Alibi-Demokratie?

München · Schülerkongress: Echte Schülerrechte gibt es in Bayern nicht

Staatssekratär Georg Eisenreich sah das bayerische Kultusministerium bei der Podiumsdiskussion heftiger Kritik ausgestzt.	Foto: VA

Staatssekratär Georg Eisenreich sah das bayerische Kultusministerium bei der Podiumsdiskussion heftiger Kritik ausgestzt. Foto: VA

München · Schon zum 10. Mal fand der Münchner Schülerkongress »besser::« statt, dieses Jahr unter dem Motto »Taten sprechen lassen!«.

Nach einem Wochenende voller Diskussionen und Workshops war die Podiumsdiskussion am Sonntagmorgen der politische Höhepunkt. Mithilfe eines Publikumsmikrofons und einer SMS-Wand konnten sich die Teilnehmer direkt an der Diskussion beteiligen und die Politiker mussten dazu Stellung beziehen. Eines wurde ausgesprochen klar: Echte Schülerrechte gibt es in Bayern nicht.

Staatssekretär Georg Eisenreich erklärte, dass er keinen Abstand vom derzeitigen Notensystem nehmen wird, auch nicht wenn die offizielle Vertretung, der Landesschülerrat in Bayern (LSR) eine entsprechende Forderung stellen würde. Seine Haltung unterstützt er mit einem Umfrageergebnis, nach dem sich ein Großteil der Bevölkerung (rund zwei Drittel) für Noten ausspricht. Beteiligt an dieser Umfrage seien nach Darstellung des Landesschülerrats ausschließlich Wahlberechtigte gewesen. Schüler seien demnach nicht befragt worden.

Vorwurf: Praktisch alle Anträge des Landesschülerrats werden abgelehnt

Die Reaktion aus dem Publikum ließ nicht lange auf sich warten. Mittels eines unverifizierten Posts auf der SMS-Wand brachte ein Schüler des Klenze-Gymnasiums ein Beispiel aus dem Schulalltag: »Letztens gab eine Lehrerin einem Schüler eine mündliche Note, der schon seit einem halben nicht mehr auf unsere Schule geht.« Trotzdem werde weiterhin nicht in Erwägung gezogen sich anderen Bewertungssystemen zu öffnen.

Um dem alljährlichen Argument entgegen zu kommen, dass die Forderungen der 200 engagierten Schüler auf »besser::« nicht repräsentativ für die ganze Schülerschaft seien, hatte die Schülervertreterin Luka Fischer die Anträge der letzten drei Jahre des Landesschülerrats in Bayern ausgewertet. 95 Prozent der Anträge seien demnach abgelehnt worden. Luka Fischer erklärte, wie sich diese Zahl zusammensetzt: »Als der Landesschülerrat forderte, das G8 beizubehalten, stimmte das Kultusministerium selbstverständlich zu, diesen Antrag musste ich dann als angenommen zählen.«

Sie zeigte sich empört über das Verständnis von Demokratie, welches dadurch in den Schulen vermittelt werde. »Ich sehe hier die Demokratie ausgehebelt. Indem das Kultusministerium praktisch alle unsere Anträge ablehnt, bleibt uns nichts als Scheindemokratie. Wir haben den Landtag schließlich nicht einmal gewählt, in dem Sie sitzen«, konterte sie in Richtung Staatssekretär Eisenreich. Das Ministerium werde die Bearbeitung der Anträge prüfen, sagte er zu.

Trotz der teils ernüchternden Fakten wollen sich die Schüler nicht entmutigen lassen, denn »dieses Wochenende war für alle prägend«, erklärt Hannah Imhoff vom Münchner Schülerbüro e.V. Luka Fischer zeigt sich kämpferisch: »Ob Team, Referent oder Teilnehmer, der Motivation auf dem Kongress konnte man sich nicht entziehen. Wir sind überzeugt, dass Schule auch anders funktionieren kann.« Tatsächlich entschlossen sich zwei Teilnehmerinnen während der Abschlussveranstaltung eine Petition zu starten. Hannah Imhoff: »Wenn die Politik nur zuhört, müssen eben Schüler Taten sprechen lassen.«

Artikel vom 26.11.2015
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