Eine geniale Strategie

München · »Schach nach Königsplan« hilft benachteiligten Menschen

Schach ist eine geniale Mischung aus einfachen Regeln und komplexer Problemlösungsstrategien und damit praktisch für die Entwicklung jedes Menschen hilfreich. Foto: Florian Peljak

Schach ist eine geniale Mischung aus einfachen Regeln und komplexer Problemlösungsstrategien und damit praktisch für die Entwicklung jedes Menschen hilfreich. Foto: Florian Peljak

München · Wer hätte gedacht, dass man mit Schach die Welt verändern kann. Seit vor zehn Jahren die Münchener Schachstiftung gegründet wurde, hat sie bereits 5.000 benachteiligte Menschen gefördert. Das ist noch nicht »die Welt«, aber jeder fängt schließlich mal klein an. Und dafür sind es schon ziemlich große Schritte, die die Schachstiftung hier macht.

Grundschulkinder in sozialen Brennpunkten, Autismus-Betroffene, Körperbehinderte, krebskranke Kinder und Jugendliche, junge Flüchtlinge sowie bedürftige Senioren: die Hürden, die manche Menschen im Leben überwinden müssen und wollen, sind vielfältig. 5.000 von ihnen wurden durch »Schach nach Königsplan« in den vergangenen zehn Jahren gefördert. Aber wie geht das?

Dass Schach das logische Denken schult und emotionale Fähigkeiten fördert, ist seit langem bekannt. Doch wie hoch ist der positive Einfluss von Schach auf die Entwicklung von Grundschulkindern ganz konkret? Dieser Frage ist das Zentrum für Psychologische Diagnostik, Begutachtung und Evaluation der Universität Trier in einer umfangreichen vierjährigen wissenschaftlichen Studie sehr detailliert nachgegangen. Das Ergebnis, das im Jahr 2007 veröffentlicht wurde, ist überaus positiv: Kinder, die eine Stunde Schachunterricht pro Woche erhalten, können sich besser konzentrieren, ihr Lese- und Sprachverständnis und ihre mathematischen ­Fähigkeiten sind überdurchschnittlich, sie entwickeln eine gute Sozialkompetenz und steigern insgesamt ihre Intelligenz.

Für Dijana Dengler, Mutter von zwei Kindern und Vorsitzende der Münchener Schachstiftung, war damit sofort klar: Jedes Kind sollte die Möglichkeit bekommen, Schach zu lernen und von Schach zu profitieren. Doch wie diese Vision umsetzen? Der Münchner Immobilien-Unternehmer Roman Krulich zögerte nicht lange und stellte noch im selben Jahr die Mittel für die Gründung der Münchener Schachstiftung zur Verfügung.

Damit stand schon mal der finanzielle Rahmen. Auch inhaltlich wurde gearbeitet: Schachgroßmeister Stefan Kindermann, der Schöpfer des Managementstrategie-Tools Königsplan, das die Denkstrategien der Schachgroßmeister analysiert und für alle zugänglich macht, entwickelte mit Dijana Dengler das didaktische Konzept »Schach nach Königsplan«: Dabei handelt es sich um eine ganzheitliche Trainingsmethode, die mit Elementen wie Schachyoga, dem Konzentrationsspiel am Demobrett, Figurentheater, Schachquiz und Schachmathe alle Fähigkeiten spielerisch und ohne Druck fördert. Kaum waren die Formalien rund um die Gründung der Schachstiftung erledigt, ging es Schlag auf Schlag, wie Stiftungsrat Stefan Kindermann betont: »Den Anfang machten Münchner Grundschulkinder an Brennpunktschulen, aus der recht bald die Kooperation mit brotZeit e.V. hervorging. Kurz darauf wurde in der Pfennigparade das erste langjährige Behinderten-Projekt gestartet.« Inzwischen bereitet die Münchener Schachstiftung junge Migranten, darunter viele junge unbegleitete Flüchtlinge, auf ihren Schulabschluss und das Berufsleben vor.

Ziel ist es, jedem Kind ­Schachunterricht zu ermöglichen

Noch, so Stefan Kindermann, sei man vom ursprünglichen Ziel, jedem Kind Schachunterricht zu ermöglichen, ein ganzes Stück weit entfernt. Doch die Fülle der Projekte zeige, wie sehr guter Schachunterricht gefragt sei. Jedes Jahr kommen neue Projekte hinzu: Erst vor wenigen Monaten sei die Förderung von krebskranken Kindern und Jugendlichen am Schwabinger Krankenhaus gestartet – »ein Höhepunkt in der Geschichte der Münchener Schachstiftung.«

Die Rückmeldungen aus den Förderprojekten sind nach Angaben der Schachstiftung »hervorragend«. Kein Wunder also, dass die Stiftung viel mehr Förderanfragen erhält, als sie bewältigen kann. Doch die Perspektiven sind gut. Das Konzept Schach nach Königsplan und die gute Förderarbeit überzeugen immer mehr Fachleute: Die Schachstiftung hat große Stiftungen als Kooperationspartner gewonnen, es gibt zahlreiche Anfragen nach dem Trainingskonzept, inzwischen auch aus dem Ausland. In den kommenden Jahren möchte die Münchener Schachstiftung in Zusammenarbeit mit ihren Partnern und Förderern noch viel mehr Menschen erreichen. Dafür ist jede Unterstützung wertvoll. Unterstützung, das heißt auch Spenden aus allen Teilen der Gesellschaft. Auf eines legt Dijana Dengler großen Wert: »Die Spenden fließen zu 100 Prozent in die Projekte.«

Über die Münchener Schachstiftung
Die Münchener Schachstiftung ist als gemeinnützige Stiftung anerkannt. 2016 wurde Mitgründer Roman Krulich für seine herausragenden Verdienste um die Förderung des Schachs vom Deutschen Schachbund mit dem Deutschen Schachpreis ausgezeichnet. Vorsitzende der Münchener Schachstiftung ist die bosnische Nationalspielerin Dijana Dengler, die in der Schachbundesliga für den FC Bayern München antritt; Schirmherr der Schachstiftung ist Oberbürgermeister Dieter Reiter.

Artikel vom 01.09.2017
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