Dilemma um die Radfahrer

Erding · Wie man mehr Sicherheit im Straßenverkehr erreichen könnte

Kommt es im Straßenverkehr zu einem Unfall zwischen Fahrrad und Auto, ist der Radfahrer immer der Schwächere, nicht nur, wenn es sich dabei um Kinder handelt.	Foto: S. Aptacy

Kommt es im Straßenverkehr zu einem Unfall zwischen Fahrrad und Auto, ist der Radfahrer immer der Schwächere, nicht nur, wenn es sich dabei um Kinder handelt. Foto: S. Aptacy

Erding · In Erding hängt der Haussegen schief. Der Haussegen zwischen Radfahrern, Ordnungsamt und der Polizei. Die Radfahrer, vertreten durch die Erdinger Ortsgruppe des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub), in Person durch deren Vorsitzenden Horst Weise, sind teils enttäuscht, teils wütend.

Dass die Situation für Radfahrer in der Großen Kreisstadt immer gefährlicher wird, was auch die Unfallzahlen belegen, bestreitet niemand. Nur, die Wege aus diesem Konflikt heraus sind vielfältig und der eine mag nicht mit dem anderen mitgehen.

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So fordert der ADFC laut Weise von der Polizei Kontrollen an gefährlichen Abzweigungen. Abbiegeunfälle, bei denen Autofahrer vorfahrtberechtigte Radfahrer missachten oder Radfahrer im toten Winkel übersehen werden, seien das größte Problem für die Radler, die keineswegs immer schuldlos sind, aber immer der Leidtragende, weil sie bei einem Zusammenstoß einfach der Schwächere sind. Derartige Kontrollen könne Polizeirat Anton Altmann, Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Erding, nicht realisieren: »Ich weiß nicht, wie man Autofahrer beim Abbiegen kontrollieren soll. Dafür habe ich zu wenig Personal«, meint er. Weiter wolle er sich zu dem Thema nicht äußern. Dass er des Themas längst überdrüssig ist, lässt sich ­seiner Stimme und seinen Worten entnehmen. Nur des Themas wohlgemerkt. Fahrradunfälle möchte auch der Erdinger Polizeichef gerne möglichst wenige erfassen müssen.

Die Polizei setzt hierfür den Hebel an einer Stelle an, die Horst Weise nicht nachvollziehen kann. So fand am 10. August eine Fahrradaktion der Polizei in Erding statt, bei der die Radfahrer auf Mängel in der gesetzlich vorgeschriebenen Ausrüstung am Rad und in ihrem Fahrverhalten aufmerksam gemacht wurden. 113 Radfahrer wurden an der Langen Zeile, auf dem Schrannenplatz, am Fehlbach und am Amtsgericht kontrolliert. Dabei wurden 43 Verwarnungen ausgesprochen, 22 Radfahrer mussten für diverse Nachlässigkeiten ein Ordnungsgeld zahlen. In Weises Augen war das eine Aktion ­gegen die Radfahrer, obwohl bei mehr als 90 Prozent von Unfällen zwischen Fahrrädern und Autos die Pkw-Fahrer die Hauptverursacher seien, so seine Kritik.

Horst Weise: Radfahren wird in Erding immer gefährlicher

Radfahrer würden in Erding einmal im Jahr kontrolliert, Autofahrer zwei- bis dreimal – pro Woche! Das sagt Anton Altmann zu den Vorwürfen vonseiten des ADFC, zu dem die Erdinger Polizei eigentlich kein schlechtes Verhältnis habe. Das wackelt jetzt, denn Weise wirft der Polizei Aktionismus vor, mit dem sich die steigenden Unfallzahlen von Radfahrern nicht verhindern ließen. »Wenig bis gar nicht effizient, gut für die Statistik«, hat der ADFC-Vorsitzende kein gutes Wort für die Polizei übrig.

Ziel seiner Wortgewalt ist auch das Ordnungsamt der Stadt Erding, das mit der gleichen Strategie wie die Polizei das gewünschte Ziel ebenfalls nicht erreiche. Schlimmer noch: In der Fußgängerzone würden Radfahrer abgezockt. Solche, die dort fahren, mussten bei einer Kontrolle im Juni zahlen, klar. Doch auch in mindestens einem Fall sei eine Frau beschuldigt worden, in der Fußgängerzone gefahren zu sein und beim Anblick der Ordnungskräfte abgestiegen zu sein. Die Frau dagegen habe darauf bestanden, ihr Fahrrad durchgehend geschoben zu haben. Hat nichts genutzt. Über die Maßen überrascht zeigte sich auch ein Journalist, der eigenen Angaben zufolge zurecht gebührenpflichtig verwarnt worden war, um später über einen längeren Zeitraum beobachten zu müssen, wie Autofahrer, die in die Fußgängerzone eingefahren waren, von eben diesen Ordnungskräften zurückgeschickt wurden – ohne ein Ordnungsgeld entrichten zu müssen.

Das mag nun eine Momentaufnahme sein, aber Horst Weise und seine Mitstreiter vom ADFC machen eine besorgniserregende Beobachtung. Demnach wird das Radfahren an sich in Erding gefährlicher, gleichzeitig gehe die Rücksichtnahme auf die Radfahrer zurück. »Das Radfahrer-Bashing nimmt zu«, meint er frustriert. Das bleibt eine Frage der subjektiven und der objektiven Wahrnehmung. »Wir wollen nicht, dass in Erding jemand zu Tode gefahren wird«, appelliert Horst Weise. Niemand will das. Aber jeder will das anders erreichen. Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 25.08.2016
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