Es gibt eine Riesenauswahl an Post-Wertzeichen, bloß: der Kunde hat nichts davon

Das Ende der Briefmarke?

Eine Liebe zum Lecken: Viele Menschen pappen gerne schöne Marken auf ihre Briefe. Leider aber haben sie an den Schaltern meist keine große Auswahl mehr an den gezackten Wertzeichen.

Eine Liebe zum Lecken: Viele Menschen pappen gerne schöne Marken auf ihre Briefe. Leider aber haben sie an den Schaltern meist keine große Auswahl mehr an den gezackten Wertzeichen.

Immer einfacher, billiger und schneller funktioniert die Sache mit der elektronischen Post: Der Absender schreibt einen Text, und im nächsten Moment – klick! – landet er via Internet auf dem Bildschirm des Empfängers. Die Sache mit dem Briefeschreiben indes wird nicht gerade attraktiver: Während man seine elektronische Post mit verschiedensten Schnörkeln verzieren kann, gibt es an den Schaltern der Deutschen Post kaum mehr Auswahl an Briefmarken – und die wenig verbleibenden Motive soll man noch dazu gleich im Zehnerpack kaufen.

An sich ist Vielfalt an Post-Wertzeichen keineswegs rückläufig, rechnet Michael Burzan, Sprecher des Bundesverbands des Deutschen Briefmarkenhandels (BVDB) vor: Rund 55 verschiedene Briefmarken gibt das Bundesfinanzministerium pro Jahr heraus – ebenso viele wie die Jahre zuvor. Bloß: diese bestechende Vielfalt wird nicht mehr an den Post-Kunden weiter gegeben, der am Schalter oft nur zwischen ein oder zwei verschiedenen Motiven wählen kann. „Die Postfilialen sind oftmals zu faul, um sämtliche neue Marken zu bestellen“, vermutet Burzan. „Es macht Arbeit. Der Aufwand lohnt sich anscheinend nicht für die wenigen Cent, die jede Marke einbringt.“ Besonders ärgerlich sei es, so Burzan, wenn man in einer Filiale nicht einmal die Briefmarke bekommt, auf der ein Kunstwerk aus dem heimischen Museum abgebildet ist.

Erwin Nier, Sprecher der Post in München, relativiert dies: „Am Ausgabetag sind alle neuen Marken in jeder Postfiliale erhältlich“, sagt er, räumt aber ein, dass diese Auswahl keinen Bestand hat. Aber: „Wer eine bestimmte Marke will, kann diese bei der Philatelie-Niederlassung in Weiden bestellen.“

Burzan gibt sich damit nicht zufrieden. Er sitzt im Kunstbeirat, der im Bundesfinanzministerium über die verschiedenen Markenentwürfe berät, bevor der Finanzminister endgültig über das Motiv entscheidet. „Ich bin enttäuscht, dass die Vielfalt an sorgfältig ausgesuchten Briefmarken nicht beim Kunden ankommt. Denn der normale Kunde ruft in der Regel nicht in der Zentrale an, um seine Marken zu bekommen – in seiner Filiale will er sie kaufen!“

Der BVDB-Sprecher bedauert auch, dass einzelne Briefmarken in kleineren Postfilialen gar nicht mehr, in größeren Filialen nur mehr an einem einzigen Schalter verkauft werden: Sie werden meist nur noch in Zehnerpackungen ausgegeben. Post-Sprecher Nier hierzu: „Einzelne Marken kann der Kunde nach wie vor am Automaten kaufen. Außerdem sehe ich kein Problem darin, wenn er sie im Zehnerbogen besorgt: Er kauft ja beispielsweise auch Zucker in einer großen Packung, obwohl er zum Frühstück nur zwei Teelöffel davon in den Kaffee rührt.“

Für Burzan ist das kein Argument. Er ruft dazu auf, sich über die mangelnde Flexibilität der Post in Sachen Briefmarkenverkauf zu beschweren: „Wenn die Post-Kunden in der Filiale sagen, dass sie gerne mehr Auswahl hätten – dann verbessert sich der Service vielleicht.“ Und spätestens mit dem kommenden Wegfall des Post-Monopols bei der Briefzustellung rechnet er wieder mit einem besseren Service: „Konkurrenz belebt das Geschäft.“ Aber sollte auch dann die Auswahl klein bleiben und die Marken nur im Zehnerpack abgeboten werden, dann wäre es nicht verwunderlich, wenn E-Mailen und SMS-Tippen das Briefeschreiben endgültig ablösen. Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 02.02.2006
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