Kommentar zur Herbstmeisterschaft

Geglückter Neubeginn - Lektion gelernt?

Neue Einheit: die Löwen und ihr Anhang. Foto: Anne Wild

Neue Einheit: die Löwen und ihr Anhang. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Betrachtet man die nüchternen Zahlen, wirkt die weiß-blaue Welt - zumindest sportlich - seit vielen Jahren erstmals wieder in Ordnung. Trotz einer nach dem überraschenden Absturz in die Regionalliga nur kurzen Vorbereitungsphase im Sommer und mit einem in aller Eile und unter schwierigen finanziellen Bedingungen zusammengestellten Kader aus letztjährigen U21-Spielern, wurde mit fünf Punkten Vorsprung und dem besten Torverhältnis der inoffizielle Titel des Herbstmeisters in der Regionalliga Bayern errungen.

Eine durchaus beachtliche Leistung, verfügen doch neben dem langzeitverletzten Timo Gebhart lediglich die Routiniers Jan Mauersberger und Sascha Mölders über nennenswerte Erfahrung als Profispieler in höheren Ligen. Die Rückkehr des Klubs nach Giesing hat den Zuschauerschnitt und den Dauerkartenverkauf in für die vierte Liga unverhoffte Höhen getrieben. In der Regionalliga Nord ist der VfB Lübeck mit durchschnittlich 1.733 Zuschauern, im Nordosten Energie Cottbus (5.989), im Westen Rot-Weiss Essen (7.150) und im Südwesten Kickers Offenbach (6.766) aktuell führend in der Gunst der Zuschauer. Der TSV 1860 München liegt weit darüber. Für die Gegner in der Regionalliga Bayern sind Gastspiele der Löwen das Spiel des Jahres. Entsprechend hoch motiviert gehen die Akteure zu Werke. Eine Feuerprobe für den TSV 1860 München, die zur Halbserie vorerst als bestanden gelten kann.

Sei man erst einmal in der vierten Liga gelandet, würde man nie mehr nach oben kommen, hatten nicht wenige Apologeten des Untergangs noch im Sommer prophezeit. Der Verweis auf die vergangenen drei Jahre, in denen nacheinander die Würzburger Kickers, der SSV Jahn Regensburg und die SpVgg Unterhaching jeweils als Meister der Regionalliga Bayern aufgestiegen waren, vermochte sie in ihren düsteren Prognosen nicht zu beirren. »Wir können Regionalliga«, hatte hingegen Neu-Präsident Robert Reisinger während der heißen Phase im Sommer behauptet und er sollte recht behalten. Trainer Daniel Bierofka ist es gelungen, innerhalb kurzer Zeit ein wettbewerbsfähiges Team zu formen, das mit seinem Etappensieg Mut macht für den weiteren Weg. Tausende neue Vereinsmitglieder setzten mit ihrem Beitritt ein Zeichen der Solidarität.

Die Kluboberen haben es geschafft, den im Sommer kurz vor der Pleite stehenden krisengeschüttelten Skandalverein mit klugen Personalentscheidungen in ruhigere Fahrwasser zu manövrieren und ihn zumindest bis dato vor den Launen und Stimmungsschwankungen seines nur schwer einschätzbaren Investors zu bewahren. Seit in Giesing keine Luftschlösser mehr gebaut werden, gewinnt der TSV 1860 München verloren gegangene Sympathien zurück und gilt mittlerweile auch der Stadt München wieder als ernstzunehmender Gesprächspartner. Es bleibt zu hoffen, dass die Löwen ihren eingeschlagenen Kurs der neuen Bescheidenheit und Seriosität fortsetzen und sich nicht alsbald wieder in unkalkulierbare Abenteuer stürzen.

Alfons Seeler

Artikel vom 03.11.2017
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