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Lehrbaustelle in der Sempt: Studienarbeit mit Nachhaltigkeit

Harte Arbeit in Wathosen: Die Studenten tauschten den Hörsaal mit der Sempt. Thema: Hochwasserschutz und ökologische Aufwertung. 	Foto: kw

Harte Arbeit in Wathosen: Die Studenten tauschten den Hörsaal mit der Sempt. Thema: Hochwasserschutz und ökologische Aufwertung. Foto: kw

Erding/Landkreis Erding · Die Sempt. 46 Kilometer langer Nebenfluss der Isar und natürliche Wasserader, die einmal quer durch den Landkreis fließt. Die Sempt taugt aber auch als Studien- und Lernobjekt und das mit unmittelbaren Auswirkungen auf den Hochwasserschutz.

Das Wasserwirtschaftsamt München mit seiner für den Kreis Erding zuständigen Flussmeisterstelle in Freising hat mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf seit Jahren eine erfolgreiche Kooperation: Das Wasserwirtschaftsamt muss Fließgeschwindigkeiten verringern, Hochwasser vorbeugen, Flüssen mehr Raum geben. Die Hochschule muss ihren Studentinnen und Studenten die Gelegenheit geben, das Gelernte auch in der Praxis umzusetzen. So entstehen »Lehrbaustellen«, und das schon seit 20 Jahren.

Die »Jubiläums-Baustelle« war jetzt eben an der Sempt, wo es galt, einen sogenannten Gewässerrandstreifen auch für den Fluss nutzbar zu machen, die Artenvielfalt zu verbessern, und zugleich das private Ufer auf der dem Randstreifen gegenüberliegenden Seite zu schützen. Wenn der Fluss mehr Platz hat, um wieder in natürlichen Schlangenlinien zu fließen, kommt ein etwaiges Hochwasser in der Tendenz später bei den tiefer gelegenen Landesteilen an.

Noch deutlicher ausgedrückt: Jeder Kubikmeter, der im Kreis Erding auf natürliche Weise gebremst oder festgehalten werden kann, ist eine Entlastung für Passau, wenn es mal wieder hart auf hart kommt. Und so schufteten die Studenten unter der Anleitung ihres Professors Frieder Lutz und bauten sogenannte »Sporne« an dem zu schützenden Ufer. Das sind vergleichsweise simple Konstruktionen aus Holzpfählen, die das Wasser gegen das gegenüberliegende Ufer umlenken, wo es dann, was gewünscht ist, das Ufer so nach und nach abträgt.

Der bisher gerade und schnell verlaufende Fluss verschafft sich mehr Platz. Der Nebeneffekt dabei: Unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten und kleine Kehrwasserstellen verschaffen Fischen Rückzugs- und Laichmöglichkeiten, die bisher nicht vorhanden sind. Über diesen bisherigen Mangel klagen sogar Angelsportvereine, die die Sempt als »artenarm« einstufen. Das könnte sich jetzt auch noch ändern.

Massive Verbauungen wurden mit einem Bagger entfernt, der Fluss konsequent renaturiert. Dabei gab es für die Studenten auch noch eine Menge zu erleben: Sie mussten beispielsweise die Ablaufmenge einigermaßen exakt bestimmen: Strömungsgeschwindigkeit mal Querschnitt. Das war gar nicht so einfach, denn das Wasser fließt nicht überall gleich schnell.

Das Projekt ist für das Wasserwirtschaftsamt derart wichtig, dass auch dessen Leiterin Sylva Orlamünde sich einen Eindruck vom Fortgang der Arbeiten verschaffen wollte. Die Lehrbaustelle wird jedes Jahr an einer anderen Stelle aufgemacht. Wo es das nächste Mal sein wird, ist noch völlig offen. Die Baustelle an der Sempt machte aber auch noch aus einem anderen Grund Sinn: Sie liegt in unmittelbarer Nähe eines Naturschutzgebietes am Zustorfer Weiher, das mit der ökologischen Aufwertung hier natürlich auch eine sinnvolle Ergänzung findet, weil dann ein Austausch der Arten vereinfacht wird, was zu einer Vernetzung der Lebensräume führt, was wiederum auch aus naturschutzfachlicher Sicht immer wieder als wünschenswert angesehen wird. Damit wird der Arbeitseinsatz für die Studierenden zu mehr als einem Praxistest. Ihre Arbeit bekommt nachhaltigen Charakter – das kann man wohl nicht von jedem Test an der Hochschule sagen. kw

Artikel vom 29.04.2016
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