Was Heimat ist

TV-Dokumentation mit sechs Jugendlichen der Moosacher »Arche«

Jubelstimmung nach der Premiere vorm Neuen Rottmann: Die sechs Jugendlichen, Arche-Leiterin Antje Breda (vorne, links) und Schauspieler Herbert Ulrich (hinten links) sind stolz auf ihre Dokumentation.	Foto: ch

Jubelstimmung nach der Premiere vorm Neuen Rottmann: Die sechs Jugendlichen, Arche-Leiterin Antje Breda (vorne, links) und Schauspieler Herbert Ulrich (hinten links) sind stolz auf ihre Dokumentation. Foto: ch

Moosach · Mittwochabend. Der Saal im Neuen Rottmann ist gut besucht. Das Kinoprogramm ziert an diesem Tag kein Spielfilm. Die Dokumentation »Das Gipfelkreuz« lockt in die roten, gemütlichen Sessel. Zur Premiere. Das Thema? Heimat.

Die Hauptprotagonisten, sechs Jugendliche, haben in den hinteren Reihen Platz genommen. Es ist ihr großer Tag. Nervosität und Vorfreude machen sich breit. Und dann gibt der Vorhang die Sicht auf die Leinwand endlich frei...

Doch was bedeutet der Begriff Heimat? Ist es der Ort, an dem man geboren und/oder aufgewachsen ist oder derzeit lebt? Ist es der Mensch, der einem am nächsten ist? Ist es das wohlige Gefühl, dass sich einstellt, wenn man in die Weite eines idyllischen Landstriches blickt?

Sechs Jugendliche des Kinder- und Jugendhilfswerks »Arche« München-Moosach haben sich diesen Fragen gestellt und jeder für sich eine ganz individuelle Definition gefunden. Sabrina (17), Robert (15), Maxi (16), Lina (12), Kaddy (13) und Santo (15) begaben sich dafür auf eine spannende und mitunter emotionale Reise, die in den Chiemgauer Alpen endete. Begleitet wurden sie dabei von einem Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks, Schauspieler und Moderator (u.a. »Dahoam is Dahoam«) Herbert Ulrich sowie der Leiterin der Moosacher »Arche«, Antje Breda.

Die Dokumentation »Das Gipfelkreuz« wird am Sonntag, 4. Oktober, ab 16 Uhr beim BR im Rahmen der ARD-Themenwoche »Heimat« ausgestrahlt. Seit 2006 gibt es das Kinder- und Jugendhilfswerk an der Brieger Straße 50 in Moosach – eine von insgesamt 19 Archen, die in ganz Deutschland verbreitet sind. Seit neun Jahren werden hier junge Menschen aus Moosach in zwei Containeranlagen betreut. Täglich kommen zwischen 40 und 60 Kinder sowie 30 bis 50 Jugendliche im Alter von fünf bis 18 Jahren überwiegend aus Moosach, Allach und Untermenzing. 2010/2011 eröffnete der Jugendbereich in der Moosacher Arche. Seitdem kämen regelmäßig mehr Jugendliche. »Wir haben hier viele Besucher mit Migrationshintergrund«, so Antje Breda. In letzter Zeit kämen zudem viele Kinder und Jugendliche aus den Flüchtlingsunterkünften. In den vergangenen Jahren seien die Herausforderungen für die Betreuer gewachsen: Oft fehle es den Kindern und Jugendlichen an Wertschätzung und Selbstbewusstsein, ergänzte die Pädagogin. Das gelte es zu entwickeln und zu fördern. »Viele sagen, wir sind wie ein Zuhause für sie.«

Ziele der Einrichtung sind, Kinder und Jugendliche aus der Perspektivlosigkeit herauszuholen, Potenziale zu entdecken und zu fördern, ihnen eine sinnvolle Freizeitgestaltung anzubieten. Häufig ist es auch die eine oder andere kostenlose, warme Mahlzeit, die einen wichtigen Beitrag zur Tagesstruktur der Besucher leistet. Darüber hinaus werden die Jugendlichen hier bei den Hausaufgaben unterstützt. Die Arche bietet neben der sozialpädagogischen Betreuung zudem verschiedene Hilfen für sozial benachteiligte Menschen an.

Ein großes Ziel der »Arche« ist es, den jungen Leuten aufzuzeigen, dass Zusammenhalt und Teamwork notwendig sind. »Es ist sehr wichtig, dass wir als Team funktionieren«, betonte Antje Breda beim Projekt »Gipfelkreuz«. Denn vor allem bei diesem Projekt, bei dem es in luftige Höhen ging, mussten sich die Jugendlichen voll und ganz aufeinander verlassen können. Dass den Jugendlichen das Vertrauen anfänglich nicht leicht fiel und mitunter große Überwindung kostete, wurde schnell deutlich. Besonders emotionale Momente bescherten die Jugendlichen aber, als sie ihren Begriff von Heimat erklärten und im Zuge dessen von ihren Erinnerungen, Ängsten und Zweifeln berichteten.

»Die Antworten haben mich kalt erwischt«, sagte Herbert Ulrich nach der Premiere. Er habe die Hintergründe der Jugendlichen vorher nicht gekannt. »Nicht für jeden ist Heimat selbstverständlich«, sagte der 44-Jährige, der mit seiner Heimat Bayern seit jeher eng verbunden ist. Ihm habe die Arbeit mit den Jugendlichen sehr gefallen. »Es ist so toll zu sehen, was aus den Jugendlichen geworden ist und wie sie die Arche in der Dokumentation vorgestellt haben«, schwärmte auch Antje Breda nach der Premiere. Die sechs Jugendlichen kenne die 38-Jährige schon länger. »Sie haben sich toll entwickelt.« Mit sich und der Dokumentation sehr zufrieden, zeigten sich auch die sechs Hauptdarsteller. »Der schönste Moment war, als das Kreuz stand«, resümierte Sabrina. Ihr Verständnis von Heimat habe sich im Zuge des Projektes gefestigt, sind sich alle einig. Und eines steht schon jetzt fest: Die Jugendlichen wollen sich in 20 Jahren an ihrem Gipfelkreuz wieder treffen. Christine Henze

Artikel vom 03.10.2015
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