Thomas Loderer, Erster Bürgermeister

Ottobrunn · Aus dem Rathaus (November 2016)

Thomas Loderer – Erster Bürgermeister

Thomas Loderer – Erster Bürgermeister

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, unsere Welt ist nach dem Fall der Mauer, die diese bis 1989 in Ost und West teilte, nicht friedlicher geworden. Schon immer wurden an vielen Orten der Welt politische, religiöse oder ideologische Auseinandersetzungen mit unerbittlicher Grausamkeit und Härte geführt.

Neu ist, dass die Schockwellen solcher Ereignisse in kürzester Zeit in Deutschland und damit auch bei uns in Ottobrunn ankommen. Wir können uns ihnen nicht mehr entziehen. Und es trägt nicht gerade zur Beruhigung bei, dass die Flüchtlingskrise auf westliche Gesellschaften trifft, die, wie sich nicht nur in den USA zeigt, zum Teil tief gespalten sind. Die einst so stabilen Fundamente, die auf Freiheit und Wohlstand für alle und auf einem breiten Konsens in moralischen Fragen gründeten, beginnen zu bröckeln. Entwicklungen, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar schienen wie der drohende Zerfall der Europäischen Union, werden von einer geschichtsvergessenen Minderheit euphorisch begrüßt und von vielen achselzuckend hingenommen.

Der Frieden ist nicht nur von außen, sondern auch von innen heraus bedroht. Wieder einmal bekommen Verführer Zulauf. Sie haben für alles eine schnelle und einfache Lösung. Der Ton und der Umgang werden rauer, die Sprache verroht. Fremdenfeindlichkeit grassiert. Sie kommt aus der Mitte der Gesellschaft. Das sagen Studien, deckt sich aber auch mit meinen eigenen Erfahrungen. Ich meine: Gerade im Lichte der jüngsten Entwicklungen, die in unserer politischen Landschaft zu gewaltigen tektonischen Verschiebungen geführt haben, ist der 1919 unter dem Eindruck der menschlichen Katastrophe des ersten Weltkrieges ins Leben gerufene Volkstrauertag aktueller denn je. Dieser Tag der Besinnung, den wir am 13. November begehen, tut not.

Ist uns wirklich klar, was auf dem Spiel steht, wenn wir den Weg einer offenen Gesellschaft verlassen? Diese Frage müssen sich die stellen lassen, die sich von der Politik betrogen fühlen und als Wutbürger auf Plätzen oder im Internet gegen das politische Establishment anbrüllen; genauso aber auch die, die sich moralisch über die vorgenannte Gruppe erheben, ohne zu merken, dass sie durch Prinzipienlosigkeit und rücksichtsloses Verfolgen von gesellschaftspolitischen Utopien den Zusammenhalt ebenso gefährden.

Der Volkstrauertag vermittelt uns eine Ahnung, was Krieg und Gewalt bedeuten und lässt uns begreifen, dass das Leben in einem Land, das in Frieden mit seinen Nachbarn lebt und das die Menschenrechte achtet, ein Geschenk ist. Ein Geschenk, das eine Verpflichtung zur Wahrung des Friedens und zur Verteidigung der Freiheit und der Menschenwürde enthält.

Erst wenige Wochen ist es her, dass Zeitzeugen der menschenverachtenden NS-Diktatur wie der Auschwitz-Überlebende Max Mannheimer oder Haakon Sörbye, der ehemalige Häftling des Ottobrunner KZ-Außenlagers, gestorben und damit für immer verstummt sind. Durch Gedenktage wie den Volkstrauertag leben ihre Erinnerungen und Mahnungen fort. Nehmen wir diese ernst! In diesem Sinne lade ich Sie, Junge wie Alte, am Volkstrauertag herzlich zur Friedensfeier ein.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr Thomas Loderer
Erster Bürgermeister

Artikel vom 21.11.2016
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