeptisch. Denn die Öffentlichkeitsphase, in der dann auch die Bürger während vier Wochen ihre Meinung zu den Planungen abgeben können, sei »vielleicht Anfang 2009 möglich«, mutmaßte Scheller.

»Man muss früher mit den Einzelhändlern ins Gespräch gehen. Noch vor der Auslegung der Pläne. Wir werden Einwohnerversammlungen und Bürgerversammlungen abhalten«, machte Dietz-Will unmissverständlich klar. Die BA-Mitglieder zeigten sich zudem mit den Standorten der geplanten Rettungsschächte unzufrieden. So soll der Rettungsschacht an der Kobellwiese den angrenzenden Sportplatz nicht tangieren. Die Bürger forderten vor allem ein Betriebskonzept, das Auskunft über die zukünftige Taktung und die genauen Linien geben soll.

»Das ist nicht unser Planungsgebiet. Dafür ist die Bayerische Eisenbahn Gesellschaft zuständig«, gibt Scheller die Verantwortung ab. Aber auch hier könne er sich nicht vorstellen, dass man schon Auskünfte geben könne. Denn immerhin handle es sich ja um ein Konzept für das Jahr 2022. »Soweit vorausplanen kann man nicht«, meint Scheller.

Damit bleiben auch nach der Sondersitzung viele Fragen offen. Die einzige Erkenntnis die der Abend brachte: So richtig Bescheid weiß keiner.

K. Schubert

Artikel vom 15.04.2008
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