Bäume und Steine

Grüne gegen Pläne fürs Haus der Kunst

München · 20 Millionen Euro steuert der Deutsche Bundestag dazu bei, das Münchner Haus der Kunst zu renovieren. Die Gelder aus dem Bundeshaushalt ergänzen 58 Millionen Euro, die die bayerische Regierung bereits 2012 bereitgestellt hat, sodass nun insgesamt 78 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln für die Renovierungsarbeiten zur Verfügung stehen.

Der renommierte Architekt David Chipperfield will die historische Architektur des 1937 unter den Nazis als »Haus der Deutschen Kunst« eröffneten Museums damit grundlegend umgestalten. Und zwar nicht nur den Innenraum. Das Ersetzen der bisherigen Mauer durch eine Treppe soll die »Vergangenheit des Gebäudes offenlegen«, was nach Meinung vieler mit einer unpassenden Freilegung in der ursprünglichen Form aus der NS-Zeit gleichzusetzen ist. Und spätestens, seit hierfür auch Bäume gefällt werden sollen, werden die Proteste schärfer.

So fordern die Münchner Grünen, die Bäume vor dem Haus der Kunst stehen zu lassen und warnen vor einem geschichtsvergessenen Umgang mit Nazi-Architektur. Katrin Habenschaden, Beisitzerin im grünen Stadtvorstand und Stadträtin sagte jetzt hierzu: »Stadtbäume haben einen hohen Stellenwert für das Stadtklima und die Lebensqualität in einer Großstadt. Sie im Namen eines fragwürdiges Geschichtsbild fällen lassen zu wollen, zeugt von ökologischer Ignoranz und würde einen tiefen Einschnitt in eine von den Münchnerinnen und Münchnern seit Jahrzehnten positiv angenommene Gestalt eines urban zentralen Ortes bedeuten.«

Auch Gudrun Lux, Vorsitzende der Münchner Grünen erklärte: »David Chipperfields Konzept ist für diesen Ort zu unserer Zeit leider völlig unpassend. Es würde dafür sorgen, Nazi-Architektur unverstellt und umkommentiert in ihrer Monumentalität zu präsentieren. Gerade jetzt, da der Rechtsradikalismus wieder erstarkt, sorgt das bei den Falschen für Applaus. Nicht kritische Auseinandersetzung, sondern unhinterfragte Bewunderung ist zu befürchten. Dass der Vorsitzende der Münchner CSU und verantwortliche Minister Ludwig Spaenle sich hinter diesen Entwurf stellt, zeigt, dass er die politische Sensibilität des Ortes falsch einschätzt. Das ist mir unverständlich und kann nur als Geschichtsvergessenheit verstanden werden.«

Doch auch allgemein verstummt Kritik nicht. Der Direktor des NS-Dokuzentrums Winfried Nerdinger spricht von einer exemplarischen Funktion für die NS-Ideologie; diese könne man nicht einfach ignorieren und von einer »angeblichen 'Unschuld der Steine' sprechen«. Und Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, äußert sich befremdet: »Wie man auch nur darüber nachdenken kann, eine Nazi-Architektur zu rekonstruieren, ist mir völlig unverständlich«.

Diesen Kritikpunkten schließen sich auch die Münchner Grünen an.

Artikel vom 14.02.2017
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