Den Gebärmutterhalskrebs vorbeugen

Gynäkologin Dr. Julia Neff über HPV und die Bedeutung der Vorsorgeuntersuchung

Dr. Julia Neff bereitet die Untersuchung einer Patientin mittels Kolposkop vor.	Foto: Sybille Föll

Dr. Julia Neff bereitet die Untersuchung einer Patientin mittels Kolposkop vor. Foto: Sybille Föll

Ebersberg · Humane Papillomviren (HPV) sind weltweit verbreitete Erreger, die mittlerweile in über 150 verschiedene Typen differenziert werden können. Fast alle Menschen kommen im Laufe ihres Lebens mit HPV in Kontakt - meist ohne gesundheitliche Folgen.

Einige HPV-Typen jedoch können Gebärmutterhalskrebs und andere Tumorarten wie etwa Krebs der Schamlippen oder des Darmausgangs verursachen. Wir sprachen mit Dr. Julia Neff, Oberärztin in der Gynäkologie an der Kreisklinik Ebersberg, über Risikofaktoren und Möglichkeiten zur Vorbeugung.

Frau Dr. Neff, wie groß ist die Gefahr, sich mit HPV zu infizieren?

Dr. Julia Neff: Die Übertragung von HPV kann schon über Hautkontakt bei Berührungen erfolgen oder über Schleimhautkontakt, zum Beispiel beim Geschlechtsverkehr. Die Ansteckungsgefahr ist also relativ groß. Die meisten Formen dieser Viren sind harmlos und eine Infektion wird gar nicht bemerkt. Einige HPV-Typen jedoch können zu unangenehmen Warzen oder bösartigen Gewebeveränderungen bis hin zu Krebs an den betroffenen Stellen führen. Im Genitalbereich der Frau sind das Gebärmutterhals, Scheide und Schamlippen.

Welche Viren-Typen sind das?

Dr. Julia Neff: Juckende Genitalwarzen - sogenannte Feigwarzen oder Kondylome – werden am häufigsten von den HPV-Typen sechs und elf hervorgerufen. Sie verursachen jedoch keinen Krebs oder Krebsvorstufen. Dies sind nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen in erster Linie HPV 16 und HPV 18.

Führt eine Infektion damit in jedem Fall zu den erwähnten Erkrankungen?

Dr. Julia Neff: Nein. Wie schon gesagt, kann das Virus unbemerkt im Körper sein. Das Immunsystem hält es in Schach oder vernichtet es im besten Fall. Verbleibt es jedoch über einen längeren Zeitraum im Körper, treten möglicherweise Zellveränderungen an den betroffenen Stellen auf. Ein Risikofaktor ist – neben einem geschwächten Immunsystem – auch das Rauchen. Bestimmte Begleitstoffe in Zigaretten sorgen dafür, dass die Viren dauerhaft im Körper verbleiben, und das kann zu Krebsvorstufen sowie Krebs führen.

Was ist der Unterschied zwischen Krebs und Krebsvorstufe?

Dr. Julia Neff: Bei der Krebsvorstufe sind zwar schon auffällige Zellen vorhanden, aber diese sind noch begrenzt auf ihren Ursprungsort, haben sich also noch nicht auf andere Bereiche ausgedehnt. In diesem frühen Stadium ist die Prognose für eine Heilung sehr gut.

Merken Frauen Gewebeveränderungen?

Dr. Julia Neff: Nicht unbedingt. Symptome bei Krebsvorstufen können starker Ausfluss, Blutungen außerhalb der Menstruation oder Blutungen nach dem Sex sein. Auffälligkeiten werden aber meist bei der Krebsfrüherkennung entdeckt. Der Arzt nimmt einen Abstrich vor, um einen zytologischen Befund zu erstellen, das heißt, er untersucht mikroskopisch die Zellen aus Gebärmuttermund und Gebärmutterhals. Die Ergebnisse dieses sogenannten Pap-Tests – benannt nach dessen Entwickler, dem Arzt George N. Papanicolaou – werden in verschiedene Befundstufen unterteilt. Pap I bedeutet »gesunde Zellen«, Pap V heißt, es wurden bösartige Tumorzellen nachgewiesen. Zwischenstufen deuten zwar auf Zellveränderungen hin, es muss aber nicht zwangsläufig Krebs sein. Es kann sich auch um eine Entzündung oder andere Ursachen handeln. Oft bilden sich die Zellveränderungen wieder von selbst zurück.

Wie diagnostiziert der Gynäkologe die Ursache?

Dr. Julia Neff: Wenn nach dem Pap-Test noch unklar ist, ob es sich um eine Krebsvorstufe (CIN, Abkürzung für zervikale intraepitheliale Neoplasie) handelt oder nicht, nehmen wir bei der Patientin eine Kolposkopie vor. Das Kolposkop ist eine Art Mikroskop mit angeschlossener Sonde für eine Scheidenspiegelung, so dass wir das Gewebe in Scheide, Muttermund und Gebärmutterhals bis zu 40-fach vergrößert auf einem Bildschirm betrachten und auch der Patientin zeigen können. Dabei entnehmen wir außerdem winzige Gewebeproben und untersuchen sie. Die histologischen Befunde unterteilen sich in CIN I bis CIN III. Die ersten beiden Stufen können sich zurückbilden, CIN III jedoch ist als Krebsvorstufe einzuordnen. In diesem Fall empfehlen wir der Patientin eine Konisation.

Was bedeutet das?

Dr. Julia Neff: Mit einer elektrischen Schlinge tragen wir eine leicht kegelförmige Scheibe betroffenes Gewebe von Muttermund und einem Teil des Gebärmutterhalses ab. So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich, vor allem bei jungen Frauen. Denn ein solcher Eingriff erhöht das Risiko einer Frühgeburt.

Wie können Frauen einer HPV-Infektion vorbeugen?

Dr. Julia Neff: Einen guten Schutz bietet die HPV-Impfung. Sie sollte aber vor einer Infektion mit dem Erreger stattfinden, am besten also vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine Impfung von Mädchen im Alter zwischen neun und 14 Jahren. Wer sich nicht impfen lassen möchte, dem empfehle ich, regelmäßig einmal im Jahr zur Krebsfrüherkennung zu gehen. Ab dem 20. Lebensjahr übernehmen die Krankenkassen die Kosten dafür.

Artikel vom 07.06.2016
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...