»Falschparken« mal anders

Erding · Stadtplaner staunt über nicht vorhandene Reifenspuren

Zweitautos (oder sogar Drittautos?) und auch Gewerbefahrzeuge: Bei solch einer Nutzung der öffentlichen Stellplätze in Wohngebieten kommen Berechnungen über den Bedarf zwangsläufig zu falschen Ergebnissen.	Foto: kw

Zweitautos (oder sogar Drittautos?) und auch Gewerbefahrzeuge: Bei solch einer Nutzung der öffentlichen Stellplätze in Wohngebieten kommen Berechnungen über den Bedarf zwangsläufig zu falschen Ergebnissen. Foto: kw

Erding/Kreis Erding · Vico Torriani trällerte dereinst die Schnulze »Zwei Spuren im Schnee« und er meinte natürlich nicht die Spuren von ­Autoreifen, die zu einem Garagentor hin führen. Genau die aber hatte Johann Hartl, Stadtplaner aus Ottobrunn, im Visier.

Was er herausfand, dürfte kreisweit durchschlagen und Kommunalpolitiker auf den Plan rufen: Bei einer erheblichen Anzahl von Garagen in einem von ihm untersuchten Wohngebiet fand er nämlich diese Reifenspuren im Schnee zu den Garagentoren nicht, was seinen Argwohn erregte.

Warum, so fragte er in einer öffentlichen Sitzung jetzt, sollte gerade im Winter das Auto nicht in die Garage gestellt werden? In der Tat treibt die Bürgermeister und Gemeinderäte vieler Gemeinden der Verdacht um, dass Garagen zwar im eingereichten Bauplan stehen, auch brav zur Erfüllung des Stellplatznachweises gebaut werden, dann aber irgendwann für alles Mögliche genutzt werden, nur nicht für das »heilig’s Blechle« des Häuslebauers, das dann auf der Straße steht oder sonst wo, wo es nicht hin gehört. Die Gemeinde Langenpreising hatte diesen findigen Planer dieser Tage herangeholt für ein Verkehrsgutachten in gleich zwei Wohngebieten.

Die Zahlen zum Stellplatzbestand und -bedarf waren ein Nebenprodukt des Fachmanns, der mit einer Präsentation mit bedrohlichen Balkendiagrammen anrückte. Vor den Augen und Ohren auch der Betroffenen breitete Hartl seine Erkenntnisse aus, die in einer Zahl gipfelten: Bei einem Drittel aller Garagen hatte er massive Zweifel, ob diese noch dem ursprünglichen Zweck dienen. Hartl berichtete, natürlich ohne Straßen und Hausnummern zu nennen, von Wohnzimmerfenstern, die er auf der Rückseite der »Garagen« entdeckt habe, sprach von »Auslieferungslagern« in den Garagen und »Rumpelkammern« und fasste das Ganze unter »Fehlnutzung« zusammen.

Damit aber nicht genug. Um den Stellplatzbedarf zu ermitteln musste er natürlich die Zahl der Wohneinheiten kennen. Und die ermittelte er überschlägig über die Zahl der Klingeln und Briefkästen an den Häusern. Ein Abgleich mit den im Bauamt verwahrten Unterlagen brachte erstaunliche Ergebnisse mit Abweichungen und er ist auch noch nicht abgeschlossen.

Nachdem die gleiche Debatte in der gleichen Gemeinde schon an anderer Stelle geführt worden ist, darf davon ausgegangen werden, dass sich das Thema auf den ganzen Landkreis ausweiten könnte: Die Autos stehen auf der Straße, der Winterdienst kommt nicht mehr durch, und dann seien es die gleichen Leute, die bei der Gemeinde anrufen und sich beschweren, dass nicht geräumt werde. Dabei haben die wackeren Bauhofleute in einer Gemeinde im Süden des Landkreises auch schon mal Pech gehabt und ein am Straßenrand geparktes Auto ­beschädigt, mit allen Formalitäten und bürokratischen Erfordernissen, die dann unweigerlich nachkommen.

Stadtplaner Johann Hartl dürfte aber beste Werbung in eigener Sache gemacht haben. Seinen eigenen Angaben zufolge ist er auch für andere Gemeinden im Kreis Erding tätig und mit seinen Ermittlungsmethoden eines Franz Josef Wanninger wird er noch das eine oder andere offene Geheimnis aufdecken. kw

Artikel vom 17.02.2017
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