Landwirte unter Druck

Glyphosat-Debatte bringt Bauern in erhebliche Konflikte

»Greening«: Wenn die bei der Vorjahresernte zurückgebliebenen Grünbestände nicht im Winter kaputtfrieren, müssen sie – in der Regel mit Glyphosat – kaputtgespritzt werden, ­bevor die Felder neu bestellt werden – für viele Landwirt ein Widersinn. 	Foto: kw

»Greening«: Wenn die bei der Vorjahresernte zurückgebliebenen Grünbestände nicht im Winter kaputtfrieren, müssen sie – in der Regel mit Glyphosat – kaputtgespritzt werden, ­bevor die Felder neu bestellt werden – für viele Landwirt ein Widersinn. Foto: kw

Erding/Kreis Erding · Die Landwirtschaft ist für die Gesellschaft eine der wichtigsten Branchen. Ohne Bauern käme nichts auf den Tisch. Grund genug für das Selbstbewusstsein eines Berufsstandes, der nur noch rund zwei Prozent der Bevölkerung ausmacht, aber die übrigen 98 Prozent miternährt.

Doch die Realität sieht oft anders aus: Die Landwirte müssen oft Kritik einstecken, und zwar immer dann, wenn mal wieder ein Lebensmittelskandal hochkocht oder eine Tierseuche ideologische Feldzüge gegen angebliche oder tatsächliche Massentierhaltung entfacht.

Für die Landwirte nicht mehr nachvollziehbar wird es dann, wenn die Kritiker ihr eigenes Verhalten nicht überdenken und selbst beim Einkauf nur auf den Preis schauen und sich so entgegengesetzt ihrer eigenen Forderungen verhalten. Vor fast genau einem Jahr wurde Jakob Maier aus ­Niederding Kreisobmann im Bayerischen Bauernverband. Ihm missfällt die Außendarstellung seines Berufsstandes und er will hier Änderungen vorantreiben. Endgültig der Kamm schwillt ihm und allen Obmännern der Region, wenn die »guten« Ökobauern gegen die »bösen« konventionell wirtschaftenden Landwirte ausgespielt werden. Neuester und für ihn richtig ärgerlicher Anlass: Glyphosat.

Das »nicht selektive Herbizid« ist heiß umstritten, der der Alleingang des Bun­deslandwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) im vergangenen November in Brüssel hat die Emotionen aufwallen lassen und im Kreis sind die Landwirte mal wieder unter Druck. Maier wittert sogar einen Generalverdacht.

»Immer wenn wir mit der Spritze unterwegs sind, heißt es, wir spritzen wieder Glyphosat.« Der Name des Unkrautvernichters steht für eine Richtung, für eine Wirtschaftsweise, obendrein für ein Unternehmen, das auch auf anderen Feldern nicht den besten Ruf hat: Monsanto steht nämlich überdies bei vielen für Gentechnik.

In Fraunberg fand nun jüngst eine Versammlung statt, bei dem die Landwirtschaftsvertreter sich fachlichen Rat geben lassen konnten. Das zentrale Ergebnis: Aufhören mit dem Jammern, offensiv werden, informieren. Dem ließ Maier gleich Taten folgen, gerade zum Thema »Glyphosat«, das im Kreis Erding nach Darstellung der Landwirte gar nicht in dem Maß eingesetzt werde, wie es kolportiert werde. Es »drohen« Anträge in kommunalen Gremien mit dem Ziel, das umstrittene Mittel auf gemeinde- oder kreiseigenen Flächen zu verbieten. Alternativen? Meist Fehlanzeige.

Das nicht nur wegen der kleinen Schrift enorm dichte Informationsblatt enthält noch eine Reihe weiterer Sachinformationen, etwa die, dass die Landwirte dieses Mittel, wenn überhaupt, nur dann einsetzen, wenn es gar nicht anders geht. Zum Beispiel dann, wenn der Winter nicht frostig genug ist, um die Pflanzen der letzten Saison auf den Feldern zu zerstören. Dann muss der Landwirt nachhelfen, am effizientesten mit der ungeliebten Chemiekeule. Dieses Befreien von Altbeständen, das sogenannte Greening ist politisch gewollt und die Voraussetzung für Direktzahlungen nach EU-Richtlinien.

Ein Landwirt, der namentlich nicht genannt werden wollte, dazu gegenüber der Redaktion: »Da wird von uns verlangt, dass wir zwischendurch was ansäen, und dann müssen wir es, wenn wir unsere Felder neu bestellen wollen, kaputtspritzen. Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz.« Das Problem macht aber deutlich, unter welchem Druck die Bauern stehen.

In Langenpreising haben die Argumente der Bauern weitgehend überzeugen können. Ein Antrag von Gemeinderat Helmut Empl, wonach der Einsatz von Glyphosat auf allen landwirtschaftlichen Flächen innerhalb der Gemeinde Langenpreising verboten werden soll, kam zunächst nicht durch. Die Konsequenz wäre eine Kündigung aller Pachtverträge der Landwirte gewesen. So weit kam es noch nicht. Aber der Streit um Glyphosat ist damit noch lange nicht beendet. kw

Artikel vom 02.02.2018
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