Der Sieg in Hockenheim ist das Ziel

Das TUfast Racing Team aus München entwickelt innovative Rennwagen

Die Teammanager Julian Ratschiller, Max Burggraf, Tobias Spath und Vincent Berger (v. l.) kurz vor dem offiziellen Roll-Out. Der Kampf um Hockenheim hat begonnen.	Foto: cr

Die Teammanager Julian Ratschiller, Max Burggraf, Tobias Spath und Vincent Berger (v. l.) kurz vor dem offiziellen Roll-Out. Der Kampf um Hockenheim hat begonnen. Foto: cr

München · Die Autos von morgen werden in München entwickelt. Unter anderem, wie man fairerweise zugeben muss. Aber die Münchner Konstruktionen gehören zu den erfolgreichsten im internationalen Vergleich, und der ist anspruchsvoll. Die Konstrukteure sind (noch) keine Ingenieure.

Es sind die Studierenden der TU München, die im »TUfast Racing Team 2017« mitarbeiten, 80 an der Zahl. Drei neue Flitzer haben sie entwickelt, die am Montag beim Roll-Out offiziell vorgestellt wurden. Eigentlich soll die Präsentation das Sahnehäubchen für monatelange harte Arbeit sein. Weil aber die Studenten alles, wirklich alles in Eigenregie leisten, steigt der Adrenalinspiegel vor dem Roll-Out im Audimax der TU noch mal auf einen Spitzenwert. Nach dem Vorbild der Königsklasse Formel 1 werden die Fahrzeuge in einer aufwendig choreografierten »Zeremonie« enthüllt. Hinter dem Team, das auch im größten Stress keine Konflikte zu offenbaren scheint, liegen sieben Monate intensive Teamarbeit. »Im Oktober geht es los, die Entwicklung dauert bis etwa Anfang Dezember«, berichtet Teammanager Max Burggraf.

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Der 21-Jährige spricht von 80 bis 100 Wochenstunden, die jeder Einzelne in den umfassenderen Arbeitsbereichen, wie eben das Management, reinsteckt. Andere Aufgaben erforderten deutlich weniger Zeit, zum Teil nur zehn Wochenstunden. Entscheidend ist aber, dass das Projekt am Ende erfolgreich ist. Erfolg definiert sich durch einen realistischen Zeitplan, durch funktionsfähige Konstruktionen, die ab Dezember gebaut werden, aber eben auch im Leistungsvergleich mit anderen Teams. Das umfasst im Übrigen auch den finanziellen Teil, denn ohne sauberen Businessplan läuft hier nichts.

In der freien Wirtschaft haben die ­Mitglieder des TUfast Racing Teams schon früh »den Fuß in der Tür«

Am Ende hat das Team drei Fahrzeuge entwickelt, in der Aerodynamik identisch, im Innenleben aber grundverschieden. Ein Flitzer verfügt über einen Verbrennungsmotor, einer wird elektrisch angetrieben und seit Neuestem entwickeln die angehenden Ingenieure auch autonome, also selbstfahrende, selbstentscheidende Rennwagen.

Nach der Theorie folgt die Konstruktion ab Dezember. Diese Phase dauert bis Mai und offenbart gerne auch mal Herausforderungen, die in der Planung nicht aufgefallen sind. Jetzt sind die Fahrzeuge fertig, fahrbereit, ab sofort steht die Testphase bis Juli auf dem Programm. Rund um München gibt es mehrere Strecken, auf denen gestestet wird, zum Beispiel am Flughafen. »Unser Ziel ist es, in Hockenheim wieder Erster zu werden«, gibt Burggraf den gemeinsamen Anspruch vor. Einigkeit darin zeigen die Technischen Leiter Julian Ratschiller (Elektrofahrzeug), Vincent Berger (Verbrenner) und Tobias Spath (autonomes Fahrzeug) und es besteht kein Zweifel, dass auch der Rest des Teams dieses Ziel unbedingt erreichen will.

2016 hat das TUfast Racing Team in anderer Zusammensetzung mit ihrem Verbrenner auf dem Hockenheimring die Gesamtwertung gewonnen. Dabei geht es nicht um den schnellsten Wagen, sondern um Längsbeschleunigung, Querbeschleunigung und Ausdauer. Die Latte liegt hoch für das 2017er-Team.

Ganz bei Null müssen sie nicht anfangen. Die 80 Entwickler, darunter übrigens zwölf kommende Ingenieurinnen (das 2016er-Team hatte nur zwei in seinen Reihen), bauen ihre Fahrzeuge auf der Grundlage der Vorgänger, was allerdings bei dem autonomen Fahrzeug nicht möglich ist, weil dieses Jahr erstmals ein solches im Wettbewerb ist. Auch aus der Wirtschaft gibt es Hilfestellung. Die Sponsoren sind auch Partner bei der praktischen Umsetzung. Dabei geht es allerdings nicht darum, vorhandenes Wissen von den Profis abzukupfern, sondern Problemlösungen gemeinsam zu entwickeln.

Da ist auch für die Unterstützer, darunter Panasonic, Bosch, Audi und diverse Automobilzulieferer, jede Menge Neuland dabei. Deren Motivation: Fachkräfte von morgen früh entdecken. Durch diesen extremen und extrem wertvollen Praxisteil des Ingenieursstudiums sind die Absolventen früh darauf vorbereitet, wie die Arbeit in der freien Wirtschaft funktioniert. Das macht sie durchaus begehrt. So berichtet Vincent Berger: »Viele unserer Alumni arbeiten heute in Rennsportteams, zum Beispiel in der DTM.« Auch in der Formel 1, zum Beispiel bei Renault oder sogar bei Ferrari, hätten TU-Absolventen einen guten Job gefunden.

Klingt international und das ist es auch. Die 80 Studierenden, die in München ihr gemeinsames großes Ziel verfolgen, sind ein aus aller Welt zusammengewürfelter »Haufen«. Entsprechend ist Englisch die Arbeitssprache im Team. Zwischen 19 und 36 Jahre sind die Studierenden, die bei dem Projekt eine weitere wichtige Eigenschaft schulen: den Teamgeist. Man hilft sich gegenseitig, arbeitet ehrgeizig und man freut sich gemeinsam über die Highlights des Projekts. Das Roll-Out ist eines davon. Jetzt sind die Fahrzeuge sozusagen öffentlich. Und das ist erst der Anfang.

Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 19.05.2017
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