Strategie & Technik

Schachkurs für Kinder & Jugendliche startet am 6. März beim PSV München e.V.

Richard Holzberger veranstaltet beim PSV München e.V. einen dreimonatigen Schachkurs. Hier ist er im Gespräch mit Schachgroßmeister Stefan Kindermann (r.).	Foto: Privat

Richard Holzberger veranstaltet beim PSV München e.V. einen dreimonatigen Schachkurs. Hier ist er im Gespräch mit Schachgroßmeister Stefan Kindermann (r.). Foto: Privat

Moosach · »Schach ist alles: Kunst, Wissenschaft und Sport«, erklärte der Schachgroßmeister und WM-Gewinner Anatoli Karpow.

Und weil das auch andere Schachspieler ebenfalls so sehen, soll nun die Schachabteilung des PSV München e.V. wieder aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden, in dem sie in den letzten Jahrzehnten ruhte.

Zu diesem Zweck wird ab dem 6. März ein dreimonatiger Schachkurs für Kinder und Jugendliche (immer dienstags von 16 bis 18 Uhr) und ein Spieleabend für Erwachsene (19.30 bis 21.30) angeboten.

Der Initiator Richard Holzberger erklärt dazu: »Wir haben die Zeit für die Jugendlichen so eingerichtet, dass auch die Kinder am Schachkurs teilnehmen können, die beispielsweise Fußball spielen oder Leichtathletik machen. Das Besondere wird darüber hinaus sein, dass schachinteressierte Eltern auch teilnehmen können und wir zusammen trainieren.«

Das Ziel des Schachkurses ist es Schach in Moosach wieder zu verbreiten und Mitglieder für die Neugründung der Schachabteilung beim PSV Moosach zu werben.

Der Leistungsgedanke steht dabei weder bei den Kindern noch bei den Erwachsenen im Vordergrund. Auch interessierte Trainer und Übungsleiter sind aufgerufen beim Aufbau der Schachabteilung mitzuwirken. Eine Anmeldung zum Schachtraining ist möglich unter Tel. 149 40 61 oder aber über das Kontaktformular: www.psv-muenchen.de/sportarten/kids-im-psv/kontakt

Die Teilnahme am Schachkurs ist für alle ab sechs Jahren möglich, eine Gastmitgliedschaft beim PSV Moosach ist erforderlich. Der Kurs kostet lediglich 30 Euro. Um die Schönheiten und die Bedeutsamkeit des »Spiels der Könige« besser hervorzuheben hat Richard Holzberger ein Interview mit dem Münchner Schachgroßmeister Stefan Kindermann geführt.

Richard Holzberger: Für alle, die dich nicht kennen, du bist ein Münchner Schachgroßmeister mit vielen Erfolgen in der Vergangenheit (Qualifikation für eine Weltmeisterschaft, acht Teilnahmen an Schacholympiaden, Nationale Meisterschaften usw.) mit aktueller Bundesligapräsenz, bist Autor vieler Schachbücher, Mitbegründer der Schachakademie und der Schachstiftung. In welcher Reihenfolge dieser Rollen/Tätigkeiten würdest du dein Engagement für Schach sehen?

Stefan Kindermann: Es sind mehrere Funktionen parallel, die ich da ausfülle: Ich bin Geschäftsführer der 2007 gegründeten Münchener Schachakademie, für die Schachstiftung engagiere ich mich beim Fundraising und bei der Projektentwicklung (800 Kinder/Jugendliche und 100 Senioren) und ich habe das Strategiemodell Königsplan zusammen mit Prof. Robert von Weiszäcker und Dijana Dengler entwickelt. (www.koenigsplan.com) Seit 20 Jahren beschäftige ich mich damit, wie man die besten Strategien aus dem Schach ins Management übertragen kann, halte dazu Impulsvorträge und gebe Seminare und Workshops für Führungskräfte. Daneben veröffentliche ich Bücher und DVDs zu Schachthemen und spiele für MSA Zugzwang in der Bundesliga.

Richard Holzberger: Vor einem halben Jahr habe ich mich bei der Schachakademie als Schachlehrer beworben. Du hast mich damals mit der Info überrascht, dass du in Gern aufgewachsen bist, und dass du deine Schachkarriere mit zwölf Jahren beim PSV begonnen hast. Du bist also ein echter PSV-ler. Fallen Dir einige Anekdoten aus dieser Zeit ein?

Stefan Kindermann: Bei der ersten oder zweiten Turnierschachpartie herrschte damals noch kein Rauchverbot. Ich habe gegen einen Pfeifenraucher gespielt, je schlechter seine Stellung gegen mich als kleinen Jungen wurde, desto mehr hüllte sich das Schachbrett in Rauch, sodass buchstäblich die Figuren verschwanden, was ihm aber letzten Endes auch nichts half. Damals, Anfang der 70-er Jahre haben wir in der Gaststätte (heute Moosacher Paradies) nebenan trainiert und gespielt, Jugendleiter war Herr Zimmermann, er betreute nachmittags eine Schachjugendgruppe und abends fand der Spieleabend statt.

Richard Holzberger: Zur Gesamtsituation von München und Schach kann man sagen, dass es wesentliche Unterschiede zum Beispiel zu Hamburg gibt, wo der »allmächtige« Schachverein (Hamburger SK mit 27 Mannschaften) die Arbeit auch an Schulen übernimmt und die Schulschachturniere (Alsteruferturnier) mit tausenden Teilnehmern legendär sind.

Stefan Kindermann: Der Unterschied zu Hamburg ist, dass dort auch die öffentliche Hand an der Schachförderung beteiligt ist. Dieter Reiter ist Schirmherr der Schachstiftung, es gibt aber in München keine finanzielle Unterstützung von der Stadt, obwohl wir Träger freier Jugendhilfe sind. Die Unterstützung wäre vor allem im Ganztagesbereich sinnvoll.

Richard Holzberger: Hier in München haben sich im Gegenzug einige Schachvereine und Schachabteilungen von Gesamtvereinen in der Vergangenheit aufgelöst. Die Schachabteilung des PSV kennt man nur noch aus Erzählungen.

Stefan Kindermann: Das traditionelle Vereinsleben hat nicht nur im Schach nicht mehr ganz dem Zeitgeist entsprochen, das klassische Vereinsleben geht allgemein unter Jugendlichen zurück. Schachvereine sind aber für die Jugendlichen wichtig, wobei die Frage sich stellt, wie sie sich zeitgemäßer aufstellen können. Man könnte die digitalen Medien einbeziehen, es gibt tolle Übertragungen z.B. von Schachpartien im Internet, Kinder könnten wie im Fußball auch ihre Idole im Schach finden.

Die ursprüngliche Idee beim MSA Zugzwang war, dass Kindern der Schachakademie, die an Ferienkursen teilnahmen, die Möglichkeit geboten werden sollte, Schach auch als Sport betreiben zu können. Daneben sollten alle Gesellschafter der Schachakademie zusammen mit den Schachspielern von Zugzwang eine Erwachsenenmannschaft bilden. Zu der Zeit hatte Zugzwang einen schwachen Landesligaverein, mittlerweile sind wir in der Bundesliga präsent.

Richard Holzberger: Der nächste Schachverein mit Jugendarbeit ist aus dem Nordwesten Münchens nicht leicht erreichbar. Auf der anderen Seite gibt es die Schach-AGs (Schachakademie, Schachstiftung und Deutsche Schachstiftung) und Schachunterricht an manchen Schulen. Das Angebot ist sehr heterogen und noch nicht flächendeckend. Vereine könnten die Kinder, die Schach spielen wollen, auffangen. Die meisten Schachvereine haben sich außerhalb von Gesamtvereinen gebildet, nur der FC Bayern München, TSV Forstenried und TSV Solln fallen mir als Schachabteilungen ein. Die Vorteile aber von Gesamtvereinen ist, dass Kinder, die Schach spielen, hier leicht einen körperlichen Ausgleich zum Schach finden können. Beim PSV ist das Angebot sehr groß. Viele schachspielende Kinder spielen auch Fußball, Floorball oder sind auch in Leichtathletik gemeldet.

Stefan Kindermann: Ja, Schach ist ohne körperliche Fitness heute nicht denkbar. Der Weltmeister Magnus Carlsen betreibt beispielsweise täglich zwei Stunden Ausgleichssport. Ich hab als Ausgleich mehr als 10 Jahre fernöstliche Kampfkünste betrieben und zuletzt bis zu meinem 40. Lebensjahr auch beim MTV geboxt, wegen der Verletzungsgefahr aber aufgehört. Ich finde deine Aktion, hier wieder Schach zu etablieren übrigens super. Jede Schachinitiative, die Jugendliche oder Erwachsene anspricht, ist zu begrüßen. Ich könnte Simultanschach an einem Schachtag für die Mitglieder anbieten. Die Kids vom PSV könnten uns jederzeit auch in der Schachakademie besuchen. Für den Erwachsenenkurs können wir Trainingsmaterialien zur Verfügung stellen. Beim Erwachsenenschach geht es darum, dass man ein anregendes Programm anbietet, ich denke da an weltberühmte Partien, die nachgespielt und besprochen werden können oder auch an Studienprobleme, die gemeinsam gelöst werden.

Richard Holzberger: Mädchenschach ist ein Steckenpferd von mir. Auch beim PSV haben wir vielversprechende Talente. Ich biete im AWO-Begegnungszentrum am Reinmarplatz 20 donnerstags ab 17 Uhr einen speziellen Schachkurs für Mädchen ab sechs Jahren an (begegnung-reinmarplatz@awo-muenchen.de). Der Kurs startet am 8. März. Wie siehst du die Situation des Frauen-Mädchen-Schachs in Deutschland.

Stefan Kindermann: Das Problem beim Mädchenschach ist, dass die Einstiegszahlen niedrig sind. Von der Lernpsychologie weiß man, dass Mini-Trainingsgruppen am optimalsten für sie sind. Ein einziges Mädchen wird es in einer gemischten Gruppe schwieriger haben. Wenn es möglich ist eine kleine Mädchengruppe aufzubauen, ist es für die Entwicklung am optimalsten. Die Gruppe kann man dann später aber auch in die gemischte Gruppe integrieren.

Richard Holzberger: Was kannst du über die Vorzüge des Schachspielens erzählen?

Stefan Kindermann: Bei den Schachpartien ist es so, dass immer eine Prüfungssituation vorliegt, bei der das jeweilige Gegenüber der Prüfer ist. Je nach Spielstärke kann auch nach 30 richtigen Antworten eine falsche Konsequenzen nach sich ziehen. Aufs Leben und die schulische Karriere übertragen sind es positive Eigenschaften, die man beim Schachspielen erlangt: Konzentration, analytisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen und auch auf der mentalen, bzw. psychologischen Ebene kann Schach sich positiv auswirken. Kinder gewinnen an Selbstvertrauen hinzu, vor allem, wenn sie merken, dass sie auch gegen Erwachsene bestehen können. Man kann vom äußeren Erscheinen überhaupt nicht auf das schachliche Können schließen.

Artikel vom 18.02.2018
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