Integration durch Theater

Ebersberg · Das alte kino startet dreijähriges Projekt mit Zugewanderten

Ebersberg · Als im Sommer 2015 jeden Tag neue Flüchtlinge in München und im Landkreis Ebersberg ankamen, sich die Mitarbeiter im Landratsamt in vielen Überstunden um die Erstversorgung und Unterbringung der Menschen bemühten und sich Freiwillige für die Betreuung zu Helferkreisen zusammenschlossen, war schnell klar, dass Willkommenskultur am Bahnhof nicht ausreichen würde zur langfristigen Integration der Zugwanderten.

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»Das alte kino begreift sich seit seiner Gründung vor 24 Jahren nicht nur als Bühne für Kleinkunst, Musik, Theater und Kino, sondern als Ort der Begegnung«, sagt Geschäftsführer Markus Bachmeier. Deshalb habe der Verein diese Bühne zur Verfügung stellen und einen eigenen Beitrag leisten wollen. Aus vagen Ideen entwickelten sich vor einem Jahr in Gesprächen recht bald konkrete Vorschläge, für die man die Unterstützung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gewann. Mit dessen finanzieller Hilfe startet das alte kino nun im Oktober ein theaterpädagogisches Projekt mit Zugewanderten.

In einer ersten Phase treffen sich Zugewanderte im wöchentlichen Rhythmus unter der Leitung einer Theaterpädagogin zu Theater-Workshops. Unterstützung kommt abwechselnd von Musik-, Tanz- und Kunstpädagogen, um eine große Bandbreite an künstlerischen Ausdrucksformen zu ermöglichen. In einer zweiten Phase soll die Gruppe auf eine gemeinsame Aufführung im alten kino hinarbeiten. Im Idealfall bestimmen die Teilnehmer selbst, wie sie sich organisieren, was sie aufführen, wie die Rollen verteilt werden. Die Teilnehmer lernen dabei, Beziehungen aufzubauen, eigene Fähigkeiten und Potentiale zu erkennen, ihre Kommunikation und ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, Teamgeist und Engagement, Vertrauen und Selbstvertrauen, Selbstverantwortlichkeit, Werte wie Pünktlichkeit und Ausdauer. Öffentliche Aufführungen im alten kino erlauben es den Teilnehmern in der dritten Phase, in einen interkulturellen Dialog mit der Ebersberger Bevölkerung zu treten. Sie bauen sich ein eigenes Netzwerk auf, das ihnen eine Präsentation der gemeinsamen Arbeit auch in anderem Rahmen erlaubt und außerhalb der Bühne bei der sozialen Integration behilflich ist.

Soweit die Theorie des auf drei Jahre angelegten Projektes. In der Praxis musste das Team vom alten kino erst einmal seine eigenen Kontakte ausbauen. Eine externe Theaterpädagogin ist gefunden, eine musikpädagogische Unterstützung ebenfalls. Erste Gespräche mit Vertretern aus Helferkreisen, Landratsamt und Kreisbildungswerk haben stattgefunden, ein Informationsabend ist für September angesetzt. »Die Resonanz in den Gesprächen und auf die Einladung ist bisher durchweg positiv ausgefallen«, berichtet Markus Bachmeier. Ebenfalls noch im September wird der Auftaktabend mit den Zuwanderern stattfinden. Auch da gab es erste zaghafte Kontakte.

Manche der in Ebersberg untergebrachten Flüchtlinge kennen das alte kino und den alten speicher ohnehin schon: Sie erhielten von Anfang an freien Eintritt bei Veranstaltungen, wenn diese nicht ausverkauft waren, drei von ihnen traten an Silvester und beim Kulturfeuer-Sommerfest mit der »Altes Kino All Star Band« auf, ein Vereinsmitglied ist selbst beim Ebersberger Helferkreis aktiv. »Wir wollen mit unserem Projekt dazu beitragen, dass auf beiden Seiten Ängste und Vorurteile abgebaut werden«, sagt Bachmeier.

Ideell unterstützt wird das alte kino bei diesem Ziel auch von Stadt und Landkreis. Bürgermeister Walter Brilmayer ist sicher, dass das Projekt »einen Beitrag zur Teilhabe Zugewanderter am gesellschaftlichen Leben Ebersbergs leistet«. Mirjana Šimić, die Integrationsbeauftragte im Landratsamt, sieht darin »eine Bereicherung der bestehenden Bemühungen um Integration in der Region«. Wie weit das alte kino bei der Umsetzung seiner Ziele gekommen ist, lässt dann voraussichtlich im Mai begutachten – bei einer Aufführung im alten kino.

Artikel vom 13.09.2016
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