Nicht nur für Astronomen

70 Jahre Volkssternwarte: Trägerverein möchte breites Publikum begeistern

Seit 70 Jahren erklärt die Volkssternwarte München interessierten Besuchern, was am Himmel passiert. Gegründet wurde sie per Zeitungsannonce.	Fotos: Volkssternwarte München

Seit 70 Jahren erklärt die Volkssternwarte München interessierten Besuchern, was am Himmel passiert. Gegründet wurde sie per Zeitungsannonce. Fotos: Volkssternwarte München

München/Berg am Laim · Wer dem Himmel nahe sein möchte, der muss in München gar nicht so hoch hinaus: Im vierten Stock im Rückgebäude der Rosenheimer Straße 145 h, unweit des Ostbahnhofs, sitzt die Bayerische Volkssternwarte München.

Sie bietet eine Aussichtsplattform mit Teleskopen, ein Planetarium, eine Ausstellung sowie zahlreiche Führungen zum Thema Astronomie. Gegründet haben die Einrichtung Hobby-Astronomen. Die erste öffentliche Führung fand vor 70 Jahren statt. Noch heute basiert das Projekt größtenteils auf ehrenamtlicher Arbeit. »Sternenfreunde für regelmäßige Treffen gesucht« – so in etwa lautete der Text einer Zeitungsannonce, mit der ein Münchner 1946 Gleichgesinnte suchte, um die Gestirne zu beobachten. Rund ein Jahr danach meldete der spätere Wissenschaftsjournalist Peter Westphal einen »Himmelskundlichen Anschauungs- und Führungsdienst« an. Die Münchner Volkssternwarte war gegründet.

Für die damalige Zeit war dies nichts ungewöhnliches. Gruppierungen, die gemeinsam Gestirne beobachteten, gab es in Deutschland bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Viele von ihnen schufen öffentliche Volkssternwarten. Insgesamt existieren derzeit im deutschsprachigen Raum etwa 100 Einrichtungen dieser Art. Die Sternwarte in der Rosenheimer Straße zählt deutschlandweit zu den größten. Ihre Besucherzahlen liegen bei rund 25.000 Personen im Jahr. Der Verein »Bayerische Volkssternwarte München«, der bis heute die Trägerschaft des Projekts übernommen hat, zählt etwa 600 Mitglieder.

Anfangs sei die Ausstattung der Sternwarte noch ganz einfach gewesen, berichtet Benjamin Mirwald. Der promovierte Wissenschaftshistoriker ist seit 2015 Leiter der Münchner Sternwarte. Für jede Beobachtung habe man die Teleskope auf- und abbauen müssen. Schutzgebäude zur dauerhaften Installation der Fernrohre sind erst 1957 auf dem Dach des Hauses errichtet worden. Im Jahr 1972 eröffnete das Planetarium der Sternwarte. Es ermöglichte die Beobachtung der Sterne auch tagsüber. Jedoch sei der Projektor in dieser Zeit noch nicht ausgereift gewesen, erklärt Mirwald. Gut 20 Jahre später sei deshalb ein neues Gerät angeschafft worden: »Ein Zeiss-Projektor – mit dem arbeiten wir noch heute.«

Besonders stolz ist der Leiter außerdem auf eine ganz neue Errungenschaft: einen Monitor für Live-Übertragungen, der auch an die Fernrohre angeschlossen werden kann. Gewandelt haben sich in den vergangenen Jahrzehnten aber auch die Aktivitäten der Volkssternwarte. Neben den klassischen Führungen gibt es inzwischen Projekte für Schulklassen und Kindergartengruppen. In den Räumen werden sogar Kindergeburtstage gefeiert. Manche Vereinsmitglieder basteln in der Selbstbaugruppe ihre eigenen Teleskope und knipsen dann in der Astrofoto-Gruppe Bilder aus dem All.

»In unserem Verein sind alle gesellschaftlichen Gruppen vertreten«, sagt Mirwald. Dies gelte auch für die ehrenamtlich Aktiven, die Führungen veranstalten. Naturwissenschaftliches Interesse sei völlig ausreichend, um sich an der Sternwarte zu engagieren, betont Benjamin Mirwald: »Ein Astronomiestudium braucht man dafür nicht.« Bei den Besuchern habe sich ein gewisser Trend entwickelt: Die Sternwarte ist ein beliebtes Ausflugsziel für Großeltern, die mit ihren Enkeln kommen.

Ziel sei es, mehr Erwachsene im Alter zwischen 20 und 50 Jahren für Astronomie zu begeistern, sagt Mirwald. Vor wenigen Tagen erst konnten die Besucher der Sternwarte per Livestream einer totalen Sonnenfinsternis beiwohnen, die in den USA zu sehen war. Geplant seien zudem verstärkt wissenschaftliche Vorträge, um eine breitere Zielgruppe zu erreichen, erklärt Mirwald.

Julia Stark

Artikel vom 23.08.2017
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