Groll auf die Regierung

AVE fordert Kostenübernahme, München lehnt ab

Ein Urgestein des AVE als Preisträger: Rudi Koller (li.) wurde unter großem Beifall ausgezeichnet. Die Glückwünsche sprach der AVE-Vorsitzende Harald Krause aus.	Foto: kw

Ein Urgestein des AVE als Preisträger: Rudi Koller (li.) wurde unter großem Beifall ausgezeichnet. Die Glückwünsche sprach der AVE-Vorsitzende Harald Krause aus. Foto: kw

Erding/Kreis Erding · Archäologie im Kreis Erding steht immer unter Rechtfertigungsdruck. Vor allem Bauherren fürchten die Männer und Frauen des Archäologischen Vereins Erding (AVE) wie der Teufel das Weihwasser, wenn sie anfangen, den Bauplatz buchstäblich mit dem Kaffeelöffel umzugraben.

Erstens: Das dauert, und Zeitverzögerungen sind das, was vor allem Unternehmen, die bauen wollen oder gar müssen, gar nicht brauchen können. Zweitens: Das kostet. Die Leute, die mit dem besagten Kaffeelöffel, Pinsel, Kelle, Meterstab, Zeichenblock und Kamera anrücken, sind Experten, hochstudierte Leute mit den entsprechenden Gehaltsstufen. Und zahlen muss, das ist das Übel in Bayern, immer der Grundstückseigentümer, der bauen will und damit als Veranlasser der Grabung gilt.

Beim archäologischen Neujahrsempfang, der zum siebten Mal vom archäologischen Verein ausgerichtet wurde, hatte Vorsitzender Harald Krause ein 180 Gäste starkes Publikum, als er Tacheles redete. Was er auspackte, ließ manchen Zuhörer erschaudern. Die Mitglieder des Vereins würden beschimpft und bedroht, wenn sie über die abgeernteten Felder gehen, um nach Spuren der Vergangenheit zu suchen, berichtete er. Dabei sei die Rechtslage eindeutig: »Wir haben ein Betretungsrecht«, so Krause weiter, ohne Widerspruch zu ernten. Zu den Anfeindungen meinte er: »Wir werden uns das nicht gefallen lassen.«

Werden die Freiwilligen fündig, erfährt das das Landesamt für Denkmalpflege umgehend. Jeder Fund wird gemeldet. Gleichwohl steigt die Bereitschaft, archäologische Funde heimlich und illegal für immer verschwinden zu lassen mit den für den Grabungsverursacher anfallenden Kosten und diese aufzufangen ist die Landesregierung in München nach wie vor nicht bereit. Es fehlt ein Entschädigungsfonds und den mahnte Krause unter dem lebhaften Beifall der Versammlung zum wiederholten Mal an. Und diese Versammlung war hochkarätig besetzt: Oberbürgermeister und Kreisheimatpfleger, Bürgermeister mehrerer Landkreisgemeinden und Gemeinderäte, Parteifunktionäre und – ganz wichtig – die Kooperationspartner aus anderen Vereinen, die jetzt die Wirkung der Aussagen Krauses geradezu potenzieren werden.

Unter ihnen ist der mitgliederstarke historische Verein im Kreis Erding mit seiner einflussreichen Vorsitzenden Heike Kronseder. Der Verein ist auch zunächst die Heimat des Archäologiepreisträgers gewesen: Rudi Koller veröffentlichte zunächst eine Arbeit über »Obertägige Bodendenkmäler im Kreis Erding« in den Jahresschriften des historischen Vereins, bekam hierfür den Forscherpreis genau dieses Vereins und konnte sich, wie Krause in der Laudatio verriet, zunächst gar nicht vorstellen, noch einen Verein zu gründen. Tat er mit etlichen anderen dann aber doch, und zwar mit System: Er will Netzwerke aufbauen, Bewusstsein in der Bevölkerung für die unentdeckte, im Erdboden verborgene Historie schaffen.

Der 60 Jahre alte Bockhorner hat diesbezüglich schon einiges erreicht: Hinweisschilder über Denkmäler auch auf privaten Grundstücksflächen beispielsweise. Damit war im Gespräch mit der Redaktion auch Koller wieder beim Thema des Vorsitzenden, nämlich der Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Diese zu schaffen ist ein weiteres Anliegen des archäologischen Urgesteins, der für den Preis viel Beifall und viele Glückwünsche erhielt. Jetzt will er dran gehen und die Funde auch über die Tourismuswerbung publik zu machen. Dann könnten sie sogar Menschen in den Kreis Erding locken und für echte Wertschöpfung im Kreis sorgen. Geschichte mit Zukunft, sozusagen. kw

Artikel vom 14.01.2017
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