Ein Papstring im Museum?

Kunstwerk des Monats im Bayerischen Nationalmuseum

Kunstwerk des Monats April: Legatenring, um 1450, Bronze, vergoldet. Foto: © Bayerisches Nationalmuseum

Kunstwerk des Monats April: Legatenring, um 1450, Bronze, vergoldet. Foto: © Bayerisches Nationalmuseum

Lehel · Das »Kunstwerk des Monats« im April im Bayerischen Nationalmuseum, Prinzregentenstraße 3, ist ein »Papstring«. Öffentliche Führungen zum Kunstwerk des Monats mit Dr. des. Fabian Pius Huber finden statt am Sonntag, 8. April, 11 Uhr, und Donnerstag, 26. April, 18 Uhr.

Wenn man von einem Papstring spricht, meint man damit normalerweise den sogenannten Fischerring. Dieser wurde bis 1843 als päpstlicher Siegelring benutzt. Heute dient er nur noch als Amtszeichen und wird nach dem Tod eines Papstes unbrauchbar gemacht. Er besteht aus massivem Gold und zeigt neben dem Papstnamen den Apostelfürsten Petrus beim Einholen der Netze auf dem See Genezareth.

Gänzlich anders verhält es sich mit dem »Papstring« im Bayerischen Nationalmuseum. Er wurde aus vergoldeter Bronze geschaffen und ist dabei so groß und schwer, dass er nicht an der Hand getragen werden kann. Der erst in späterer Zeit mit Hilfe eines Stücks Elfenbein eingepasste Glasstein ist mit roter Folie und einem eingeschnittenen Kreuz versehen. Verziert ist der Ring mit den Schlüsseln Petri für die geistliche Gewalt über Himmel und Hölle, der dreistufigen Papstkrone für die weltliche Gewalt über Fürsten und Könige sowie den Symbolen der vier Evangelisten als Garanten der Wahrheit dieses päpstlichen Anspruchs.

Doch warum wurde die päpstliche Vollmacht auf einem untragbaren Bronzering verkündet?

Hier verbirgt sich schon der erste Hinweis: es ging nicht um Wert oder Funktion, sondern um Sichtbarkeit. Den zweiten Hinweis liefert die Entstehungszeit um 1450: diese war noch immer von der Erfahrung der Spaltung in ein römisches und ein avignonesisches Papsttum geprägt (1378-1417). Gerade die danach regierenden Päpste wie Eugen IV. (reg. 1431-1447) versuchten, ihren Anspruch durch die Etablierung eines internationalen Gesandtenwesens zu festigen. Den höchsten Rang unter den Gesandten hatten die Legaten a latere. Sie wurden auf zeitlich und örtlich beschränkte Reisen geschickt, um als »Alter Ego« den Papst in Amt und Würden zu vertreten.

So findet sich auch im Nachlass von Francesco Kardinal Gonzaga d.Ä. (1444-1483) ein »Ring aus vergoldeter Bronze mit einem falschen Rubin und dem Wappen von Papst Paul (II.).« Es liegt also nahe, dass solch ein Ring als Zeichen päpstlicher Vollmacht mit auf die Reise genommen und am Ziel übergeben oder zumindest gut sichtbar präsentiert wurde. Möglicherweise gelangte das ausgestellte Stück aus einem bayerischen Kloster mit der Säkularisation in den Besitz der Wittelsbacher und von diesen dann später ins Bayerische Nationalmuseum.

Artikel vom 02.04.2018
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