In Sachen Umwelt

Anton Euringer hat seinen Beruf zum Hobby gemacht

Anton Euringer, jetzt gefragter Vortragsreisender in Sachen Naturschutz im Kreis Erding, prangert an und lobt, ziemlich gleichmäßig verteilt.	Foto: kw

Anton Euringer, jetzt gefragter Vortragsreisender in Sachen Naturschutz im Kreis Erding, prangert an und lobt, ziemlich gleichmäßig verteilt. Foto: kw

Erding/Kreis Erding · Er ist Vortragsreisender der alten Schule, baut liebevoll seinen Diaprojektor auf, steckt das klassische Rund-Magazin drauf, muss auf einen ziemlich verdunkelten Raum achten, baut sich mit der Fernbedienung für den Diaprojektor neben der Leinwand auf und entschuldigt sich dann lächelnd für seine vergleichsweise antiquierte Ausrüstung:

Anton Euringer hätte jetzt eigentlich Zeit, seinen gewaltigen Bilderschatz zu digitalisieren, wenn er nicht als Referent so gefragt wäre und diese Bilder ständig herzeigen müsste. Er ist als Leiter der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Erding erst vor wenigen Monaten in den Ruhestand gegangen, und für ihn gilt der klassische Rentnergruß: »Hab keine Zeit!«

Er ist selbst schuld, ein Stück weit, denn der dumme Spruch »Dummheit schafft Freizeit« gilt eben auch im Umkehrschluss und Euringer ist geradezu unglaublich kompetent, was seine Gastgeber zu schätzen wissen – und seine Freizeit empfindlich einschränkt. »Der Landkreis Erding ist schön rund«, erzählt er fröhlich, und dann fängt er an, dieses tatsächlich harmonisch aussehende Gebilde in Teile zu zergliedern: Vier völlig unterschiedliche Naturräume, vom Erdinger Holzland über die Schotterebene, das Moränengebiet im Süden bis zu den Isarauen auf der gegenüberliegenden Seite.

Er stellt Zusammenhänge her zeigt den dramatischen Rückgang bei vielen Arten auf, lässt aber den moralischen Zeigefinger weg. Euringer findet lobende Worte für das Ausgleichsflächenmanagement des Flughafens und kann im nächsten Augenblick die Brutalität vor Augen führen, mit der gerade hier die Landschaft zube­toniert worden ist. Er kann Bilder von »wunderschönen Landschaften« (zum Beispiel bei St. Koloman) zeigen, um im nächsten Bild krasse Gegenbeispiele zu präsentieren. Er schafft ein Wechselbad der Gefühle auf diese Weise, entlockt seinen Zuhörern mal ein erstauntes »Oh«, mal entsetzte Zwischenrufe. Und immer wieder ist seine Botschaft eindeutig: »Es muss Vielfalt herrschen!«

Seine Zahlen über den Rückgang bei Insekten sind beängstigend, aber er schafft auch immer wieder, Depressionen zu vermeiden, indem er ermutigende Aktionen vorstellt. Beispiel: Drei Viertel aller Dorfweiher in Bayern seien verschwunden, da dürfe man sich über den Rückgang bei Insekten nicht wundern. Und dann zeigt er, wie bei Fraunberg ein Dorfweiher quasi wiederbelebt worden ist, dass es also auch anders geht.

Oder er führt eine gewaltige Betonröhre vor und sagt dazu: »Ein verrohrtes Gewässer ist ein totes Gewässer.« Und dann berichtet er von Kommunen, die mitten im Ort verrohrte Gewässer wieder öffnen. Der Biber gehört zu den umstrittensten Tierarten im Kreis, und auch Euringer ist von den Nagern nicht ausschließlich begeistert, zeigt Bilder aus den Isarauen bei Gaden ganz an der Kreisgrenze: »Da ist der Lungenenzian gewachsen, eine Rote-Liste-Art. Hat der Biber alles ersäuft.« Zielkonflikte dieser Art verschweigt er keineswegs, und das macht ihn für Umweltschutzverbände wie für Kommunalpolitiker zu einem gefragten Ansprechpartner, was dann wieder zu seinem knappen Zeitbudget führen kann.

Ob es das wert ist, wenn Anton Euringer damit die Menschen erreicht und vielleicht den einen oder anderen Schalter im Kopf umlegen kann, muss er selbst entscheiden. Aber so lange er diese Aufgabe auf sich nimmt, scheint er von der Sinnhaftigkeit seiner Mission überzeugt und bei seinem Publikum kommt er sowieso an. kw

Artikel vom 23.02.2018
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