Bühne frei für Nachwuchskünstler

Moosach · Neues Format im Pelkovenschlössl geht an den Start

Autodidakt Sebastian Klein präsentierte selbstkomponierte Gitarrenmelodien.	Foto: Katja Brenner

Autodidakt Sebastian Klein präsentierte selbstkomponierte Gitarrenmelodien. Foto: Katja Brenner

Moosach · Schon bevor es richtig losging, strahlte Moderatorin Fee Brembeck bis über beide Ohren. Denn am Samstag, 12. November, ging ein neues Format im Kultur- und Bürgerhaus Pelkovenschlössl, die »MooShow«, zum ersten Mal über die Bühne.

Die »MooShow« ist ein bisschen Talk und ein bisschen Show. Mit erlesenen Gästen werden aktuelle Themen, die Moosach, München und die Welt bewegen, diskutiert, zwischendurch wird musiziert. Und das alles in lauschig-entspannter Wohnzimmeratmosphäre, auf den womöglich bequemsten Sofas der Stadt. Die laufenden Kameras taten der Gemütlichkeit hierbei keinen Abbruch. Denn im Anschuss an die Aufzeichnung geht die Show online und kann auf Youtube (erneut) angeschaut werden.

Die erste Folge der »MooShow« stand ganz im Zeichen der Themen Nachhaltigkeit und Umwelt sowie der Grundsatzfrage, wie wir künftig in der Stadt leben wollen. Den Anfang unter dem Talkgästen machte das Künstlerpaar Lucie Mackert und Peter Fischer. Ob sie nun in Schwabing oder aber in Maxvorstadt wohnten, darüber war sich das Duo selbst nicht ganz sicher. Gewissheit herrscht bei ihnen aber im Hinblick auf die wirklich lebensbewegenden Fragen, namentlich die nach Müllvermeidung, vernünftiger Ernährung und vertretbarer Kleidung. Denn die beiden Vegetarier haben sich vorgenommen, nachhaltig zu leben. Um so wenig Abfall wie möglich zu produzieren, kaufen sie im »Ohne Laden« in der Schellingstraße, Münchens erstem verpackungsfreien Supermarkt.

Zur Vermeidung von Verpackungsmüll empfiehlt Musikkabarettist Fischer gleichermaßen die zahlreichen Münchner Wochenmärkte. Singer-Songwriterin Lucie Mackert erklärt, dass man, je mehr man sich mit dem Themenkreis beschäftige, umso sensibler werde. Ihr müllvermeidender Lebensstil hat aber auch ganz praktische Nebeneffekte: »Der Abfalleimer muss viel seltener rausgetragen werden«, ergänzt Mackert scherzhaft.

Bei der Bekleidungswahl will das Künstlerduo ebenfalls mit gutem Beispiel voran gehen: Fischer bevorzugt fairgehandelte Textilen, Mackert ist komplett secondhand gekleidet. Beide wollen ihren kleinen Beitrag leisten und sich mit individuellem Konsumverhalten kritisch auseinandersetzen, erklären die Künstler. Viel bräuchten sie ohnehin nicht, um glücklich zu sein. »Statt ständig einkaufen zu gehen, machen wir halt Musik«, fasst Mackert zusammen. Auch auf der Bühne ergänzten sich die Zwei bei ihrem bittersüßen Tanz in den Untergang, einem Lied, dass den Versuch, nicht an der Welt zu verzweifeln, thematisiert, vortrefflich.

Die musikalische Virtuosität des Autodidakten Sebastian Klein ließ sich an diesem Abend ebenso bestaunen. An der Gitarre entführte er die Zuhörer mit gefühlvollen Melodien, die zum Abtauchen und zum Davonfliegen, zum Verweilen und zum Dahinschmelzen einluden.

Die freischaffende Künstlerin Carola Ludwig berichtete wiederum von berührenden Begegnungen während des Projektes »Die Innere Stadt«: Hierbei wurden Menschen, etwa aus Afghanistan oder Syrien, die in einer Moosacher Einrichtung Zuflucht gefunden haben, porträtiert. Diese »Profilbilder« wurden während der Aktionswoche »Wir alle sind Moosach« im Pelkovenschlössl ausgestellt, allerdings verpackt. Besucher der Ausstellung konnten die Bilder entgeltlich auspacken. Von den Einnahmen wurden Zutaten für ein gemeinschaftliches Kochen im Pelkovenschlössl, welches am 13. November stattfand, gekauft. Da alle Bilder ausgepackt wurden, stand einer reichlich gedeckten Tafel nichts mehr im Wege. Zur lukullischen Finissage erschienen rund 80 Personen.

Bei Talkgast Polina Palo drehte sich alles um die Herkunft unserer Lebensmittel. Die Landschaftsarchitektin ist Mitorganisatorin des »Freiluftsupermarktes« in Freiham, einem Zwischennutzungsprojekt, bei dem man die Waren selbst anbauen und ernten kann. Wie er zustande kam, was ein »Freiluftsupermarkt« überhaupt ist und wie er funktioniert, erläuterte die junge Estin eindrücklich. Sie freue sich zudem immer wieder, wenn sie sehe, wie Menschen jedweder Couleur im »Freiluftsupermarkt« zusammen kämen, spontan plauderten oder wie Kinder die ihn umgebenden Heuballen zu ihrem kleinen Naturspielplatz machten. Diese lernen hier auch all die verschiedenen Gemüsesorten kennen. Denn Palo berichtet ebenso, dass viele Stadtkinder noch nie eine Zucchini in freier Natur gesehen hätten. Als letzter Talkgast stellte sich Julia Maier, Initiatorin der Petition zum Verbot von Pferdekutschen als Brauereigespanne auf der Wiesn, den Fragen Fee Brembecks.

Einen bleibenden Eindruck hinterließ besonders Überraschungsgast Verena Richter mit ihrem scharfzüngigen Text zum »gesellschaftsschädigenden und hochansteckenden Gutmenschentum«. All jenen, die zu weitsichtig seien, um blind zu hassen, empfiehlt sie übrigens eine wirksame Dosis Ressentiment, dem altbewährten Hausmittel gegen Anflüge von Selbstreflexion.

Das buntgemischte Publikum hat das teils heiter, teils nachdenklich stimmende Programm sichtlich genossen. Und eines führte der Abend deutlich vor Augen: München hat eine junge, lebendige Kunst- und Kulturszene, die nun in der »MooShow« sowohl eine Plattform als auch ein Zuhause gefunden hat. Wer sich hiervon vor Ort überzeugen möchte, der muss sich noch etwas gedulden, denn die nächste »MooShow« gibt es erst am 4. Februar. Die, die nicht so lange warten können, sollten, um die Durststrecke bis dahin zu überbrücken, den Youtube-Kanal des Formats auschecken. kb

Artikel vom 21.11.2016
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