Ottobrunner Dokumentarfilmer Klaus Bichlmeier wird 70

Vom Flugzeugbauer zum Filmemacher

Dokumentarfilmer Klaus Bichlmeier arbeitete drei Jahre lang an seinem Projekt  »Zeitreise München«.	Foto: privat

Dokumentarfilmer Klaus Bichlmeier arbeitete drei Jahre lang an seinem Projekt »Zeitreise München«. Foto: privat

Ottobrunn · Seit Jahren erzählt Klaus Bichlmeier in seinen Dokumentarfilmen interessante und bisweilen skurrile Geschichten. Am 21. Dezember feiert er seinen 70. Geburtstag, doch ein Ende seiner Filmerei ist nicht in Sicht – im Gegenteil. Mein Ottobrunn sprach mit Bichlmeier über aktuelle Projekte, Anfänge und seinen Erfolgsfilm »Zeitreise München«.

MO: Herr Bichlmeier, was ist Ihr aktuelles Projekt?

Bichlmeier: Mein neuester Film ist ein grässliches Projekt. Er heißt »Hexen in München – wie es wirklich war« und lief Ende November in München. Bei meiner Recherche bin ich im bayerischen Staatsarchiv auf Akten aus dem 16. Jahrhundert gestoßen, die heftige Geschichten über den Auftakt der Hexenprozesse in München enthielten.

Kurfürst Maximilian hatte Angst vor Hexen und wollte einen Musterprozess als Warnung für die Bürger abhalten. Getroffen hat es die fünfköpfige Familie Pappenheimer, die im August 1600 an der heutigen Hackerbrücke gefoltert und verbrannt wurde. Ihnen wurde vorgeworfen, 90 Morde an Schwangeren begangen zu haben. Es war eine arme, schwache Familie, die mit Hexerei nichts zu tun hatte; aber das half ihnen nichts. Der Film ist der letzte Baustein meines Zeitreise-Projekts.

Genau, Ihr Zeitreise-Projekt. Wie ist Ihr Film »Zeitreise München« entstanden, der seit fünf Jahren ohne Unterbrechung einmal monatlich in München läuft?

Bichlmeier: Als gebürtiger Münchner wollte ich mir in der Staatsbibliothek Filme über München ausleihen, die sich an Einheimische richten. Aber es gab nichts. Da beschloss ich, diese Lücke zu schließen. Drei Jahre habe ich an der »Zeitreise München« gearbeitet und im November 2011 war Premiere im Gasteig. Der Andrang war so groß, dass der Carl-Orff-Saal zweimal ausverkauft war. Mittlerweile läuft der Film auch an vielen Schulen in Heimatkunde. Seither ergänze ich das Zeitreise-Projekt um neue historische Geschichten und Themen.

Sie sind eigentlich gelernter Flugzeugkonstrukteur. Wie kamen Sie zum Film?

Bichlmeier: Durch einen Flugzeugabsturz in Mexiko im Jahr 1980. Ich flog mein Ultraleicht-Flugzeug, als mich eine Thermikblase nach oben zog. Der Rettungsfallschirm wurde ausgelöst und ich stürzte ausgerechnet auf den höchsten Vulkan Mexikos auf 5.000 Meter Höhe. Das Schlimmste war der Durst, und bis Hilfe kam, dauerte es. Ein Helikopter hatte mich zwar gesehen, konnte aber nicht landen. Am zweiten Tag kamen zehn Indianer mit Eseln, die mich auf 4.000 Meter brachten. Von dort konnte mich ein Helikopter bergen.

Nach dem Unfall hatte ich dann keine rechte Lust mehr auf Flugzeugbau. Und als mir ein Regisseur und Kameramann erzählte, dass die herkömmlichen Kamerakräne, die er bei Naturaufnahmen oft einsetzte, so schwer seien – sie wogen eine halbe Tonne – habe ich mich damit in meiner Werkstatt beschäftigt. Heraus kam ein erheblich leichterer Kamerakran aus einer Titanlegierung, der nur noch zehn Kilo wog. Der Regisseur war begeistert und ich wurde daraufhin mit meinem Leichtkran zu verschiedenen Filmproduktionen eingeladen und habe auch mitgearbeitet. So bin ich auf den Geschmack gekommen.

Wann drehten Sie Ihren ersten Film und wovon handelte er?

Bichlmeier: Meinen ersten Film habe ich 1964 gedreht, aber der war nur drei Minuten lang. Ich habe unsere Band »The Outlaws« gefilmt, bei der ich Schlagzeuger war. Witzigerweise war das noch ein Stummfilm.

Mein erster richtiger Film hieß »Gustav Meßmer – der Ikarus« und entstand 1980. Mich hatte eine Zeitungsmeldung auf Gustav Meßmer aufmerksam gemacht, der mit seinen Fahrradflieger-Konstruktionen auf der Weltausstellung in Sevilla zu Gast im deutschen Pavillon war und als Megastar gefeiert wurde. Zuvor war er 30 Jahre in der Psychiatrie und hatte dort davon geträumt, mit dem selbstgebauten Fahrradflieger die Grenzen der Psychiatriemauer zu überwinden.

Haben Sie auch Preise für Ihre Dokumentationen bekommen?

Bichlmeier: Ja, für den »Gustav Meßmer-Film« bekam ich den Bayerischen Filmpreis. Den Bundesfilmpreis in Gold des Bundes deutscher Filmautoren erhielt ich 2008 für »Die Silberwirtin von Bayrischzell«. Darin geht es um eine nicht alltägliche Cafébesitzerin, bei der Promis wie Rudolph Mooshammer, Carolin Reiber und Bill Clinton zu Gast waren. Teil des Films war auch eine Gerichtsverhandlung, bei der die Wirtin aus verschiedenen Gründen angeklagt war. Doch diese Verhandlung glich eher einem Volkstheater.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Bichlmeier: Im Mai werden im Ottobrunner Feuerwehrhaus wieder meine neuesten Werke gezeigt, nachdem die »Zeitreise« vor zwei Jahren so gut angekommen ist.

Vielen Dank für das Gespräch! MO

Artikel vom 06.12.2016
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