Keine Angst vor Graupelschauer: Springtraining vor der Pferd International bei echtem Aprilwetter

Pferd International 2016: Als Zaungäste bei Simone Blum auf dem Eichenhof

Mit Little Lucy will Simone Blum auf der Pferd International starten, die Stute ist für die Youngsters Tour geplant.	Fotos: Claudia Rahlmeier

Mit Little Lucy will Simone Blum auf der Pferd International starten, die Stute ist für die Youngsters Tour geplant. Fotos: Claudia Rahlmeier

München/Riem · Dunkelgraue schwere Regenwolken hängen über dem Freisinger Hinterland, als wir uns auf dem Weg machen zu Simone Blum, der erfolgreichen Springreiterin und Deutschen Vizemeisterin, die ihre Turnierkarriere mit sieben Jahren startete und mit 18 schon das Goldene Reitabzeichen im Springen verliehen bekam.…

Pferd International München 2016

Wir sind verabredet, um über Turnierreiten, Springtraining, ihre Sportpferde und Zukunftspläne zu reden und dürfen bei einer Trainingseinheit auf dem Springplatz zuschauen.

Nach einem überaus herzlichen Empfang auf dem Eichenhof, dem Wohn- und Arbeitsplatz von Simone und der ganzen Familie Blum, geht es zur Box von Little Lucy, der siebenjährigen Nachwuchshoffnung im Stall. Die feine Fuchsstute wird gesattelt und los geht’s im Gänsemarsch zum Springplatz: Lucy und ­Simone, Mama Ulrike Blum, die freiwillig Parcoursdienst macht, Claudia Rahlmeier, die trotz einsetzendem Regen schöne Bilder schießen will und ich, der Schreiberling der München Pferd, mit vielen Fragen im Gepäck. Vorbei an Koppeln und über die Galoppbahn liegt rechter Hand ein kleiner Offenstall mit Zugang zu natürlichem Wasser. Wie uns Ulrike Blum erzählt, sind die Aufzuchtpferde dort über die Herbst-, Winter- und Frühlingsmonate draußen und fühlen sich pudelwohl. Im Sommer geht es für sie ins Allgäu zum saftigen Gras. Aber auch die Sportpferde dürfen regelmäßig auf Koppel und den Paddock, damit sie immer gut aufgelegt sind.

Simone hat für die Pferd International Little Lucy für die Youngster Tour genannt, außerdem Alice, gerade das »heißeste Eisen« und der absolute Star im Stall Blum, und die Routiniers Flying Boy und Sam. Die beiden Stuten sollen sicher in Riem starten, zwischen den Wallachen will sich die Springreiterin je nach aktueller Form entscheiden.

Nachdem wir nun im Parcours, der dank des hervorragenden Textilbodens optimal »bespringbar« ist, im Aprilregen stehen, frage ich mal nach: wie es ist, wenn man bei so einem Wetter auf Rasen reiten muss? Simone ist überzeugt, dass der Hufeisenplatz auf der Olympia-Reitanlage in Riem einer der besten Rasenplätze ist, der sehr viel Wasser aushält. Nach wochenlangem Dauerregen ist natürlich jeder Boden mal erschöpft, aber darauf kann man sich einstellen. »Aber im Grunde ist es ein Traum, auf diesem Platz zu reiten«, so Simone Blum.

Apropos Rasen: Hast du als Tochter des erfolgreichen Vielseitigkeitsreiters Jürgen Blum schon mal das Hamburger Derby angepeilt? Bei dieser Frage muss sie lachen: »Also ich bin nicht die Mutigste und weiß nicht, ob ich den großen Wall wirklich runterreiten möchte. Außerdem braucht man dafür ein ganz besonders Pferd, einen Derbyspezialisten. Nein, eigentlich bin ich nicht so scharf drauf«. Aber sie hat uns verraten, dass sie auf dem CHIO in Aachen schon sehr gerne mal reiten würde.

Die Meinungen, ob man explizit auf Rasen trainieren muss, gehen ja auseinander. Bei den Blums stehen einige Deutsche Sportpferde aus dem Osten, wo es viele Rasenplätze gibt, sodass es die Pferde gut gewöhnt sind. Das eine Pferd mag Rasen mehr, das andere weniger, aber Simone glaubt, dass man die Pferde nach ihren Vorlieben einsetzen sollte und Parcours auf Rasen in jungen Jahren später einen Vorteil verschafft. Vor der Pferd International geht es noch nach Frankreich auf das Turnier in Maubeuge, ein Rasenturnier und somit gute Vorbereitung für die Pferd International.

Little Lucy läuft locker durch den Regen, wesentlich lockerer als Fotografin Claudia Rahlmeier, die immer wieder hektisch ihre Kamera abdeckt. Vor Turnieren reitet Simone Blum einfach nochmal locker Dressur, damit die vierbeinigen Sportler losgelassen und entspannt sind. »Mit den Routiniers springe ich zuhause kaum, wenn, dann nur ganz kleine Gymnastikhindernisse«, erklärt mir Simone. »Ich bin der Meinung, dass jeder höhere Sprung auf die Gelenke geht und die Sprünge im Leben eines Pferdes am Schluss gezählt sind. Darum schone ich gerade die älteren, die erst nach der Winterpause auf eine vorbereitende Tour gehen, wie grade in Italien auf der Riviera Sun Tour. Zuhause werden sie bei Laune gehalten, werden dressurmäßig oder auch mal an der Longe gearbeitet, gehen Ausreiten, in die Führanlage, grasen und auf die Koppel, damit sie nicht steif werden. Und ich glaube, dass mein Konzept da aufgeht, denn Sam ist 17 Jahre alt und immer noch fit wie ein Turnschuh«.

Mit den Nachwuchspferden wird schon mal Parcours geübt, auch mal auf einem fremden Platz oder in einer anderen Halle. Aber Turnierreiten lernt man nur auf dem Turnier, das gilt auch für Pferde. Simone hat das Gefühl, dass unerfahrene junge Springpferde, wenn sie zweimal auf dem Turnier waren, mehr gelernt haben, als wenn man zehnmal daheim Parcours springt. So ein Springparcours ist nach ein bis drei Minuten vorbei, da spielen Konzentration und Nerven bei Pferd und Reiter eine wesentliche Rolle. Beim Pferd kann Nervosität auch eine positive Anspannung sein, die für den Reiter arbeitet. Flying Boy zum Beispiel ist schon ein nerviges Pferd, aber wenn im Parcours die Glocke ertönt, ist er immer absolut da, da gibt’s keine Aussetzer. »Ich persönlich glaube nicht, dass man als Mensch Nervenstärke groß trainieren kann, entweder man hat sie oder nicht«, ist Simone überzeugt. »Und wenn nicht, wird es im großen Sport eher schwierig. Routine hilft natürlich, bei den »normalen« Springen, die ich jedes Wochenende reite, spielt Nervosität keine Rolle. Aber letztes Jahr auf der Deutschen Meisterschaft war ich deutlich angespannter als sonst, käseweiß und wirklich nervös. Aber irgendwie hat mir das dann auch geholfen, bis zum Schluss hoch konzentriert zu reiten«.

Ich hab Simone gefragt, ob es den »ultimativen Tipp« für Turniereinsteiger gibt. »Für mich ist die dressurmäßige Ausbildung des Reiters und des Pferdes das A und O. Und dann muss der Reiter sein Auge schulen, um die Distanzen früh genug zu erkennen«, so Simone.

Die junge Fuchsstute dreht unbeeindruckt ihre Runden und springt locker über Steilsprung und Oxer. Klein angefangen, zieht der »Parcoursdienst« die Stangen zwei-, dreimal höher und nach einer knappen halben Stunde reicht es auch. Lucy ist heute schon dressurmäßig gearbeitet worden, und wenn es am besten läuft, soll man ja bekanntlich aufhören – auch und gerade bei der Arbeit mit Pferden. Simone Blum studiert noch an der TU München, Abgabetermin für die Masterarbeit ist aber gleich nach der Pferd International am 15. Mai.

Wie geht es dann weiter, will ich wissen – Karriere oder Reiten oder eine Reiterkarriere?
Sie hat gerne studiert und wollte auch unbedingt einen Abschluss in der Tasche haben, erzählt die Sportlerin. Aber jetzt wird sich Simone professionell der Reiterei widmen und selbstständig machen. »Ich möchte die Gunst der Stunde nutzen, dass ich mit Alice so ein wunderbares Springpferd im Stall habe und mein Hobby zum Beruf machen kann«, so Simone. Momentan wird ein neuer moderner Stalltrakt gebaut für die Turnier- und künftigen Berittpferde. Auf dem wunderschön gelegenen Eichenhof ist ja alles da, was Sportreiter und Pferde benötigen, wie zum Beispiel Reithalle, Plätze, Parcours, großes Ausreitgelände Führmaschine, Laufband, Longierzirkel, Koppeln und Paddocks.

Da kann man sich gut vorstellen, dass hier bald der »Sport und Ausbildungsstall Simone Blum«, unterstützt von ihren Sponsoren Spooks, Uvex, CWD und Röckl, erfolgreich startet. Ab 1. Juni 2016 geht es los, dann können die Ausbildungspferde kommen.

Wir sehen jetzt zu, dass wir zurückkommen – Lucy in die Box, die Blum-Damen ins Haus und wir ins Auto.

Und wir hoffen und beten, dass wir während der Pferd International nicht wie heute bei zehn Grad im Regen frieren müssen, sondern bei herrlichem Sonnenschein auf der Tribüne am Springplatz schwitzen, wenn wir Simone, Little Lucy und Alice die Daumen drücken. Christl Horner-Kreisl

Artikel vom 06.05.2016
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