Helmuth Felixberger und seine Jungs

40 Jahre Ehrenamt – Ehrung für den Trainer der Haarer Boxer

Trainer Helmuth Felixberger mit seinen alten Boxhandschuhen aus seiner Anfangszeit. 	F.: Gemeinde Haar

Trainer Helmuth Felixberger mit seinen alten Boxhandschuhen aus seiner Anfangszeit. F.: Gemeinde Haar

Haar · »Irgendwie ist das komisch – wenn man eine Auszeichnung kriegt, die auch Lebensretter bekommen. Was bin ich denn da dagegen?« Bescheidenheit und Tiefgang – das ist es, was Helmuth Felixberger auszeichnet.

Eigenschaften, die man klischeehaft nicht mit einem Boxer in Verbindung bringt. Doch genau das gehört zum Erfolgsrezept des 69-Jährigen, der sich seit 40 Jahren ehrenamtlich um den Boxernachwuchs in seiner Heimatgemeinde Haar kümmert. Dafür bekam er nun das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten.

Es klingt nach einer Geschichte, wie sie ein Drehbuch-Regisseur nicht besser hätte erfinden können. Am ehemaligen Riemer Flughafengelände hat der in Gronsdorf lebende Helmuth Felixberger eine Ecke gefunden, in der er ungestört Schattenboxen kann. Auf einer Anhöhe entdeckt er einen Stapel entsorgter Anzeigeblätter. Der Wind spielt mit einer Zeitung und blättert eine Seite auf. »Ich lese ein Inserat mit dem Titel »Sie wollen einen Boxverein gründen?« Das Datum der Versammlung hat Felixberger noch im Kopf: Am 4. August 1975 kam er nach dem Boxtraining noch zur Gründungsveranstaltung. Die Gründung war bereits gelaufen – der damals 28-Jährige ging trotzdem noch mit an Bord. Ein echter Glücksfall für die Boxabteilung des TSV Haar.

Helmuth Felixberger hat eine Kindheit und Jugend, in der ihm nicht alles in den Schoß gefallen ist. Als sich die Eltern für den damals 9-Jährigen völlig überraschend trennen, zieht er von heute auf morgen mit seiner Mutter von Berg am Starnberger See nach München-Zamdorf. Hier ist er viel alleine, die Sitten in dem Münchner Stadtviertel sind rau. Überall auf den Wiesen wird gekickt und anschließend geschlägert. Das liegt dem 1,68 Meter kleinen Burschen nicht. Der Versuch, ebenfalls Fußball zu spielen, scheitert. »Ich war nicht besonders talentiert«, erklärt er heute lachend. Doch das Verhalten seines Trainers damals, das hat er nie vergessen. Die Schlechten nicht zu motivieren, sondern auf der Bank sitzen zu lassen – das prägt sich als Unding bei dem gerechtigkeitsliebenden Mann ein.

Er ist knapp 17 und lernt den Beruf des Schriftsetzers, als ihm ein Spezi von einem Onkel erzählt, der Boxtrainer beim BC »Ring-frei« Kirchseeon ist. Das interessiert den jungen Felixberger, doch nur durch seine Hartnäckigkeit bekommt er die Chance in ein Training reinzuschnuppern. »Der Onkel meinte, ich hätte kein »Kämpferherz« und wollte mich erst nicht zum Training mitnehmen«, erinnert er sich. Schnell kann er alle vom Gegenteil überzeugen. Er ist talentiert und bereit, im Training alles zu geben. Unter katastrophalen Trainingsbedingungen auf einem Dachboden erfährt er zum ersten Mal Kameradschaft, die ihm ein Zuhause gibt.

Nach acht Monaten, am 15. August 1964 – an Maria Himmelfahrt – bestreitet er seinen ersten Kampf. »Es ist glücklicherweise kein Himmelfahrtskommando geworden«, erinnert er sich schmunzelnd. Er boxt ein Unentschieden – und gewinnt dabei trotzdem etwas: Seinen Spitznamen, der ihn bis heute begleitet. »Das Publikum feuerte mich mit »Fixe, Fixe«, einer Abkürzung meines Familiennamens an. Ich glaube fast, manche Leute kennen bis heute meinen vollen Namen nicht«, erklärt er.

Seine Boxerkarriere lief weiter. Auch bei der Bundeswehr gibt es einen Boxverein und Helmuth Felixberger entwickelt sich dort zum Klasseboxer. 1973 entschließt sich der mittlerweile 26-Jährige neben seiner Laufbahn als aktiver Boxer auch als Trainer einzusteigen. Ein Aspekt ist ihm dabei wichtig: Er ist mit dem Herzen immer bei »seinen Jungs«. Mit allen Mitteln will er für sie verhindern, was er schon so oft mitansehen musste: Dass Boxer verheizt, Gewichtsklassen nicht beachtet oder untrainierte Boxer einfach vorgeschickt werden. Er selbst boxt mittlerweile als »Legionär« für den BC Bavaria Rosenheim in der ersten Bundesliga. Eine sehr intensive und erfolgreiche Zeit. Auch, weil er zu diesem Zeitpunkt beim TSV Haar startet. Die Haarer Boxer gehen einen Verbund mit Kirchseeon ein – eine Vereinigung, die Helmuth Felixberger sehr wichtig ist, denn sein Herz schlägt für beide Vereine.

Mehr als nur ein Trainer

Die Titel, die seine Jungs für ihn holten, kann er schon nicht mehr zählen. Einige hundert Boxer hat er bereits trainiert. Ganz besonders stolz ist er auf einen Deutschen Meistertitel. Fixe ist immer deutlich mehr als nur der Trainer. Er steht mit väterlichem Rat parat, ist Lebensberater. Herz und Verstand, das muss für ihn beim Boxen immer beisammen sein. Es ist ein Sport der zwei Gesichter: Im Ring dürfe man keine Skrupel haben, muss nicht nur körperliche, sondern auch mentale Stärke zeigen. Die Aggression muss aber mit den Boxhandschuhen abgelegt werden, sagt Felixberger.

Ein Resümee? Braucht es noch nicht. Felixberger ist noch lange nicht fertig. Den Trainerschein muss er alle drei Jahre verlängern – das ist gerade fällig. Und das tut er nochmal. Das Handtuch geworfen, das hat er nur ganz selten in seiner Trainerlaufbahn. Nur im Notfall, sagt er. Und so wird er auch jetzt nicht das Handtuch werfen. Die Ehrenauszeichnung des Ministerpräsidenten ist mehr als verdient. Auch wenn er sich dafür extra einen Anzug hat kaufen müssen, wie er mit verschmitztem Lächeln erzählt und die Nadel in seinen Fingern vorsichtig hin und her dreht. Wer weiß, wofür er den Anzug noch braucht. Allerdings: Die goldene Ehrennadel der Gemeinde Haar hat er bereits. Das ging auch ohne Schlips und Kragen.

Artikel vom 01.12.2016
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