Ein Kommentar von Alfons Seeler

Plädoyer für ein Stadion in der Stadt

Auf der Suche nach einem Bauplatz: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild

Auf der Suche nach einem Bauplatz: Hasan Ismaik. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Die Grundstücksverhandlungen in Riem sind gescheitert. Der Mehrheitseigner der Fußballtochter des TSV München von 1860, Hasan Ismaik, wird dort kein Fußballstadion für den Klub errichten. In der Stadionfrage stehen die Löwen dennoch vor einer zukunftweisenden strategischen Entscheidung.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter ließ den Zweitligisten vergangene Woche wissen, dass Ismaiks Pläne wegen »existierender Nutzungskonflikte« auf dem Messegelände nicht mehr realisierbar sind. Der jordanische Investor erklärte seinen Anhängern via Facebook, Reiter habe ihm eine Absage für den Standort erteilt. Daraufhin veröffentlichte das Büro des Oberbürgermeisters die Korrespondenz.

Aus dieser geht jedoch hervor, dass der jordanische Investor selbst den vorgesehenen Baugrund als für sein Vorhaben zu gering dimensioniert erachtet hat. Er wolle neben einem Stadion für mehr als 50.000 Besucher zusätzliche technische Infrastruktur für die Nachwuchsförderung bereitstellen. Notfalls, so Ismaik bereits in einem Interview zu Jahresbeginn, werde man dafür eine entsprechende Fläche außerhalb der Stadtgrenzen suchen. Seine Rolle als Mieter in der Arena des erfolgreichen Lokalrivalen will der TSV 1860 München gerne loswerden.

Oberbürgermeister Reiter erteilt Ismaik in seinem Schreiben einen aufschlussreichen Rat: »Für den Fall weiterer Standortprüfungen empfiehlt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung dringend die Erstellung einer umfänglichen und von fachlicher Seite erarbeiteten Machbarkeitsstudie, um unter anderem bezüglich der Themen Raum- und Flächenbedarf, Lärmschutz, Sicherheit, Naturschutz, Erschließung und Flächenverfügbarkeit sowie hinsichtlich der Kosten und des Finanzierungskonzepts Klarheit zu erlangen.« Dies scheint bislang nicht der Fall gewesen zu sein.

Für einen Klub wie den FC Bayern, mit weltweiter Ausstrahlung, wäre es letztlich unerheblich, ob er seine Trainingseinrichtungen in Oberbayern oder in der Landeshauptstadt betreibt. Schließlich stammen die Anhänger der Roten auch aus allen Regionen Deutschlands. Und ob ihre Champions League Begegnungen vor vollem Haus in einer Arena in Fröttmaning oder in Hallbergmoos stattfinden, spielt aus internationaler Perspektive betrachtet keine Rolle – Hauptsache irgendwo in Bayern.

Anders verhält sich die Sache beim TSV München von 1860. Die Löwen können die Stadt unmöglich verlassen, ohne ihre Identität preiszugeben. Sie stehen für den Münchner Fußball. Das zu vergessen, wäre ein nicht wieder gut zu machender Fehler. Finanzier Hasan Ismaik wird eine strategische Entscheidung von großer Tragweite treffen müssen. Doch auch für Münchens Politik wäre es ein Armutszeugnis, wenn sich für einen der ältesten Sportvereine, in dem seit 1899 Fußball gespielt wird, kein Platz mehr in der Stadt fände.

Alfons Seeler

Artikel vom 29.03.2017
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