Erfolgreiche Wohnungsbaukonferenz

Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware – Landkreis ergreift Initiative

Der Ratssaal des Ottobrunner Wolf-Ferrari-Hauses war anlässlich der ersten Wohnungsbaukonferenz voll belegt. 	Foto: LRA

Der Ratssaal des Ottobrunner Wolf-Ferrari-Hauses war anlässlich der ersten Wohnungsbaukonferenz voll belegt. Foto: LRA

Landkreis München · Ein eklatanter Fachkräftemangel, der Wegfall von Wohnungen aus der Sozialbindung in großem Stil, ein immer geringer werdendes Flächenpotenzial bei gleichzeitig steigenden Grundstückspreisen, weiter zunehmende Lebenshaltungskosten und nicht zuletzt ein Mehr an hilfe­bedürftigen Menschen durch die aktuelle Flüchtlingssituation tragen dazu bei, dass sich die ohnehin angespannte Wohnungssituation im Landkreis wie im gesamten Ballungsraum München in den kommenden Jahren noch einmal deutlich verschärfen wird.

Die Schaffung von bezahlbarem und auch barrierefreiem Wohnraum, die Bereitstellung geförderter Wohnungen in ausreichender Anzahl zählen somit zu den großen Herausforderungen der Gegenwart.

Über zwei Jahre Wartezeit auf geförderte Wohnung

Allein im Landkreis München fallen im Zeitraum von 2010 bis 2020 1.000 Wohnungen aus der Sozialbindung her­aus. Den im Jahr 2015 bestehenden rund 1.400 Wohnungen, die der Landkreis München selbst an Berechtigte vergeben kann, und von denen im Schnitt jährlich nur zwischen 60 und 80 Wohnungen frei werden, standen weit über 1200 Neuanträge gegenüber. Daraus ergeben sich Wartezeiten von rund zwei Jahren, bis überhaupt ein erster Vorschlag für eine Wohnung erfolgt. Angesichts dieser dramatischen Situation hat der Kreistag bereits Ende letzten Jahres beschlossen, sein Förderprogramm zur Schaffung und Erhaltung von Mietwohnraum für Haushalte mit besonderer sozialer Dringlichkeit zu überarbeiten und attraktiver zu machen. Gleichzeitig entschieden die Kreisräte, das Bewusstsein für die Situation von Seiten des Landkreises zu schärfen und die Kommunen bestmöglich bei eigenen Vorhaben zu unterstützen. Den Auftakt zu dieser Initiative bildete eine Wohnungsbaukonferenz im Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus, ein groß angelegtes Arbeitsgespräch, zu dem Landrat Christoph Göbel sämtliche Landkreisbürgermeister, Mitarbeiter der Kommunalverwaltungen, die Geschäftsführer kommunaler Baugesellschaften, von Baugenossenschaften und Wohlfahrtsverbänden am Dienstag, 19. Januar, eingeladen hatte.

»Für jeden Ort eine Lösungen«

»Der Landkreis München verfügt über keinerlei Planungshoheit und kann demnach selbst nicht viel bewirken«, so Landrat Christoph Göbel zum Auftakt der Veranstaltung, »aber er kann die Kommunen darin unterstützen, durch die Bereitstellung von Wissen und auch Fördergeldern für jeden Ort passgenaue Lösungen zu entwickeln.« »Wir haben dringenden Handlungsbedarf«, so der Landrat weiter. »Es muss in unserem gemeinsamen Interesse liegen, sowohl für Senioren, Alleinerziehende oder auch Familien mit geringem Einkommen, für Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung und für die dringend benötigten Fachkräfte, geeigneten Wohnraum vorzuhalten. Gelingt das nicht, bestünde unter anderem die Gefahr, dass Firmen ihre Sitze in das weiter entfernte Umland, wo ihre Beschäftigten leichter eine Wohnung finden können, verlegen. Das würde der Prosperität des ganzen Landkreises schaden.« Bei einem prognostizierten Bevölkerungswachstum von 60.000 Einwohnern in den kommenden 20 Jahren wird ein Bedarf von 30.000 neuen Wohneinheiten gesehen.

Im Zentrum der Veranstaltung stand der Vortrag von Roman Dienersberger, dem Leiter des Sachgebietes Wohnungswesen bei der Regierung von Oberbayern. Er informierte die Teilnehmer über die Möglichkeiten staatlicher Wohnbauförderungsprogramme, die in jüngster Zeit deutlich an Attraktivität gewonnen haben. Der im Oktober vergangenen Jahres beschlossene Wohnungspakt Bayern beinhaltet drei Säulen: die Staatliche Wohnraumförderung mit einem jährlichen Fördervolumen von über 400 Millionen Euro, das Kommunale Förderprogramm mit je 150 Millionen Euro und ein Sonderprogramm mit jeweils 70 Millionen Euro. Mit dem Sonderprogramm sieht der Staat vor, selbst Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge zu schaffen – bei reduzierter Wohnfläche und ebenso reduzierten Standards. Die Staatliche Wohnbauförderung ist hingegen jedem Projektträger zu-gänglich und soll in den kommenden Jahren vom Fördervolumen her noch deutlich aufgestockt werden. Bei einer 25-jährigen Bindungsfrist darf der Vermieter zwar von Anfang an die ortsübliche Miete verlangen, der Mieter erhält dafür einen Mietzuschuss, der sich am Einkommen und der persönlichen Belastung orientiert. Der Projektträger erhält ein zinsverbilligtes Darlehen. Zusätzlich sind 300 Euro pro Quadratmeter möglich. Am interessantesten für den Teilnehmerkreis ist das Kommunale Förderprogramm, mit dem ausschließlich Projekte von Städten und Gemeinden unterstützt werden. Die Projektträger erhalten dabei einen Zuschuss von 30 Prozent der gesamten Projektkosten einschließlich Grunderwerb, darüber hinaus sind zinsverbilligte Darlehen in Höhe von bis zu 60 Prozent der Gesamtkosten möglich. Insgesamt 10 Prozent der Projektkosten müssen die Kommunen selbst aufbringen. Dafür haben sie 20 Jahre lang das alleinige Belegungsrecht.

Ein gutes Beispiel dafür entsteht gerade in der gastgebenden Gemeinde Ottobrunn. Das Förderprogramm des Landkreises sieht Zuschüsse von 1.350 Euro pro Quadratmeter vor bei einer Maximalförderung von 500.000 Euro. Eine gesonderte Förderung erhalten besonders innovative Vorhaben, die entweder besonders kostengünstig, nachhaltig oder flächensparend sind. Auch der Erwerb von Belegungsrechten oder Mehrkosten für die Herstellung von Barrierefreiheit können separat gefördert werden. Im Gegenzug erhält das Landratsamt ein Belegungsrecht für 15 Jahre. Nähere Informationen zum Förderprogramm des Landkreises erteilt das Sachgebiet Sozialhilfe und Wohnungswesen im Landratsamt München. Das Interesse an Informationen war spürbar groß. Viele Kommunen beschäftigen sich bereits mit konkreten Projekten. Auch die sich der Veranstaltung anschließende Möglichkeit zum individuellen Gedankenaustausch wurde rege genutzt. Jetzt bleibt abzuwarten, welche konkreten Projekte in den einzelnen Kommunen entwickelt werden.

Artikel vom 30.01.2016
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