Wie die Kunst das 19. Jahrhundert verklärt hat

München · Lenbachhaus zeigt »Bildschön – Ansichten des 19. Jahrhunderts«

Ein wahres Idyll: »Frühstück in Max Halbes Garten« von Lovis Corinth aus dem Jahr 1899 – bildschön!	Foto: VA

Ein wahres Idyll: »Frühstück in Max Halbes Garten« von Lovis Corinth aus dem Jahr 1899 – bildschön! Foto: VA

München · Das 19. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Bilder. Künstlerinnen und Künstler prägten die Kultur ihrer Zeit, ein sehr viel breiteres Themenspektrum wurde bildwürdig und im Idealfall vom Publikum als »bildschön« gelobt.

Daher rührt auch der Titel der aktuellen Ausstellung im Lenbachhaus: »Bildschön – Ansichten des 19. Jahrhunderts«.

Die damals erfundenen Motive bestimmen bis heute, was wir als romantisch, als traurig oder als schön empfinden. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstand ein enorm vielfältiges erzählerisches Bilduniversum, das immer wieder durch seine formale Innovationskraft begeistert. »Bildschön« unternimmt eine Neuinterpretation der Sammlungsbestände der Kunst des 19. Jahrhunderts im Lenbachhaus. Um andere Perspektiven auf diese reiche Bildkultur zu eröffnen, präsentiert die Ausstellung bewusst eine große Bandbreite von künstlerischen Stilen und Inhalten. Sie erschließt, ergänzt von Fotografien, Film- und Hörbeispielen, nicht nur den zeitgenössischen Kontext der Themen und Bildwelten, sondern beleuchtet schlaglichtartig den Nachhall des langen 19. Jahrhunderts bis in unsere Gegenwart.

Die tatsächliche Entstehungszeit der gezeigten Werke hält sich nicht streng an das 19. Jahrhundert, sondern beginnt in den 1820er-Jahren und reicht bis zum Ersten Weltkrieg. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts nahm die Vielfalt und Verbreitung der Bilder immens zu, und so liegt auch hier der Schwerpunkt der Präsentation.

Ein Lieblingsmotiv der Maler wurde der deutsche Wald

Von den rund 80 Gemälden in acht Räumen waren etwa die Hälfte lange, manche dagegen noch nie zu sehen. Ein Lieblingsmotiv deutscher Maler wurde seinerzeit der »deutsche Wald«. In ihm sind national(istisch)e, romantische und emotionale Vorstellungen tief verwurzelt. Historiker und Mythenforscher, Maler und Dichter haben Waldesliebe und Natursehnsucht erforscht, verbildlicht und besungen. Bis heute reflektiert die Beziehung zum Wald die jeweiligen politischen Verhältnisse und gesellschaftlichen Stimmungslagen in Deutschland.

Trachten und bäuerliches Brauchtum wurden im 19. Jahrhundert wiederbelebt oder gar neu erfunden, die Jagd verbürgerlicht und das Landleben von Sommerfrischlern erprobt. Die darüber entstandenen Bilder und Klischees haben sich als ausgesprochen langlebig erwiesen. Auf Oktoberfesten weltweit wird heute »Bayer« gespielt.

Wenn Maler auf dem Land lebten, interpretierten sie nicht nur Ländliches, sondern sie experimentierten auch mit modernen Lebensformen, und ihre Kunst vermittelte dann ein von urbanen Zwängen befreites Lebensgefühl.

Artikel vom 24.02.2017
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